„Voller Schub“

Flughafen Budweis: Jenseits der Grenze abheben

Niederösterreich
23.10.2018 11:28

Sechs Verkehrsflughäfen hat Österreich bereits. Geht es nach dem Oberösterreicher Dieter Pammer, einem erfahrenen Tourismus- und Marketingprofi, und dem ehemaligen tschechischen Militärpiloten Ladislav Ondrich könnte bald ein siebenter hinzukommen - auf tschechischer Seite der Grenze. Der „Krone“ erläuterten Pammer und Ondrich ihr Konzept.

„Die Region Südböhmen ist wohl landschaftlich eine der schönsten der Welt und nicht zuletzt deshalb auch UNESCO-Weltkulturerbe. Schauen Sie sich allein schon die Altstädte von Budweis oder Krumau an“, schwärmt Dieter Pammer von seinem neuen Arbeitsplatz. Denn der Oberösterreicher ist maßgeblich und mit viel Herzblut daran beteiligt, dieses Fleckchen Erde touristisch weiter zu erschließen. Pammer ist ein Vollprofi: Vor mehr als 20 Jahren lernte er sein Handwerk beim traditionsreichen Reiseveranstalter Touropa Austria, baute später die Fluglinien Aero Lloyd Austria und NIKI mit auf. Weitere Stationen im Marketing des Linzer Flughafens und bei verschiedenen Reiseveranstaltern folgten. Nun hat es den Tourismusprofi ins Nachbarland Tschechien verschlagen, um dort einen ehemaligen Militärflughafen zum internationalen Airport auszubauen: Budweis. „Mich reizt die Herausforderung, das gesamte Team ist von einem unglaublichen Start-up-Spirit getragen. Außerdem liegen meine eigenen familiären Wurzeln zum Teil in dieser Region.“

Geschichtsträchtig und geheimnisumwittert
Der bereits 1935 gegründete Flugplatz, auf Tschechisch Letiště České Budějovice, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Ursprünglich waren hier Maschinen der Luftwaffe der ersten tschechoslowakischen Republik stationiert, im Zweiten Weltkrieg nutzten dann die Deutschen das Areal, ehe ab 1945 hier die neu gegründete tschechoslowakische Luftwaffe eine Basis hatte. Bis 1948 trainierten dort zudem jüdische Piloten, die später den Kern der neuen israelischen Air Force bildeten. In den folgenden Jahrzehnten war der Platz militärisches Sperrgebiet, auf dem MiG-Kampfflugzeuge starteten und landeten. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs fiel der Airport in einen Dornröschenschlaf. Ein erster Versuch, ihn zivil im größeren Stil zu nutzen, scheiterte vor einigen Jahren. Seither drehen in erster Linie Business-Jets, Hubschrauber und kleine Sportflugzeuge dort ihre Runden. Das soll sich nun endgültig ändern.

Viel Potenzial
Das Einzugsgebiet erstreckt sich laut dem Manager-Duo auf Tschechien selbst, Süddeutschland, Teile Niederösterreichs und Oberösterreich. „In dieser Region leben 2,5 Millionen potenzielle Kunden, die bisher von anderen Flughäfen abfliegen, teilweise ab Wien oder ab Prag. Diese Lücke wollen wir schließen“, so Ondrich gegenüber der „Krone“. Als ehemaliger Kampfpilot ist er seit 30 Jahren am Flughafen in verschiedenen Funktionen tätig, kennt die Mentalität seiner Landsleute und auch die Region sprichwörtlich wie seine Westentasche. Dass es Politik und Management mit ihren Plänen ernst ist, zeigt das aktuelle Investitionsvolumen. 16 Millionen Euro werden in den Ausbau investiert. Ondrich: „Ein Zivilflughafen benötigt natürlich eine andere Infrastruktur als eine Luftwaffenbasis. Die muss erst geschaffen und optimiert werden.“

Der neue Tower wurde bereits errichtet, zudem eine Sicherheitsschleuse. Auch die Flughafenfeuerwehr erhielt hochmodernes Gerät.  „Derzeit werden die Parkpositionen für Flugzeuge von der Größe eines A320 oder einer B737 ausgebaut. Dazu kommen noch eine Sanierung der bestehenden Rollwege und eine neue Beleuchtung.“ Kernstück der Modernisierungsmaßnahmen ist das neu gebaute Passagierterminal, das so konzipiert wurde, dass es später bei Bedarf einfach erweitert werden kann. Noch kann der Flughafen Budweis nur nach Sicht angeflogen werden - auch das soll sich ändern. „Wir erhalten ein Instrumentenlandesystem, das auch bei Schlechtwetter einen sicheren Flugbetrieb ermöglichen wird“, so der erfahrene Pilot Ondrich.

Parallel zu den baulichen Maßnahmen laufen im Hintergrund auch bereits Gespräche mit potenziellen Kunden, wie Dieter Pammer erläutert: „Natürlich können wir noch keine Namen nennen, aber wir verhandeln mit mehreren Billig-Airlines, die großes Interesse haben, Flüge ab Budweis aufzunehmen.“

Zielgruppe seien sowohl ausländische Touristen, die die kulturellen und landschaftlichen Schätze der Region erleben wollen, als auch Tschechen selbst, die ihrerseits sehr entdeckungsfreudig sind. Ondrich: „Meine Landsleute lieben es, zu verreisen. Um von unserer Region mit dem Flugzeug auf Urlaub zu fliegen, muss man derzeit aber mit dem Auto bis nach Prag, München, Linz oder Wien fahren.“

Alleinstellungsmerkmal, mit dem Budweis gegenüber anderen Flughäfen in Deutschland und Österreich punkten will, sind die niedrigen Kosten. „Ob Abfertigungs- oder Landegebühren: Wir sind um rund 40 Prozent günstiger und bieten die gleiche hohe Qualität“, unterstreicht Pammer. „Das ist natürlich gerade im Low-Cost-Segment ein gewichtiges Argument.“ Überlegt wird laut Direktor Ondrich auch, in der Anfangsphase kostenlose Pkw-Parkplätze für die Passagiere anzubieten.

„Take off“ in zwei Jahren
2020 sollen die Linienflüge dann endlich starten. Pro Jahr sind zunächst 80.000 bis 100.000 Fluggäste angepeilt. „Wenn es mehr werden, freuen wir uns natürlich, aber wir setzen unsere Erwartungen am Beginn bewusst niedrig an. Das ist wirtschaftlich sinnvoll“, geben sich Ondrich und Pammer optimistisch. Neben dem Low-Cost-Verkehr wollen Ondrich und Pammer - „Wir haben Kerosin im Blut“ - auch auf andere Standbeine setzen. So soll der Geschäftsreiseverkehr ebenso ausgebaut werden wie das Frachtgeschäft. „Zusätzlich sind wir weiterhin Partner der allgemeinen Luftfahrt, ob Sportflieger oder Hubschrauber, jeder ist eingeladen, zu uns zu fliegen und böhmische Gastlichkeit und Kultur zu erleben“, betont das Manager-Duo.

Patrick Huber, Kronen Zeitung

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