Serie „Unsere Bauern“

Nur 50 Cent für ein Huhn

Tierecke
23.10.2018 10:38

Die heimische intensive Hühnermast wird vielfach kritisiert. Doch im Internationalen Vergleich haben unsere Bauern die strengsten Auflagen bei der Haltung. Tierwohl ist den Menschen offenbar wichtig! Dennoch wird immer mehr billig produziertes Fleisch importiert!

Etwa 1,60 Euro bekommt Johann Kirchweger pro Kilo Huhn, wenn es zur Schlachtung abgeholt wird. Davon muss er noch die Kosten für den Kükenkauf und das Futter abziehen. 50 Cent bleiben ihm danach pro Huhn über – allerdings muss die Familie davon auch noch den Kredit für den Stall zurückzahlen sowie Rechnungen für Strom, Tierarzt und weitere Aufwendungen begleichen. Als „Bezahlung“ für die eigene Arbeitszeit bleibt dann nicht mehr viel übrig. Der Hof von Johann ist seit vielen Generationen im Besitz der Familie – ein typischer Vierkanter, so wie man sie im Voralpenland vielfach sieht. Dass er und seine Frau Susanne beschlossen haben, die Landwirtschaft zu übernehmen, war keine Selbstverständlichkeit. Denn, die Zeiten haben sich geändert.

Fleisch hat heute weniger Wert
Es ist für Bauern sehr schwer geworden, wirtschaftlich zu überleben. Um dies zu gewährleisten, mussten Johann und Susanne den Tierbestand, so wie ihn sein Vater hatte und noch gut davon leben konnte, aufstocken. Denn Fleisch hat heute wenig bis gar keinen Wert mehr. Ein ganzes Huhn im Supermarkt ist billiger als ein Bier im Gasthaus. Sein Vater mästete die Tiere noch 53 Tage, als er 1978 begann. Heute werden die Hühner bereits nach vier bis fünf Wochen geschlachtet. Neueste Züchtungen sollen sogar nach drei bis vier Wochen so weit sein! Johann und Susanne zeigen ihren Stall gerne her. Er sieht so aus wie die meisten konventionellen Hühnerställe in Österreich. In der großen Halle leben die knapp 40.000 Hühner. Die Einstreu ist trocken, es stinkt nicht, und die Temperatur ist perfekt auf die Tiere abgestimmt. Scharren können die Hühner nach Herzenslust, aber ein Auslauf ins Freie bleibt ihnen verwehrt. Das Ehepaar ist bestrebt und will, dass es seinen Tieren gut geht und sie gesund sind.

Billiges Fleisch bedeutet weniger Tierwohl
Aber eingezäunte Flächen, damit die Hühner auch die Natur genießen können, sind nur in der Bio-Mast vorgeschrieben. Es wäre finanziell und wirtschaftlich gesehen einfach nicht machbar für die Kirchwegers. Der Ertrag aus ihrer Arbeit ist so gering, dass auf jeden investierten Euro geachtet werden muss. „Billighühner“ haben eben leider auch ein weniger artgerechtes Leben als ihre Artgenossen aus biologischer Landwirtschaft. Bio-Hühner werden auch doppelt so alt, kosten allerdings auch doppelt so viel – und finden deshalb auch weit weniger Absatz. Die österreichischen Konsumenten und Konsumentinnen greifen leider lieber zu billigerem, konventionellem Fleisch. Leider wird auch nicht darauf geachtet, woher es stammt. Denn eines ist sicher: Die Lebensbedingungen für Masthühner aus anderen Ländern sind bei Weitem nicht so gut geregelt wie bei uns in Österreich. Als ein Bekannter von Johann und Susanne einen Stall für 39.500 Hühner bauen wollte, wurde in der Gemeinde eine Bürgerinitiative gegründet, um den Bau zu verhindern. Unterschriften wurden gesammelt, und man fand viele Verbündete unter dem Motto, man wolle keine Massentierhaltung, so die Gegner. Ein absolut gutes Argument, dem man nur wohlwollend zustimmen kann.

Der Konsument hat die Macht
Allerdings stehen die Verkaufszahlen von Fleisch aus solchen Massentierhaltungen im krassen Gegensatz dazu! Denn kaum fünf Prozent aller Schlachttiere stammen aus Biohaltungen. Da ist wirklich noch viel Luft nach oben. „Fleisch sollte endlich wieder mehr Wert bekommen“, hofft Susanne, die nach ihrer Karenz jetzt wieder als Lehrerin arbeitet. Ab und zu auf den Genuss verzichten und beim Kauf darauf achten, woher es stammt, wäre ein Anfang. Heimische Bauern zu verurteilen ist mit Sicherheit der falsche Weg! Denn trotz intensiver Tierhaltung sind die Tierschutzstandards bei uns sehr viel höher als in anderen Ländern. Deshalb ist wichtig, dass jeder Mensch bei seinem Einkauf darauf achtet, woher das Produkt stammt. Damit unterstützt man nicht nur die heimische Wirtschaft, sondern sichert auch den Fortbestand unserer Bauern.

Maggie Entenfellner, Kronen Zeitung

Unser „Huhn“
Hühnerfleisch boomt. Seit Jahren wächst der Absatz konstant, während er bei anderen Fleischarten stagniert. Wir lieben vor allem das schnell und leicht zuzubereitende Brustfleisch. Mit Schenkeln und Flügerln wissen wir schon weniger anzufangen. Kein Wunder also, dass Hühner vor allem auf schnelles Brustwachstum gezüchtet werden. Österreichs Hühnermäster produzieren nach den weltweit strengsten Richtlinien. Sie haben mehr Platz als irgendwo sonst, und es werden weniger Antibiotika in der Mast eingesetzt. Mehr Platz, lückenlose tierärztliche Kontrolle etc. kosten aber! Das bringt auf dem hart umkämpften internationalen Markt Wettbewerbsnachteile. Ausländisches, billigeres Geflügel drängt immer mehr auf den heimischen Markt. Nicht zuletzt deshalb, weil wir Konsumenten nicht bereit sind, für heimische Qualität tiefer in die Tasche zu greifen. Im Supermarktregal liegt also jetzt ausländisches Huhn neben österreichischem. Und hier im Regal - anders als zu Lebzeiten - haben beide denselben Platz. Aber nicht denselben Preis! Wer macht sich schon die Mühe, am Etikett genau hinzusehen, wo das Tier gemästet und geschlachtet wurde? Den Preisunterschied bemerkt jedoch jeder. Die konventionelle Hühnermast ist im internationalen Vergleich immer noch die beste. Außerdem meine ich, wer sich schon groß für mehr Tierwohl ausspricht, der sollte auch an der Kassa dafür geradestehen! Alles über Hühnerfleisch aus Österreich auf www.landschafftleben.at.

Hannes Royer

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