Mohammed bin Salman

Saudi-Regent: Nicht Kronprinz, sondern Blut-Prinz

Ausland
20.10.2018 07:50

Wo US-Präsident Donald Trump recht hat, hat er recht: Vor Kurzem noch schwadronierte er im Weißen Haus, das saudische Königshaus würde keine zwei Wochen überleben ohne Schutz der USA. Kaum gesagt, schon aktuell!

In der Tat! Die mittelalterliche Monarchie der Saudi-Dynastie war schon lange aus der Zeit gefallen. Doch jener Prinz, der Saudi-Arabien mit dem größten Wohlwollen des Donald Trump neu erfinden sollte, hat das Problem nun maximal verschlimmert.

Kronprinz Mohammed bin Salman („MbS“ genannt), der das Reich modernisieren sollte, hat sich als despotischer Wüterich entpuppt. Eingeweihte berichten, königliche Hoheit führe sich manchmal auf „wie ein Rasender“.

So wird die Modernisierung der Wüsten-Monarchie aber nicht funktionieren! Seit König Salman (82, Bild unten) seinen Sohn Mohammed (33) mit der Regentschaft betraut hat - erstmals die zweite Generation seit 1902 - reißt die „cronique scandaleuse“ nicht ab - Blutspuren inbegriffen. Beispiele:

  • Als Erstes ließ MbS ein Dutzend Imame des allmächtigen Klerus festsetzen, denen einige Neuerungen nicht gefielen. Die hohe Geistlichkeit ist darüber „not amused“
  • Dann zettelte MbS einen grausamen Krieg im bitterarmen Nachbarland Jemen an. Die saudische Armee bringt aber nichts voran.
  • Den widerspenstigen Regierungschef des Libanon am Gängelband der Saudis, Saad Hariri, zitierte er wegen mangelnder Härte gegenüber der iranisch unterstützten Hisbollah nach Riad und setzt ihn als Geisel fest.
  • Nach zwei Nächten war der Regierungschef reif für den gewünschten Rücktritt. Erst nach Interventionen des Westens konnte Hariri heimkehren. Dort verkündete er unverzüglich den Rücktritt vom Rücktritt.
  • Über das Nachbar-Emirat Katar verhängte MbS eine Blockade und ein Embargo wegen zu enger Beziehungen zum Iran. Beide Maßnahmen sind ein Schlag ins Wasser.

Grausamkeit ist kein Erfolgsgarant
Der Blut-Prinz hatte bei allen seinen „Reformen“ bisher keine glückliche Hand. Grausamkeit allein garantiert noch keinen Erfolg.

Eine kurze Begegnung mit Sebastian Kurz, damals Außenminister, ging über Kennenlernen nicht hinaus. Der junge Prinz hatte vor allem Interesse an dem anderen jungen Macher.

„Jugend“ ist das Schlüsselwort im Reformprogramm des MbS. Jugend ist das Grundproblem des Saudi-Reiches. Die Herrschaft wurde so lange unter den Söhnen des Staatsgründers weitergereicht, bis kein neuer König mehr unter 80 war, während heute zwei Drittel der Saudi-Araber unter 25 sind!

Saudi-Jugend hat Job-Probleme
Erdöl allein reicht nicht mehr aus, wenn die nötigen Jobs fehlen. Eine ganze Generation hat in den USA studiert - auch Frauen -, aber zu Hause braucht man sie nicht.

MbS setzt auf seine Popularität unter der frustrierten Jugend, auf einen aggressiven Nationalismus gegen die Schiiten, gegen den Iran. Er spielt auf dem Populismus-Klavier als Trump auf Saudisch.

Trump und der „Wüsten-Trump“
Trump und der „Wüsten-Trump“ hielten bisher wie Pech und Schwefel zusammen. Die Anti-Iran-Strategie und die Waffen(ver)käufe um 100 Milliarden Dollar (knapp 90 Milliarden Euro) verbinden die gemeinsamen Interessen.

Da werden in Washington alle Augen zugedrückt; etwa dass die ideologischen Wurzeln des IS, der Taliban und anderer Terrororganisationen tief in den saudi-arabischen Staats-Islam hineinreichen, der salafistischen Wahhabiten-Sekte, oder dass Osama bin Laden und die Mehrzahl der Täter von 9/11 saudi-arabische Staatsbürger waren.

Die Machtergreifung der Saudi-Dynastie 1902 hing eng mit einem Zweckbündnis mit der Wahhabiten-Sekte aus dem Inneren der Arabischen Halbinsel zusammen. Seither werden die Imame des Steinzeit-Islam reichlich mit Ölgeld versorgt, das sie wieder unter Fundamentalisten in der ganzen Welt verteilen. Aus deren Schulwesen von Pakistan bis Malaysia/Indonesien wuchs die Generation radikaler Islamisten.

„Allah kennt keine Prinzen“
Die Könige der Saudi-Dynastie ließen sich einmal mehr, einmal weniger von den Scheichs des Wahhabismus gängeln. Die Umbenennung des Titels „Majestät“ in „Hüter der beiden heiligen Stätten (Mekka und Medina)“ konnte deren Kritik an Prunk und Protz des Königshauses nur unwesentlich abschwächen. „Allah kennt keine Prinzen“, tönt es von dort.

MbS hat sich rundum Feinde gemacht. Das aber braucht Saudi-Arabien am wenigsten. Die geopolitische Position des Wüstenreiches macht jede Staatskrise zu einer Weltkrise.

Ein Staat, der auf so schwachen Beinen steht, kann sich derartiges Abenteurertum nicht leisten. Über die Zukunft des Blut-Prinzen ist jedenfalls noch nicht das letzte Wort gesprochen. Andere Prinzen gibt es genug.

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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