Arzt vor Gericht

Süchtiger Mediziner versorgte seine Patienten mit Koks

Österreich
07.01.2010 14:58
Vor den Scherben seiner bürgerlichen Existenz hat sich am Donnerstag ein praktischer Arzt im Wiener Straflandesgericht wiedergefunden. Der seit sieben Jahren drogenabhängige Mediziner hatte Patienten mit Kokain und Drogenersatzpräparaten versorgt. Als ihm der Stoff ausging, beteiligte er sich an einer Schmuggel-Fahrt in die Dominikanische Republik, indem er über einen Mittelsmann dem "Reisenden" 1.300 Euro zukommen ließ.

Der Schmuggler wurde allerdings bei seiner Rückkehr am Flughafen Frankfurt am Main mit 1,4 Kilogramm Kokain im Gepäck geschnappt. Daraufhin klickten auch für den Mediziner, der von der "heißen Ware" 42,5 Gramm bekommen hätte sollen, die Handschellen. Der Arzt wurde in seiner Praxis festgenommen, die Ärztekammer sperrte ihn umgehend.

Koks als "Krücke"
2003 habe er begonnen, Kokain und Cannabis zu konsumieren, erzählte der Arzt im Straflandesgericht: "Um meine Einsatzfähigkeit zu steigern und um mit meiner Arbeit, meinen Patienten und den Schwierigkeiten mit der Gebietskrankenkasse fertig zu werden. Ich habe die innere Power nicht mehr gehabt, um damit ohne diese Krücke fertig zu werden."

Jeweils Dienstag und Donnerstag habe er über den Tag verteilt ein halbes bis ein dreiviertel Gramm "geschnupft", weil da in seiner Ordination besonders viel los war. Abends habe er Cannabis benötigt, "um runterzukommen und normalen Schlaf zu finden".

Mit der Zeit lernte er unter seinen Patienten Süchtige kennen, denen er ab und an unentgeltlich etwas überließ. "Er hat dafür nie auch nur einen Euro bekommen. Wer etwas hatte, hat es halt dem anderen gegeben", betonte Verteidiger Philipp Winkler. Finanzielle Motive dürften in der Tat keine Rolle gespielt haben, nannte der Mediziner doch Häuser in Florida und Brasilien sein Eigen, wo er jährlich mehrere Wochen Urlaub machte.

Abhängiger Arzt behandelte auch Suchtgift-Patienten
Haarsträubendes Detail: Der koksende Arzt behandelte auch Patienten, die im Drogenersatz-Programm waren. Unter ihnen befand sich der Sohn eines Kollegen, der sich den eigenen Vater nicht um Subutex-Tabletten zu bitten traute. Einen anderen Patienten, der vom Kokain loskommen wollte, nahm der Angeklagte eines Abends mit in die eigene Wohnung, wo er diesem und dessen Begleiterin Koks überließ. Zu dritt schnupften sie das Gift auf der Wohnzimmercouch.

"Hören Sie, Sie zerstören damit ja ihre eigene medizinische Behandlung! Der will vom Suchtgift weg und Sie geben es ihm!", schüttelte der Staatsanwalt den Kopf. "Sie haben recht", antwortete der Arzt, "das war vom medizinischen Standpunkt nicht vertretbar, aber vom menschlichen. Ich habe ihm die Beschaffungskriminalität erspart. Er ist in ganz Wien herumgelaufen, um an gutes Kokain zu kommen. Es ist ihm sehr schlecht gegangen. Und ich hab's gehabt."

Er sei "ein sehr hilfsbereiter Mensch, der anderen unbürokratisch und rasch helfen wollte", versicherte der Angeklagte. Die Verhandlung wurde zur ergänzenden Beweisaufnahme auf Februar vertagt.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele