Aufstrebende Band

Fufanu: Isländischer Pop mit Hang zum Technoiden

Musik
23.10.2018 07:00

Das isländische Trio Fufanu ist bislang nur Insidern ein Begriff, sorgt mit seinem aktuellen Album „The Dialogue Series“ aber bereits auf Aufruhr in der Underground-Pop-Szene. Kaktus Einarsson, Gudlaugur Hörðdal and Erling Bang kreieren ihren Sound mit aus Postpunk, Dark Wave und Techno und fürchten sich nicht vor dem Sprung ins kalte Wasser. Im Interview ließen sie hinter die Kulissen blicken.

(Bild: kmm)

Mehr als eine Handvoll Neugieriger fand sich beim diesjährigen Frequency Festival nicht ein, um den Isländern Fufanu genauer auf die Finger zu schauen. Der manchmal sperrige, manchmal eingängige, aber zu jeder Zeit versatile Sound der Isländer hätte aber auch eher auf ein Underground-Spartenfestival gepasst, als sich gegen den unsäglichen Trompeten-Techno von Timmy Trumpet oder den hedonistischen Dadaismus von Yung Hurn zu wehren. Frontmann Kaktus Einarsson bewegt sich in einer an Falco gemahnenden Mischung aus Selbstsicherheit und Arroganz über die Bühne. Er wendet sich direkt und offensiv dem Publikum zu, kennt keine Berührungsängste und versprüht eine kühle Atmosphäre. Die wird zusätzlich vom industriellen Dark-Wave-Sound seiner Mitstreiter Erling Bang (Schlagzeug) und Guðlaugur Einarsson (Gitarre/Synthie) unterstützt.

Zwischen Rave und 80er-Pop
Fufanu sind ein gerade erst dem Teenager-Alter entwachsenes Trio mit einer gewissen Liebe für das Abstrakte. Das wiederum haben sie mit fast all ihren Landsleuten gemein, denn wer heute wirklich spannenden und innovativen Pop finden will, der checkt zuallererst einmal, was in Island oder zumindest Skandinavien passiert. Nach dem vor allem national abgefeierten Album „Sports“ (2017) schlossen sie sich mit dem holländischen Produzenten Alap Momin in ihrem eigenen Reykjaviker Studio ein, um drei EPs zu kreieren, die nun unter dem Namen „The Dialogue Series“ komprimiert als Album veröffentlicht werden. Dabei vermischen Fufanu erstmals all ihre Einflüsse und ziehen einen großen Bogen von dunklem 80er-Pop über Berliner Rave bis hin zu experimenteller Stilsuche, die auch nicht vor Hip-Hop-Zitaten zurückscheut.

„Wir wollten verschiedene Musikstile aufnehmen und den Menschen zeigen, wie breit unsere Interessen liegen“, verrät uns Frontmann Kaktus im Interview, „die EPs haben wir zuerst gemacht, weil es uns in der Komposition mehr Freiheit gab und wir die Tracks schon vorher digital veröffentlichen konnten. Dass sich am Ende ein richtig gutes Album daraus ergeben würde, haben wir anfangs selbst nicht gedacht, ist aber natürlich eine gute Fügung.“ Die Indie-Branchenbibel „Pitchfork“ hat Fufanu unlängst gar als „Islands aufregendste junge Band“ bezeichnet - wer bezüglich der musikalischen Vielfalt des nur 330.000 Einwohner fassenden Staates firm ist, kann somit gut abschätzen, mit welch schwerwiegenden Vorschusslorbeeren das Trio in die Welt entlassen wird.

Aktuelle Bezüge
Textlich befasst sich Kaktus mit persönlich konnotierten Erlebnissen. „Listen To Me“ etwa dreht sich um das ambivalente Verhältnis zwischen seinem forschen Bühnen-Ich und dem introvertierten Privatcharakter, „Typical Critical“ befasst sich um falsche Sympathien in der virtuellen Welt. „Im Internet gibt es so viel Hass und Missverständnisse. Ich kann drei Leuten dasselbe Emoji schicken und sie werden es unterschiedlich interpretieren, wodurch sich mehr oder weniger gute Situationen ergeben. Das Thema fasziniert mich.“

Der Titel für Album und EPs wurde nicht zufällig gewählt. „Es geht immer um das Teamwork, Zwischenmenschliches - eben Dialoge. Wir leben im Moment und kreieren die Musik, die wir gerade fühlen. Hätten wir den Weg unseres Debütalbums verfolgt, wären wir nicht dort, wo wir jetzt stehen. Wir waren damals für alle die Postpunk-Band, heute trauen wir uns mehr zu und fischen auch in anderen Gewässern. Sich zu wiederholen ist in allen Bereichen des Lebens das Schlimmste - im Endeffekt geht es immer um Entwicklung und Fortschritt.“ Mit den alten Songs aus den Frühzeiten der Band sind Fufanu heute nicht mehr ganz glücklich, sie völlig auszuklammern ist aber auch unmöglich. Das alte Leid kreativer Menschen. Man kann eben trotz all der Progression nicht ganz auf das bereits Festgemachte verzichten. „Bei manchen dieser Songs waren wir noch Teenager oder hatten ein anderes Line-Up. Es gibt viele Songs, die uns heute nichts mehr bedeuten, aber die spielen wir dann auch nicht.“

Emotion als oberstes Gebot
Bevor es überhaupt zu dieser Band kam, firmierten die beiden Einarssons in ihrer Heimat noch als Techno-Duo Captain Fufanu. „Der Name leitet sich von unserem Zuhause ab. Wir haben immer ein Boot außerhalb unseres Studios gesehen und uns überlegt, wem das gehören könnte. Mein Opa war selbst Kapitän, hat für uns nachgeforscht und ist draufgekommen, dass das Schiff einem Kapitän Fufanu gehörte, der aus der Türkei stammt.“ Trotz der kühlen Klangausrichtung, sieht Kaktus die pure Emotion als Um und Auf. „Egal wie technisch eine Nummer ist, sie muss eine Emotion ausstrahlen. Kraftwerk war eine der prägendsten elektronischen Bands, aber auch dort war nicht immer alles nur maschinell. Elektronik und Technik sind dazu da, um einen Sound zu schärfen, aber sie können niemals ein gutes Gefühl ersetzen.“ Bis zur nächsten Clubshow, werden sich wohl auch bei uns mehr Menschen mit den mannigfaltigen Soundwelten der Isländer auseinandersetzen…

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