Forschung aus Linz

Dystopie oder Sympathie: Roboter und wir Menschen

Digital
17.10.2018 09:55

Martina Mara baut seit April ihr Institut für Roboterpsychologie an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) auf und spricht am Donnerstag bei einem Symposium in der Hofburg über das Zeitalter der Roboter und Algorithmen. Sie wünscht sich neue Bilder von Robotern, weg vom Terminator, hin zu einem sympathischen Werkzeug, das mit Menschen zusammenarbeitet.

Die 37-Jährige promovierte 2014 in Psychologie über die Nutzerwahrnehmung menschenähnlicher Maschinen und arbeitete in den vergangenen zehn Jahren im Futurelab, der Forschungseinrichtung des Ars Electronica Centers in Linz, das sich intensiv mit Zukunftsfragen beschäftigt.

Roboter-Koryphäe weckte Interesse
Ein Zusammentreffen mit Robotik-Professor Hiroshi Ishiguro aus Osaka, der mit seinen Geminoids Roboter so menschenähnlich wie möglich bauen will, weckte das Interesse an der Reaktion der Menschen auf die ihnen ähnlichsehenden Maschinen.

Den Ansatz den Menschen nachzubauen findet Mara aber absurd. „Die Forschung zeigt, dass sich viele Menschen schwer damit tun, wenn man Mensch und Maschine kaum mehr unterscheiden kann. Dann machen wir es uns doch leichter und gestalten Roboter so, dass sie klar als Maschine erkennbar bleiben.“

Machen humanoide Roboter uns Angst?
Generell sieht sie die Repräsentation von künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik im öffentlichen Raum fast ausschließlich als Humanoiden und Androiden kritisch. „Das befeuert Ängste, den Menschen als Gesamtes, also in kognitiven, sozialen wie emotionalen Aspekten, zu ersetzen.“ Diese sind für Mara unbegründet, da müsse man weg vom Ersetzen hin zum Ergänzen.

Natürlich haben Roboter und KI den Menschen in bestimmten Domänen etwas voraus, „gleichzeitig gibt es sehr viele Bereiche, in denen ein Roboter dem Menschen niemals das Wasser reichen können wird“. Ihrer Ansicht nach solle man eher die Synergien nutzen und mit Unterstützung der Maschinen wichtige Zukunftsfragen angehen, etwa in der medizinischen Diagnostik oder in Fragen des Klimawandels.

Nicht der Terminator, wie sich viele Menschen die künstliche Intelligenz vor Augen führen, sondern das sympathische Werkzeug ist für Mara ein wünschenswertes Bild. Etwa in der Pflege, wo es nicht um „scheinempathische Humanoiden am Bett von der Oma“ gehe sondern um echte Unterstützung des Pflegepersonals mit Transportrobotern, die im Hintergrund schon Bettwäsche und Medikamente bringen. „Mein Ansatz ist auch, dass Roboter so intuitiv werden, dass selbst wenig geschulte Menschen mit ihnen zusammenarbeiten können“, denkt Mara an ältere oder wenig technikaffine Leute.

Industrieroboter sind längst Alltag
In der Industrie sind Roboter bereits gang und gäbe - allerdings als teilweise riesige Maschinen und aus Sicherheitsgründen streng getrennt von Menschen. Mit der kollaborativen Robotik solle sich das ändern. Diese sogenannten Cobots sollen so sicher gestaltet sein, dass sie physisch nahe mit Menschen arbeiten, gemeinsam Teile bauen können. Mara will wissen, wie die Cobots sich verhalten sollen, damit Menschen sich bei der Zusammenarbeit wohlfühlen.

„Wichtig ist, dass man den Menschen ermöglicht, die Maschine zu verstehen, sie kommunizieren kann, was ihre nächsten Schritte sind.“ Lichtsignale sind ein Ansatz, ein anderer ist das Bewegungsdesign. Wenn der Roboter in einer kurvigen statt linearen Bewegung nach etwas greift, wird er zwar ineffizienter, aber der Mensch versteht schneller, was der Roboter vorhat und kann mit seinem Arbeitsschritt früher beginnen, wodurch das Team insgesamt schneller wird. „Das finde ich total spannend, da sehe ich noch großes Forschungspotenzial.“

Robotik birgt Chancen, aber auch Risiken
Die Chancen aber auch Risiken der Robotik und KI sowie mögliche Handlungsfelder zeigt Mara als Mitglied des österreichischen Rats für Robotik der Politik auf. Dabei geht es darum, soziale Aspekte, ethische Richtlinien und Werte zu beachten. Im Herbst wird ein erstes „White Paper“ veröffentlicht. Wichtig ist es der Technikpsychologin auch auf Stereotypen hinzuweisen, etwa im Bereich des Machine Learning, wobei KI-Systeme aus einem großen Pool an Trainingsdaten lernen und die Erkenntnisse auf neue Daten anwenden. Dass diese Daten von Menschen gemacht und dabei auch Fehler und Klischees mitübertragen werden, sei vielen nicht bewusst.

So verwende ein Programm für das türkische Personalpronomen „o“, das „er“, „sie“ oder „es“ heißen kann, aufgrund seiner Erfahrungen mit den Lerndaten die männliche Übersetzung in „er ist fleißig, er ist Arzt“, aber die weibliche in „sie ist faul, sie ist Krankenschwester“, obwohl es nicht wissen konnte, was gemeint war. „Das sind ganz aktuelle Probleme, um die man sich kümmern müsste“, betont die Professorin. Denn auch Personalabteilungen in Firmen würden KI-unterstützte Entscheidungshilfen zur Vorselektierung von Job-Bewerbern anwenden. „Wenn zum Beispiel ein Stationsarzt gesucht wird und das System sortiert überproportional weibliche Kandidaten aus, weil es gelernt hat, dass so einen Job eher Männer machen, ist das schon ein Problem“, so Mara.

„Interdisziplinärer Spirit“ an der Kepler-Uni
An der Uni möchte die Wissenschaftlerin, die am 5. November ihre Antrittsvorlesung hält, den interdisziplinären „Spirit“ aus dem Ars Electronica Futurelab mitnehmen. Die JKU sei ohnehin offen für interdisziplinäre Kooperationen, „es ist ein Nexus der künstlichen Intelligenz rund um mich mit den Instituten von Sepp Hochreiter, Gerhard Widmer und Armin Biere“, am Linz Institute of Technology sollen verschiedene Perspektiven auf digitale Transformation zusammenkommen. „Mein großes Ziel ist es, dass Sozialwissenschaften und Psychologie schon früh in der Entwicklung von neuen Technologien, die in unsere Gesellschaft kommen, mitwirken, dass der ganze Prozess interdisziplinär vonstattengeht und natürlich, dass die Roboter- und KI-Systeme menschengerecht gestaltet werden.“

Außerdem hofft Mara, die heuer den BAWAG-Frauenpreis für herausragende Leistungen und besonderes Engagement von Frauen für die Gesellschaft erhält, dass sie mehr Studentinnen für technische Fächer an der JKU motivieren kann. Sie persönlich würde ungern im Medizinbereich auf KI verzichten, wenn es darum geht, „dass eine KI Millionen von Daten und Bildern mit meinen vergleichen kann und gemeinsam mit Ärzten zu viel akkurateren Diagnosen kommt“. Auch die autonome Mobilität hat für die Oberösterreicherin in vielen Fragen Sinn. „Richtig gern hätte ich einen Bot, der meine Termine gut organisiert und der diese ganzen ‘Privacy Policies‘ für mich übersetzt, der mir beim Management meiner Privatsphäre-Einstellungen im Internet und bei Apps hilft“, wüsste die Mara noch eine gute Verwendung für künstliche Intelligenz.

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