Nacktscanner-Einsatz

Briten fürchten Technik-Missbrauch durch Pädophile

Ausland
05.01.2010 15:18
In Großbritannien stößt der Einsatz von Körperscannern an Flughäfen auf Kritik, weil diese gegen Pädophilie-Gesetze verstoßen. "Wir verstehen die Besorgnis über den Schutz der Privatsphäre beim Einsatz von Körperscannern", teilte das Verkehrsministerium am Dienstag mit. Derweil wollen die Niederlande und Italien das Gerät verstärkt einsetzen und haben teilweise sogar schon Großbestellungen aufgegeben.

Bereits im Jänner sollen die ersten Geräte in London-Heathrow zum Einsatz kommen. Zuvor, so will es das Ministerium, muss das Personal, das die Scanner bedient, Fortbildungen durchlaufen. Außerdem solle eine strikte Berufsethik formuliert werden. Datenschützer befürchten, Bilder von gescannten Kindern oder Prominenten könnten sich im Internet wiederfinden.

Das Ministerium wies darauf hin, dass es bereits Vorsichtsmaßnahmen gebe. So könnten die Angestellten, die die Scanner bedienten, die Menschen in dem Gerät nicht sehen. Die Bilder blieben anonym und würden umgehend vernichtet.

Verstößt Nacktscannen gegen das Kinderschutzgesetz?
Der Kinderschutzverein ARCH geht davon aus, dass die Scanner gegen das Kinderschutzgesetz von 1978 verstoßen. Die Organisation Liberty bemängelt, die Scanner seien eine "elektronische Entkleidung". Zeitungen berichteten, eine Testphase mit einem Scanner am Flughafen von Manchester habe erst beginnen können, nachdem Passagiere unter 18 Jahren ausgenommen worden seien.

Amsterdam ordert 60 neue Geräte
Unterdessen hat der Amsterdamer Flughafen Schiphol beschlossen, 60 neue Körperscanner anzuschaffen. Direktor Jos Nijhuis erklärte, die Geräte würden zusätzlich zu den 15 bereits vorhandenen eingesetzt. Die ersten 20 neuen Körperscanner würden bereits in der kommenden Woche geliefert.

Auf dem Flughafen Schiphol wird außerdem eine Software eingeführt, die automatisch die Bilder der Scanner auswertet. Nur wenn dabei etwas Verdächtiges auffällt, alarmiert der Computer das Sicherheitspersonal. Von Schiphol war der verhinderte Flugzeugattentäter von Detroit in die USA gestartet.

Auch Italien wird Nacktscanner installieren
Auch Italien setzt nach dem nur knapp gescheiterten Anschlag auf die umstrittenen Körperscanner. Zunächst sollen die Geräte auf den Flughäfen von Rom und Mailand zum Einsatz kommen. "Körperscanner sind das sicherste Mittel gegen die Gefahr terroristischer Anschläge in Flugzeugen", sagte der italienische Außenminister Franco Frattini in einem Interview mit Radio 24 am Dienstag. Sie seien zwar ein Eingriff in die Privatsphäre der Passagiere, doch stellten sie eine Garantie für Sicherheit dar. "Die Privatsphäre der Person ist ein absolutes und unverletzliches Recht, wichtiger ist aber noch die Sicherheit", meinte Frattini.

Deutsche Flughafen-Betreiber skeptisch
Die deutschen Flughäfen warnen derweil vor einer übereilten Einführung der Geräte. Die derzeit in der Entwicklung befindlichen Geräte erfüllten noch nicht alle Vorgaben, sagte der Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Ralph Beisel, am Dienstag. Die vorschnelle Beschaffung einer unreifen Technologie lehne die ADV ab. Über kurz oder lang würden die Nacktscanner aber ihren Einsatz finden. Dabei müsse garantiert werden, dass die Intimsphäre der Reisenden gewahrt bleibe, und die Geräte einen deutlichen Gewinn an Sicherheit brächten.

Zugleich wies der Verband Kritik am Sortiment in den Duty-Free-Läden zurück. Behauptungen, dass einige Produkte von Attentätern missbraucht werden könnten, seien falsch und sorgten für unnötige Verunsicherung. Es habe noch keinen Zwischenfall mit Waren aus dem Duty-Free-Bereich gegeben. Lieferung in die Läden dort unterlägen strikten Sicherheitskontrollen.

"Nacktscanner hätten den Attentäter nicht stoppen können"
Im Gegensatz zu herkömmlichen Metalldetektoren sollen Nacktscanner auch feste und flüssige Sprengstoffe, Keramikmesser und andere nicht-metallische Gegenstände entdecken. Die Geräte werden allerdings noch nicht an deutschen Flughäfen eingesetzt, sondern lediglich von der Bundespolizei im Labor getestet. Bisher können diese Nacktscanner Sprengstoff jedoch nach Aussage des Innenministeriums nicht sicher genug erkennen. Auch die Geschwindigkeit der Kontrollen lasse zu wünschen übrig. Erste Praxistests werden für Sommer erwartet.

Grundsätzlich gibt es zwei Technologien bei Nacktscannern: Entweder arbeiten die Geräte mit Röntgenstrahlen oder die Apparate nutzen die sogenannte Millimeterstrahlung, die auch Terahertzstrahlung genannt wird. Diese elektromagnetischen Wellen tasten die Oberflächenkonturen des Körpers unter normaler, leichter Kleidung ab. Terahertz-Geräte hätten nach Einschätzung von Experten jedoch den nigerianischen Attentäter nicht stoppen können. Die Apparate könnten weder Chemikalien noch leichte Kunststoffe entdecken, sagte der britische Abgeordnete Ben Wallace der "Daily Mail". Er hatte an der Entwicklung der Scanner für die Verteidigungsforschungseinrichtung QinetiQ mitgearbeitet.

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