Daten übertragen

Fall Khashoggi: Smartwatch zeichnete Ermordung auf

Ausland
13.10.2018 12:15

Auch wenn Saudi-Arabiens Innenminister bestreitet, dass Jamal Khashoggi im Auftrag seiner Regierung verschleppt und getötet wurde, so dürfte dem Journalisten in jedem Fall Grausames angetan worden sein: Aufzeichnungen von Khashoggis Smartwatch sollen darauf hindeuten, dass der prominente Regimekritiker bei einem Besuch im Konsulat seines Landes in Istanbul gefoltert und ermordet wurde.

„Der Zeitraum, in dem Khashoggi verhört, gefoltert und ermordet wurde, wurde von der Apple Watch aufgenommen“, berichteten türkische Medien am Samstag unter Berufung auf Geheimdienst-Insider. Die große türkische Zeitung „Sabah“ schrieb, dass der Journalist noch vor Betreten des saudi-arabischen Konsulats am 2. Oktober - wo der Regimekritiker sich Unterlagen für seine Hochzeit besorgen wollte und ihn ein Mordkommando erwartet haben dürfte - eine Aufnahmefunktion an seiner Apple Watch eingeschaltet habe.

Sein iPhone, das er seiner vor dem Konsulat wartenden Verlobten gegeben habe, sei mit der Uhr an seinem Handgelenk synchronisiert gewesen. So seien die Geräusche während seiner Exekution gespeichert worden. Der türkische Geheimdienst MIT und die Polizei hätten die Daten, die in Apples Online-Speicherdienst iCloud übertragen wurden, dann ausgewertet, berichtete „Sabah“ weiter. Die Aufnahmen deuteten demnach darauf hin, dass er gefoltert und umgebracht wurde.

Erst nach dem Mord bemerkt, dass die Smartwatch aufzeichnete
Nach Khashoggis Tod - bereits die „New York Times“ hatte berichtet, dass 
ein Team saudischer Agenten Khashoggi in dem Konsulat getötet, seinen Körper danach mit einer Knochensäge zerstückelt und die Reste in Koffern aus dem Gebäude geschafft haben dürfte - hätten die Geheimagenten bemerkt, dass die Aufnahme der Apple Watch weiterlaufe. Sie hätten die Smartwatch daraufhin entsperrt und einige, aber nicht alle Daten gelöscht.

Zweifel an türkischer Geschichte
Nach Veröffentlichung des „Sabah“-Artikels tauchten umgehend Zweifel an der türkischen Version auf. Unter anderem wird die Apple Watch immer mit einem iPhone des Besitzers verknüpft, mit dem sie üblicherweise per Bluetooth Daten austauscht. Das Bluetooth-Signal hat eine Reichweite von einigen Metern, Khashoggis Verlobte müsste also mit seinem iPhone sehr nahe am Konsulatsgebäude gestanden haben, damit die beiden Geräte diese Verbindung aufrechterhalten.

Khashoggi könnte eine Version der Apple Watch getragen haben, die direkt ins Mobilfunknetz geht und Daten ohne den Umweg über das iPhone oder ein WLAN übermittelt. Auf einem Foto von Mai, das der Technologie-Blog „TechCrunch“ fand, ist er mit einer solchen Uhr zu sehen. Allerdings gibt es aktuell keine türkischen Mobilfunkanbieter, die diese Funktion unterstützen. Zugleich hätte Khashoggi bei bestehender Funkverbindung zu seinem Telefon, einem WLAN oder dem Mobilfunknetz auch einfach nur vor Betreten des Konsulats einen Anruf über die Uhr starten können, mit dem alle Umgebungsgeräusche übertragen worden wären.

Konsulat von Türkei abgehört?
Der Sicherheitsexperte des US-Senders CNN, Robert Baer, vermutet, dass der türkische Geheimdienst das saudi-arabische Konsulat abgehört hat und so an die Informationen von der Ermordung Khashoggis gekommen ist. „Ich glaube, so haben sie es wahrscheinlich erfahren. Aber die Türken sind sehr abgeneigt, das zuzugeben“, sagte Baer.

Türkische Regierungskreise streuen seit Tagen über Medien die These, dass Khashoggi im Konsulat ermordet worden sei. Sie geben zunehmend grausige Details preis. Als Folge tauchte immer öfter die Frage auf, wie die Ermittler zu ihren Erkenntnissen kamen und ob sie die diplomatische Vertretung womöglich mit Abhörgeräten ausspioniert hatten.

Die saudi-arabische Regierung weist sämtliche Vorwürfe, sie habe den Auftrag zur Ermordung des Regimekritikers gegeben, zurück und beharrt darauf, dass Khashoggi erst nach dem Verlassen des Konsulats verschwunden sei.

Khashoggi war vor mehr als einem Jahr aus Angst vor politischer Verfolgung ins US-Exil gegangen. Dort schrieb er unter anderem Artikel für die „Washington Post“. Der Journalist begrüßte zwar grundsätzlich die Reformen des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, kritisierte aber dessen zunehmend autoritäre Herrschaft.

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