Staatsanwältin befragt

BVT-U-Ausschuss: Formalität birgt Zündstoff

Österreich
11.10.2018 19:43

Nach den brisanten Aussagen der Leiterin des Extremismusreferats im BVT ist am Donnerstag noch die in der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zuständige Staatsanwältin Ursula Schmudermayer - zum zweiten Mal - im U-Ausschuss zu Wort gekommen. Dabei gab es eine Premiere: Erstmals wurde ein Teil der Befragung „geheim“ durchgeführt, weil besonders geschützte Unterlagen besprochen wurden. Geklärt werden sollte in der Sitzung auch eine zwar formale Frage - doch die könnte für das weitere Verfahren relevant sein.

ÖVP und NEOS gehen nämlich davon aus, dass die vom Innenministerium vermittelten Belastungszeugen nicht ordnungsgemäß von der Amtsverschwiegenheit entbunden wurden. Schmudermayer wies das zurück. Sollte es stimmen, wären die Aussagen - die ja erst zur Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz führten - per Gesetz nichtig. Laut Strafprozessordnung (Paragraf 155) dürfen Beamte über Umstände, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen, nur befragt werden, wenn sie zuvor von der Verschwiegenheit entbunden wurden. Zumindest die schriftliche Bestätigung dieser Freigabe erfolgte im Fall der vier vom Ministerium vermittelten Zeugen aber nur nach den ersten Befragungen.

„Ging davon aus, dass das BMI sie von der Amtsverschwiegenheit entband“
Strittig ist nun, ob vorab eine mündliche Freigabe vorlag. Schmudermayer sagt ja, ÖVP-Fraktionschef Werner Amon ging davon aus, mit dem Ausschuss vorliegenden geheimen E-Mails das Gegenteil beweisen zu können. Schmudermayer betonte: „Das BMI (Innenministerium, Anm.) hat mir diese Zeugen namhaft gemacht und daher bin ich selbstverständlich davon ausgegangen, dass das BMI als Arbeitgeber diese Zeugen von der Amtsverschwiegenheit entbunden hat.“ Im Übrigen enthalte die Strafprozessordnung (Paragraf 78) ja auch eine Anzeigepflicht für Beamte, wenn ihnen rechtswidrige Tatsachen bekannt werden: „Die Amtsverschwiegenheit dient nicht dazu, die Aufklärung von Straftaten zu verhindern.“

Hausdurchsuchung brachte auch „Zufallsfund“
FPÖ-Fraktionschef Hans-Jörg Jenewein ließ sich von Schmudermayer bestätigen, dass die Hausdurchsuchung im BVT auch zu „Zufallsfunden“ geführt hat. Allerdings nicht, wie Jenewein vermutete, im Zusammenhang mit Mobbing und sexueller Belästigung. Vielmehr wurden bei einem Beschuldigten Fotos gefunden, wegen derer die Staatsanwaltschaft Wien gebeten wurde, den Verdacht der Verhetzung und der NS-Wiederbetätigung zu klären.

Staatsanwältin wusste nicht, dass Preiszler formal nicht EGS-Chef ist
Von Peter Pilz wurde die Staatsanwältin darauf hingewiesen, dass der Einsatzleiter bei der Razzia, der FPÖ-Kommunalpolitiker Wolfgang Preiszler, formal gar nicht Chef der damit betrauten Polizeitruppe EGS ist, sondern der Vorgesetzte des EGS-Leiters. Schmudermayer wusste das nach eigenen Angaben nicht und meinte, wenn ihr das absichtlich falsch gesagt wurde, wäre das wohl eine Täuschung gewesen, aber: „Die Frage ist, ob diese Täuschung inhaltlich für mich relevant ist.“

Leiterin von Extremismusreferat stand nicht im Visier
Erklärt hat die Staatsanwältin auch, warum ausgerechnet das Büro der Referatsleiterin für (Rechts-)Extremismus durchsucht wurde. Ziel der Durchsuchung war nämlich nicht Sybille G. selbst, sondern ein beschuldigter Ex-Kollege, mit dem sie E-Mail-Kontakt gehabt hatte. Weil man vermutet habe, dessen Postfach im BVT nicht mehr vorzufinden, habe man eben bei G. nach den E-Mails gesucht. Dass man bei ihr fündig werden könnte, hatte Schmudermayer von einem der Belastungszeugen des Ministerbüros erfahren. Ob Verfahrensrelevantes gefunden wurde, blieb offen - zumindest auf den beschlagnahmten Datenträgern war das ihren Angaben zufolge aber nicht der Fall.

Kickl-Mitarbeiter fragte nach Telefonüberwachung und Festnahmen
NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper konfrontierte die Staatsanwältin dann noch mit einem Dokument, wonach ein Kabinettsmitarbeiter von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wissen wollte, ob man Telefonüberwachungen und Festnahmen machen könne. „Das ist richtig“, bestätigte die Staatsanwältin. Die rechtlichen Voraussetzungen für solche Maßnahmen seien ihrer Meinung nach aber nicht gegeben gewesen, „und deshalb habe ich ihm gesagt, dass ich keine Telefonüberwachungen und Festnahmen anordnen werde“.

Die Befragungen im U-Ausschuss wurden nach gut neuneinhalb Stunden beendet. Nächste Woche gibt es wieder zwei Sitzungen, am Dienstag und Mittwoch sollen jene Zeugen aussagen, die der Staatsanwaltschaft vom Innenministerium bereitgestellt wurden. Ihre Angaben führten schließlich zur umstrittenen Razzia im Verfassungsschutz. Ebenfalls Rede und Antwort stehen muss Rechtsanwalt Gabriel Lansky - er ist insofern in die Causa involviert, als einer der zentralen Vorwürfe gegen das BVT lautet, dass Beamte Daten seiner Kanzlei nicht wie vorgeschrieben zurückgegeben bzw. gelöscht, sondern diese weiterverwendet haben sollen. Auch der frühere BVT-Direktor Gert-René Polli muss in den Ausschuss kommen - er arbeitet nun wieder im mittlerweile FPÖ-geführten Innenministerium.

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