Buchrezension

Van Halen: Sieben Jahre purer Hedonismus

Musik
17.10.2018 07:00

Gut sieben Jahre lange beherrschten die Kalifornier Van Halen die gesamte Rockszene und ließen Bands wie Black Sabbath, AC/DC oder die Rolling Stones wie altersschwache Amateure aussehen. Ihr damaliger Noel E. Monk erinnert sich im Buch „Teufelspakt“ an die goldenen Zeiten des Heavy Metal zurück und zeichnet ein ungemein kurzweiliges und hedonistisches Bild der einst größten Rockband der Welt.

(Bild: kmm)

Wer den Beginn seiner Karriere im Musikbusiness als Bühnenmanager bei Woodstock, rechte Hand von Bill Graham im Fillmore East und als Tourmanager bei den damals noch wilden Rolling Stones, sowie den völlig unberechenbaren und allseits gefürchteten Sex Pistols verbrachte, den kann nur sehr schwer etwas aus der Bahn bringen. Doch nicht der völlig irre Johnny Rotten oder das destruktive Drogenwrack Sid Vicious forderten Noel E. Monk bis zum Äußersten heraus, sondern Amerikas Früh-80er-Jahre Wunderband Van Halen, deren rasanter Aufstieg von kalifornischen Gartenpartys zu den größten Stadien der Welt maximal noch von ihren Quasi-Nachfolgern Mötley Crüe und Guns N‘ Roses übertroffen wurde. Sieben Jahre lang, in der Glanzzeit zwischen 1978 und 1985 war Monk ein essenzieller Teil der Märchengeschichte Van Halens.

Raketenstart
Anfangs noch mit leichten Tücken, denn obwohl die Plattenfirma Warner ihn schon früh auf die damals noch unbekannten Youngster angesetzt hatte, hörte er sich das Debütalbum erst nach Monaten an und brauchte eine beträchtliche Zeit, um mit der Idee einer fruchtbaren Kooperation warm zu werden. Von dort weg startet Monk seine detaillierte Erzählung über den titelgebenden „Teufelspakt“, der im hochtoxischen Ambiente für alle Beteiligten nicht einfach gewesen sein dürfte. Schnell arbeitet er sich vom Tourmanager zum unerfahrenen, aber hochmotivierten Bandmanager hoch, steuert mit einer Mischung aus Neugierde, Unbefangenheit und Bauernschläue die Geschicke des Quartetts, dessen Erfolgsgeschwindigkeit keine Zeit zum Verschnaufen zuließ.

So erfährt der Leser mehr oder weniger Bekanntes, aber stets Spannendes über eine Band am Zenit ihres kreativen Hedonismus und einer Ära des Grenzenlosen. Alkoholismus, Kokainstraßen sonderzahl, sich bereitwillig durch die gesamte Crew hocharbeitende Groupies und völlig demolierte Hotelzimmer inklusive. Das gesamte A&O aus einem Rockstarleben, wie es nur nur in den 70er- und 80er-Jahren geschehen konnte. Besonders viel Wert legt Monk darauf, die unterschiedlichen Charaktere mitsamt all ihrer Stärken und Schwächen zu zeichnen. So erfährt der Van-Halen-Interessierte, dass David „Diamond Dave“ Lee Roth nicht nur ins eigene Spiegelbild verliebt und krankhaft egozentrisch war, sondern dass er sich schnell zum geschäftlichen Rädelsführer der Band hocharbeitete und mit Monk die wirtschaftlichen Fäden zog.

Alkohol und Kokain
Gitarrenwunder Eddie Van Halen war sein kreativer Gegenpol, das Yang zum Yin, das sich lieber im hauseigenen Studio verkroch um bei tonnenweise Wodka und Kokain an neuen Geniestreichen zu basteln. Mit zunehmendem Erfolg kristallisieren sich im kurzweilig geschriebenen Buch die Spannungen zwischen den beiden Kreativköpfen heraus, die bis zur großen Explosion Anfang 1985 zwischen Pop (Lee Roth) und Rock (Van Halen) pendelten. Drummer Alex Van Halen wird als ständig alkoholisierter, aber rhythmisch unerlässlich wichtiger Teil der Band wahrgenommen, während Bassist Michael Anthony als introvertierter Familienmensch zeit seines Lebens nur als Bühnenauffettung diente und in den späteren Krisenzeiten der Band von den Kollegen finanziell brutal über den Tisch gezogen wurde.

Monk schaut in seiner Rückblende aber auch über den Tellerrand hinaus und lässt den Leser ungewohnt tief in das Musikgeschäft blicken. So erfährt man, dass es schon in den frühen 80er-Jahren unglaubliche Merchandising-Deals gegeben hat, dass Van Halen trotz Millioneneinnahmen lange am Randes Privatkonkurses wandelten und dass aufgrund von Ego-Problemen und internen Streitereien lukrative Sponsorendeals in den Sand gesetzt wurden. Der Autor zeichnet ein profundes Bild einer Band, die wie eine Sternschnuppe erschien und nahezu ebenso schnell wieder verglühte. Besonders interessant sind nicht nur die zahlreichen Geschichten über die unterschiedlichen Persönlichkeiten und ihre trauernden, naiven und wütenden Phasen, sondern auch die Gründe, warum Van Halen am Zenit ihrer Popularität an einer Mischung aus Drogenumnebelung und Selbstüberschätzung kollabierten. Fans wissen - die Ära mit Sammy Hagar sollte die ungehobelte Wildheit der Lee-Roth-Phase niemals erreichen.

Persönliche Verbitterung
Wehmütig erzählt Monk, dass er schlussendlich Anfang 1985 von der Band in seinem eigenen Haus gefeuert wurde und seither niemals mehr ein Wort mit keinem der Mitglieder gewechselt hätte. Nach diversen Gerichtsstreitereien sei ihm zudem für mehrere Jahrzehnte untersagt worden, die Historie der sieben größten Van-Halen-Jahre für die Öffentlichkeit niederzuschreiben. Das Gute daran ist, dass mittlerweile Gras über die Sache gewachsen ist und sich der Autor relativ wertneutral und ohne Groll der Thematik annähert. Die persönliche Verbitterung über das Ende dieser in allen Maßen hochtoxischen Beziehung kann er dennoch nicht verbergen.

„Teufelspakt“ ist anekdotenreich und flockig erzählt und wird somit nicht nur Van-Halen-Hardcore-Fans vergnügliche Stunden bereiten. Eine derart lebensnahe und bildreiche Reise in eine Zeit der puren Dekadenz findet man heute immer schwerer und einzelne Kapitel lassen einen wahlweise schmunzelnd oder kopfschüttelnd zurück. Ein Reunionskonzert mit den längst wieder zusammengefügten „Ur“-Van-Halen in Österreich wäre dazu genau richtig…

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