Medien unter Druck?

„Keine Sorge nötig, dass Inhalte gekauft werden“

Nachrichten
10.10.2018 18:45

Bitterböse Grabenkämpfe beherrschen die heimische Medienwelt: Die Politik kaufe sich günstige Berichterstattung oder sorge mit Druck für diese. Auch die von der türkis-blauen Regierung gehandhabte „Message Control“ stand immer wieder in der Kritik. Eine hochkarätige Runde setzte sich damit bei der #brennpunkt-Diskussion (Video oben) mit Katia Wagner auseinander. „Es braucht sich keiner Sorgen machen, dass irgendwo Inhalte gekauft werden“, erklärte dazu „Heute“-Herausgeberin Eva Dichand. Und auch Barbara Novak, Landesparteisekretärin der Wiener SPÖ, stimmte dem zu: „Wer glaubt, mit Geld jemanden gefügiger machen zu können: Das ist voriges Jahrhundert. Das funktioniert nicht!“

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) geriet zuletzt heftig unter Druck: Sein Ressort soll „kritische Medien“ - sogar per schriftlicher Weisung - benachteiligen. Auch gegen Christian Kern (SPÖ) waren während seiner Kanzlerschaft Vorwürfe laut geworden: Die Sozialdemokraten hätten sich mit Inseraten wohlwollende Berichterstattung erkauft und sollen auch ein „Boykott“ verhängt haben. Jüngst war Wiens neuer Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ins Kreuzfeuer geraten: Aus Steuergeld finanzierte „Geschenke“ an Medien werden der Stadt vorgeworfen.

Dichand: „Keiner muss sich Sorgen machen, dass Inhalte gekauft werden“
„Heute“-Herausgeberin Eva Dichand stellte fest, dass sich die meisten Menschen wohl falsche Vorstellung über die Arbeitsweise der Medien und die Verteilung von Inseratengeldern, vor allem auch aus dem öffentlichen Bereich, machen würden. „Es hält sich herrlich das Gleichgewicht. Es braucht sich keiner Sorgen machen, dass irgendwo Inhalte gekauft werden. Das Geld brauchen alle“, sprach sie von einer größtenteils fairen Verteilung in der Medienlandschaft. Daher sei diese in Österreich auch sehr vielfältig, werde durch die digitalen Technologien sogar noch weiter gesteigert: „Alleine durch die mediale Entwicklung wird es zu keinem Engpass an Meinungsvielfalt kommen.“ Problematisch sei allerdings das eine oder andere schwarze Schaf: „Es gibt öffentliche Stellen, die das Geld ungleich verteilen. Die wollen Medien bevorzugen, mit besonders viel Geld ausstatten, weil sie sich dann was weiß ich was erhoffen. Und das muss man abstellen.“

Auf konkrete Nachfrage führte die „Heute“-Geschäftsführerin auch ein Beispiel an, wie das dann funktioniere: „Sowohl in der Stadt Wien - noch ärger ist es momentan beim Land Niederösterreich oder auch im Innenministerium - gibt es immer die Zeitung ‚Österreich‘, die überproportional viele Inserate kriegt. Vor allem im Vergleich zur ‚Krone‘, die fünfmal so viele Leser hat.“

Strache: „Man wird nie die völlige Entpolitisierung zustandebringen“
Vizekanzler Strache holte dazu etwas weiter aus und erklärte, dass für Medien natürlich auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen würden: „Ohne Inserate oder Förderungen könnten manche Medien gar nicht überleben.“ Dadurch hätten manche in der Politik auch oft den Umkehrschluss gezogen: „Natürlich wird der Versuch unternommen, aus der Vergangenheit auch sichtbar, dass die einen oder anderen politischen Verantwortungsträger mit Inseraten etc. davon ausgegangen sind, Medien dann gefügiger machen zu können.“ Ihm sei es aber wichtig, möglichst objektive Berichterstattung sicherzustellen und dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen, gerade etwa beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Er wolle sich aber freilich nicht blauäugig geben: „Man wird nie die völlige Entpolitisierung von Journalisten - auch im ORF - nicht zustandebringen.“

Mit Gegenwind vonseiten der Journalisten habe Strache jedenfalls absolut kein Problem, ganz im Gegenteil: „Ich habe mit der kritischen Berichterstattung, oder der auch da oder dort vorhandenen politisch-tendenziösen Berichterstattung gegen meine Person oder meine Partei gerichtet kein Problem. Ich habe damit gut leben gelernt.“ Nur eins sei ihm immer wichtig gewesen: „Pressefreiheit heißt ja auch nicht Narrenfreiheit zu haben.“ Gewisse Grenzen dürften daher auf keinen Fall überschritten werden.

Nowak: „Ideales Verhältnis von Politik und Medien ist ein leicht gestörtes“
„Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak ortete im Umgang der Journalisten mit der FPÖ teilweise noch Anpassungsschwierigkeiten auf beiden Seiten: „Die FPÖ muss erst lernen, dass nicht jeder Journalist ein Gegner ist. Das ist sie aus der Oppositionszeit noch gewohnt.“ Umgekehrt würden manche Reporter aber auch die Freiheitlichen nicht so gerne auf der Regierungsbank sehen und dies dann in ihren Berichten durchscheinen lassen. „In den letzten Jahren sehen sich Journalisten viel zu sehr als politische Aktivisten“, erklärte er. Dass viele in den Medien arbeitende politisch eher links seien, liege auch an der Berufswahl von jungen Menschen. „Wenn natürlich mehr Juristen und Wirtschaftsstudenten, die mal prinzipiell nicht antikapitalistisch aufgeladen sind, in ein Medium gehen würden, dann würden die Medien anders ausschauen.“

Mit „Message Control“ habe er an sich kein Problem, vor allem weil es für ihn immer Ziel des Journalismus sein müsse, diese zu „durchbrechen“. „Das ideale Verhältnis zwischen Politik und Medien ist per se immer ein leicht gestörtes.“ Beim Thema Förderungen durch Inserate stimmte er seinen Mitdiskutanten durchaus zu: „Würde es diese öffentlichen Förderungen in Form von Inseraten nicht geben, würde es in diesem Land wesentlich weniger Medien geben.“ Die Frage sei, ob man das (nämlich weniger Medien) denn wolle.

Novak: „Wenn alle unzufrieden sind, dann ist es im richtigen Verhältnis“
Dies aufgreifend sprach sich Barbara Novak, Landesparteisekretärin der SPÖ Wien, dafür aus, die Verteilung von Geldern an die Presse ganz neu zu denken: „Wir müssen die Medienförderungen gemeinsam auf größere Dimensionen umstellen, auch weg von Inseraten.“ Als Sozialdemokratin sei es ihr jedenfalls ganz wichtig, „das besondere Gut der Presse- und Meinungsfreiheit immer ins Bewusstsein zu holen“. Im Umgang mit Journalisten sei ihr ein Merkmal immer wieder aufgefallen: „Wenn alle sich äußern, dass sie nicht zufrieden sind mit der Berichterstattung, dann ist es im richtigen Verhältnis. Dann sind wir genau dort, wo wir hingehören, nämlich in der kritischen Auseinandersetzung.“ Gefällige Berichterstattung könne man außerdem sicher nicht einfach so erkaufen: „Wer glaubt, mit Geld jemanden gefügiger machen zu können: Das ist voriges Jahrhundert. Das funktioniert nicht!“

„Message Control“ bei ihrer eigenen Partei hält sie grundsätzlich für unmöglich umzusetzen: „Als gelernte Sozialdemokratin weiß ich, dass das bei uns nicht funktionieren würde. Weil wir eine bunte, vielfältige Partei sind, mit vielen Meinungen.“ Freilich sei die SPÖ in der letzten Zeit nach außen hin als sehr chaotische Truppe erschienen, aber: „Wir werden wieder zur Ruhe kommen und auch wieder in die politische, inhaltliche Arbeit stoßen.“

Sämtliche Ausgaben unseres Talk-Formats zum Nachsehen sowie Highlight-Videos finden Sie unter krone.at/brennpunkt.

Michael Pils
Michael Pils
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