Neue Daten-Regeln

Bürgermeister-Besuche werden zum Hindernislauf

Steiermark
09.10.2018 06:00

Es gehört zum Einmaleins des Bürgermeisterseins: Feiern Gemeindebürger im hohen Alter einen runden Geburtstag, wird gratuliert, oft mit Blumen, Geschenkkörben und Gutscheinen. Doch die neue EU-Datenschutzverordnung, die seit Mai gilt, macht die Angelegenheit kompliziert…

In Bruck, der viertgrößten Stadt der Steiermark, kam es zu einer einschneidenden Veränderung: Wurden bisher die Geburtstagskinder (sowie Paare, die ein hohes Ehejubiläum feiern) zu Hause besucht, finden solche Ehrungen nun nur noch im Rathaus statt (mehr dazu hier). Grund: Die Daten dürfen nicht mehr vom Bürgermeister an die Gemeinderäte weitergegeben werden, Koch selbst kann in einer 16.000-Einwohner-Stadt unmöglich sämtliche Besuche selbst vornehmen.

„Wir werden sicherlich prüfen, ob das steirische Ehrungsgesetz verändert werden muss “, erzählt Gemeindebundpräsident und Landtagsabgeordneter Erwin Dirnberger, der selbst Bürgermeister in Söding-St. Johann ist. In seiner Gemeinde wurde übrigens bereits vor der neuen Datenschutzverordnung genau vorgegangen: Besuche gab es nur nach vorheriger Absprache mit den Jubilaren, Fotos wurden vor Veröffentlichung nochmals zur Ansicht übermittelt.

„Alles andere wäre ein Kulturbruch“
Ein „Steirerkrone“-Rundruf unter Ortschefs zeigt, dass die heikle Sache in den Kommunen Thema ist und unterschiedlich bewältigt wird. In Leoben, der zweitgrößten Stadt der Steiermark, bleibt man angesichts der neuen Regeln gelassen. Jubilare werden weiterhin zu Hause besucht, zum Teil sogar ohne vorherige Anmeldung. Änderungen gibt es hingegen für Muttertags- und Weihnachtsfeiern.

Die Termine dafür werden im Stadtmagazin veröffentlicht, danach können sich die Bürger anmelden. Auch falls Besuche zu Jubelhochzeiten gewünscht sind, müssen sich die Leobner melden. Anders ist es bei runden Geburtstagen ab dem 80er: Jeden Montag sind der Sozial- und der Seniorenreferent für Hausbesuche unterwegs. „Alles andere wäre ein Kulturbruch“, meint Bürgermeister Kurt Wallner.

Neues Formular wegen strenger Daten-Regeln
Seit 15 Jahren ist Walter Eichmann Bürgermeister im weststeirischen Schilcherort Stainz - und aus Anlass dieses Jubiläums zog der Ortschef Bilanz über seine bisherige Amtszeit. Wichtig waren und sind ihm die Geburtstagsgratulationen - trotz „DSGVO“.

„Die meisten Bürger tauen nach einer gewissen Zeit auf und es kommt sehr viel zurück.“ - So begründet der Stainzer Bürgermeister, warum er sich für die Geburtstagsgratulationen gerne viel Zeit nimmt. In seiner Großgemeinde können das bis zu 350 im Jahr sein! Seit Mai muss dafür allerdings ein Formular (siehe Faksimile) ausgefüllt werden, „dass die Marktgemeinde Stainz zum Zwecke der Gratulation die dafür notwendigen Daten“ auch verwenden darf.

Graz lädt Jubilare zur großen Feier
„Die Gemeindeordnung gilt für Graz nicht, weil Graz eine Statutarstadt ist, also eine Stadt mit eigenem Statut“, sagt Ursula Leitner (Referat für Ehrungen und Auszeichnungen). Deswegen ist die Stadt von den strengeren Datenschutzregeln nicht betroffen.

Geehrt wird man an runden Geburtstagen ab dem 90er und bei Ehejubiläen ab der Goldenen Hochzeit. Viermal im Jahr gibt es für Jubilare eine große Feier im Congress. Bürgermeister Siegfried Nagl hält eine Rede, es gibt Musik und Essen. Hausbesuche von Nagl (oder eine Vertretung) gibt es nur dann, wenn jemand nicht an der Feier teilnehmen kann und stattdessen einen Besuch wünscht.

Alter wird nicht mehr gedruckt
Auch in der Gemeinde Empersdorf (1400 Einwohner) im Bezirk Leibnitz hat man sich natürlich Gedanken zur Datenschutzgrundverordnung gemacht. Bürgermeister Volker Vehovec lässt sich aber auch künftig das Gratulieren nicht nehmen.

Vehovec wird weiter (nach telefonischer Ankündigung und Einverständnis durch den Jubilar) zum Gratulieren ausrücken, wenn noch ein Gemeindevertreter dabei ist, darf diesem nicht gesagt werden, wann genau der Jubilar seinen Festtag hat. In der Gemeindezeitung werden im beidseitigen Einverständnis weiter Fotos erscheinen, aber das Alter der Jubilare darf nicht mehr angeführt werden.

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