„Krone“-Interview

Money Boy: Aus den Fehlern von früher gelernt

Musik
11.10.2018 07:00

Zum Wiener Rapper Money Boy hat jeder eine Meinung. Ist er nun „real“? Ist das alles Satire? Lebt er seine Karriere? Die vielschichtige Ambivalenz seiner Persönlichkeit lässt nur bedingt einen Blick hinter die Kulissen zu. Vor seinem Doppelkonzert in der Grellen Forelle in Wien haben wir uns mit dem 37-Jährigen getroffen, um über seine Fehltritte, seine Ziele für die Zukunft und seine Liebe zum Kulinarischen zu sprechen.

(Bild: kmm)

„Krone“: Money Boy, vor zwei Jahren hast du in der öffentlichen Wahrnehmung einen Schnitt gemacht und dich zu YSL Know Plug umbenannt. Mittlerweile ist davon kaum mehr etwas zu bemerken. Warum hast du dieses Vorhaben nicht durchgezogen?
Money Boy:
Money Boy war schon immer die größere Marke. Ich wollte nicht mehr nicht Money Boy sein, sondern mir Raum schaffen, um mich neu zu inspirieren und wie ein Newcomer zu fühlen. Ich bin dann zurückgewechselt, weil Money Boy einfach mehr Geld bringt und weil ich auf die Musik und die Videos sehr stolz bin. Viele Leute erzählen mir, dass dieser oder jener Song eine bestimmte Zeit in ihrem Leben symbolisieren würde und das ist für mich auch so. Ich erinnere mich gerne an die Songs und Erlebnisse zurück. Das muss ich nicht verstecken oder verdrängen. Andererseits haben viele den neuen Namen auch gerne übernommen, obwohl einige kritisch waren. Ich höre oft „Hey YSL, machen wir ein Foto“. Rückblickend war auch die YSL-Phase sehr produktiv. Es gab zwei offizielle Alben, ganz viele Songs und drei Touren.

Haben sich die Persönlichkeiten Money Boy und YSL Know Plug voneinander unterschieden?
Irgendwie schon. YSL Know Plug war auf eine gewisse Art und Weise cooler und spezifischer in seiner Auffassung. Money Boy deckt größere Fanbereiche ab - bei Geschlechtern, Alter und allem anderen. YSL Know Plug war mehr ein reines Rap-Alter-Ego.

Wie viel Money Boy steckt in der realen Person Sebastian Meisinger und umgekehrt?
Früher in Interviews wusste ich nie, was ich dazu sagen soll und meinte immer, dass es ein- und dasselbe wäre. Ganz objektiv betrachtet ist Money Boy schon ein Entertainer und das ist längst nicht alles, was ich bin. Wenn ich Freunde treffe, will ich nicht immer über Money Boy reden, denn das langweilt mich. Ich bin mehr als das. Money Boy ist einerseits meine Leidenschaft und ich mache damit meine Kunst, aber manchmal kotzt mich das auch an und ich will eine Auszeit davon haben. Es ist wohl gesamt 50/50 bei mir, weil mir Arbeit und produktiv zu sein so wichtig ist. Ich habe klare Workaholic-Tendenzen. Ich habe aber gelernt, dass man sich die Kicks im Leben nicht immer nur durch die Arbeit oder den Erfolg holt. Wenn man erwachsen wird, dann erkennt man gewisse Dinge. Das eine ist Entertainment und nicht zu hundert Prozent real. Es ist nicht das Ziel, dass ich Money Boy und seine Musik komplett verkörpern muss. Mein Leben muss sich nicht nur darum drehen.

Mittlerweile bist du seit acht Jahren im Rampenlicht und bei unserem letzten Interview hast du mir gesagt, dass Lil‘ Wayne dein großes Idol wäre, weil er unaufhaltsam und ohne Pause Songs geschrieben hat. Hast du jemals bereut, dass du so intensiv in diese künstlerische Welt gefallen bist?
Gut, dass du Lil‘ Wayne als Stichwort ansprichst. Über den Verlauf einer Karriere ist nicht alles so, wie es auf dem ersten Blick erscheint oder so, wie man es sich in der Fantasie ausmalt. Ich habe auch gesehen, wie Rapper wie Lil‘ Wayne zu kämpfen haben und sich ihr Lebensstil und die Arbeit genauso negativ auf sie auswirkten und Schattenseiten zeigte. Man ist den Rappern und Promis durch die sozialen Netzwerke viel näher als früher und merkt schnell, dass nicht alles so ist, wie man es sich selbst ausgemalt hat. Ich musste das genauso lernen. Einmal fühlt man sich wie der König und der heißeste Rapper im Game, aber das hält nicht ewig an. Wie gehen die Stars dann damit um? Lil‘ Waynes Karriere ist trotzdem super, aber andere sind unglaublich abgestürzt.

Dein Tiefpunkt war der Flaschenwurfskandal im Wiener WUK, woraufhin du auch den Late-Night-Act-Slot am Nova Rock verloren hast. Etwas später hast du gesagt, du hättest dann in deinem Umfeld ausmisten müssen und dir wäre einiges klar geworden. Was genau bedeutet das nun?
Ich habe meinen Kreis viel kleiner gemacht. Das ist auch etwas, was ich mir von anderen Rappern abgeschaut habe. Wenn die angesagt sind und Erfolg haben, haben sie so viele Trittbrettfahrer und Ja-Sager in ihrem Umfeld. Ich dachte auch, dass es so sein muss. Ich habe mich etwas von meinen Plänen abbringen lassen. Ich wollte ursprünglich Musik machen und damit Geld verdienen, aber plötzlich bildet man sich ein, dass dieses und jenes genau so oder so laufen müsse. Ich will jetzt niemanden dissen oder die Schuld weitergeben, denn es war schon meine Entscheidung was ich getan habe, um irgendwelchen Leuten zu gefallen und um Bestätigung zu bekommen. Ich merkte, dass ich mich von vielen Dingen habe blenden lassen. Ich fokussiere mich jetzt auf Menschen, die wirklich zu mir stehen.

Bereust du so einen Moment wie den im WUK, oder gehört der nun einfach zur Vita eines Rappers dazu?
Es passieren immer irgendwelche schlechten Dinge und daraus lernt man. Die Entscheidungen, die man selber trifft, führen zu Sachen, die nicht immer gut sind. Manche kommen früher drauf, dass sie etwas ändern müssen, manche später. Ich bereue nichts, sondern schaue lieber darauf, dass ich etwas daraus lerne, um meine Situation zu verbessern.

Hast du dich in den letzten paar Jahren charakterlich stark verändert?
Mir war immer nur wichtig, mich weiterzuentwickeln. Ich mag keinen Stillstand. Ich habe immer etwas in meinem Kopf, was ich verfolge, erweitern oder ändern möchte. Für mich gehört das einfach dazu. Manche Sachen merkt man beim Erwachsenwerden und dann denkt man sich, warum mir das früher wichtig war oder eben nicht. Man kriegt eine ganz andere Sicht auf Dinge.

Du hast nicht nur eine ganze Jugendsprache essenziell geprägt, sondern in den letzten Jahren auch immer professionellere Videos produziert - zum Beispiel jenes zum Song „Monte Carlo“. Dennoch rauschen Wiener Rapper wie Yung Hurn oder RAF Camora links und rechts an dir vorbei. Wird dir und deinem Einfluss da Unrecht getan?
Nein, denn wer sollte mir da Unrecht tun? Wenn man anfängt zu beobachten, was jemand anderer macht und wie viel Erfolg er hat, hilft mir das gar nichts. Ich mache das was mir Spaß macht so gut wie möglich. Ich bin der Letzte, der sich über jemand anderen dazu äußern würde. Du kannst nur kontrollieren, was du selbst machst und ich hatte niemals Neid oder Gedanken, dass ich so und so viele Fans oder Klicks haben sollte. Das was ich habe, das habe ich und damit bin ich völlig cool.

Branchenneid ist dir also völlig fremd? Der ist ja gerade in der Rap-Szene ungemein verbreitet.
Er ist vollkommen sinnlos und hat noch niemandem Antrieb gegeben, um die eigenen Ziele zu verwirklichen.

Die heimische Rap- und Hip-Hop-Szene floriert derzeit rundum. Welchen Stellenwert würdest du dir selbst dafür geben?
Ich bin einer der berühmtesten österreichischen Rapper und mehr kann ich dazu nicht sagen. Das sollten lieber andere Leute bewerten.

Einige behaupten, du würdest einen noch größeren Durchbruch schaffen können, wenn du neben den professionellen Videos und deinen Social-Media-Auftritten auch noch ernsthaftere Texte schreiben würdest. Ist dieser Gedankengang richtig?
Nein, denn ich mache das, was ich für mich für richtig halte. Ich denke daran, was sonst so möglich wäre, denn am wichtigsten ist das zu machen, was man machen will. Hoffentlich verdiene ich so viel Geld wie möglich, aber da muss ich zu 100 Prozent echt und unverfälscht sein. Nur so kann ich das als Künstler mit mir vereinbaren. Eine Karriere geht über viele Jahre und wenn ich plötzlich ernsthaftere Texte mache, würde das nicht gutgehen. Wie lange kann ich das dann durchziehen, wenn es nicht aus meinem Inneren kommt, sondern nur die Überlegung dahintersteckt, mehr Geld herauszuziehen? Vielleicht geht das ein Jahr gut, aber langfristig? Natürlich gibt es Leute, die ein Jahr unglaublich angesagt sind und Hits haben, dann aber auch tief fallen, weil sie nicht real und authentisch geblieben sind.

Was sind denn die größten Missverständnisse, die es bezüglich deiner Person gibt?
Manche Leute realisieren nicht, wie ernsthaft ich meiner Arbeit nachgehe. Natürlich besteht meine Musik aus viel Humor, aber es kommt nicht rüber, dass ich extrem ernsthaft arbeite. Ich will nicht Leute treffen, um nur Spaß zu haben und abzuturnen, sondern wirklich etwas tun. Humor ist ein Teil meiner Präsentation, aber dahinter steckt wesentlich mehr. Ich schneide stundenlang Videos, habe genaue Vorstellungen und knie mich wirklich in die Sache. Würden die Leute das wissen, würden sich wohl mehr Kooperationen anbieten und es würde mehr professionell umgesetzt werden können. Ich habe nicht nur die Sprache beeinflusst, sondern auch vieles anderes und sehe, wie das Leute nehmen und darauf Werbekampagnen aufbauen, ohne mich zu involvieren. Das kann verschiedene Gründe haben, aber die Menschen sollen ruhig einmal sehen, woher das kommt und wie ernsthaft ich das Ganze verfolge.

Als großer USA- und Basketball-Fan bist du immer gerne mal dort und du hast mir vor drei Jahren auch gesagt, ein Fernziel wäre es, in Amerika Karriere zu machen. Ist das immer noch der Fall?
Als Rapper müsste da sehr viel Glück mitspielen. Ich habe noch keinen Plan dafür und würde vieles gerne umsetzen. Ich habe auch Erfahrungen als Manager und weiß, was ein Künstler im Studio und auf Tour braucht. Ich spreche die Sprache nicht perfekt, aber die Ami-Rapper verkörpern sie, weil sie von dort kommen. Natürlich kann ich einen Hit landen, doch was auf der ganzen Welt gilt, sind die Erfahrungen, die Rapper machen. Wenn es als Rapper passiert, dann mache ich gerne für ein Jahr Shows in allen Clubs in Amerika, aber ich sehe mich eher im Entertainment - egal, in welchem Bereich.

Wenn du dir aussuchen könntest, ein bekannter US-Rapper zu sein - welcher wärst du gerne und warum?
Ich wäre gerne Drake, weil er der erfolgreichste und coolste Rapper ist.

Eine weitere große Leidenschaft von dir ist das Kochen, das du deinen Fans wöchentlich mit dem YouTube-Blog „Traphousekitchen“ näherbringst. Woher hast du dieses Talent?
Ich habe schon als kleines Kind gerne gegessen. Mein Vater kann ziemlich gut kochen und hat mir schon damals viel beigebracht und so wurde es zur Leidenschaft. Es hat sich über die Jahre dann immer verbessert. „Traphousekitchen“ macht richtig viel Spaß und das eröffnet mir wieder neue Möglichkeiten. Auch das würde ich gerne auf ein höheres Produktionslevel pushen und ich bekam zu dem Thema auch schon einige Anfragen. Das Ganze steckt noch im Anfangsstadium, ist jetzt schon sehr beliebt und da kann man noch einiges daraus machen.

Viele fragen sich, wo denn Medikamenten Manfred die letzten Monate abgeblieben ist? Kannst du das Rätsel aufklären?
Medi-Manni ist sehr erfolgreich im Immobiliengeschäft tätig.

Wie sieht es mit dem geplanten Album „Mann unter Feuer“ aus?
Es ist komplett fertig und droppt im Oktober auf allen digitalen Streamingplattformen. In Kürze gibt es die erste Single „Scurr Scurr Ice Ice“ und ich habe insgesamt schon drei Videos dazu abgedreht. Das Album ist wirklich megagut geworden und ich freue mich schon, es endlich veröffentlichen zu können.

Zweimal live in Wien
Live ist Money Boy diese Woche zweimal in der Grellen Forelle in Wien zu sehen. Die Show am 12. Oktober ist bereits restlos ausverkauft, für das zweite Konzert am 14. Oktober gibt es unter www.gloupdinerogang.com noch Karten.

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