Rote Erleichterung

SPÖ will die Kern-Zeit jetzt hinter sich lassen

Österreich
07.10.2018 19:00

Einen Namen vermied die SPÖ bei ihrer gestrigen Präsidiumsklausur auf dem Wiener Kahlenberg so wie der Teufel das Weihwasser - Christian Kern. Die Partei ist außerordentlich bemüht, das Kapitel abzuhaken und nach vorn zu blicken, ganz betont wird Einigkeit demonstriert. Die rote Erleichterung ist regelrecht zu spüren.

„Es ist keine unaufgeregte Zeit, die hinter uns liegt“, so die neue Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, die gleich noch einmal betonte, dass diese Zeit nun eben hinter der Partei liege. Gerade für sie und Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda ist aber die Abgrenzung zu Christian Kern ein schwieriger Spagat, wurden sie doch beide vom ehemaligen Kanzler in die Politik geholt.

Andere Rote tun sich da wesentlich leichter, sie sind erleichtert bis fröhlich. Jetzt könne man wieder nach vorn blicken, endlich kehre wieder Ruhe ein, ist zu hören. Offiziell klang das auf dem Kahlenberg so: „Wir haben ausschließlich über sachliche Themen geredet.“

Volle Konzentration auf soziale Themen
Eines dieser Themen war der Spitzenkandidat für die EU-Wahl - das einstimmige Ergebnis für Andreas Schieder war keine Überraschung. Vor allem die Wiener SPÖ hatte sich für Schieder starkgemacht - um ihn recht weit weg zu wissen. Schieder macht klar, in welche Richtung es gehen soll: „Wer soziale Gerechtigkeit will, wird die SPÖ ankreuzen müssen.“

Allianzen nur mit den Sozialdemokraten
Für den Parteitag, der nun im November stattfindet, kündigte Thomas Drozda drei Schwerpunkte an: Pflege, leistbares Wohnen und eine Facharbeiteroffensive. Von parteiinternen Intrigen, über die Christian Kern bei seinem Abgang gesprochen hatte, wollte niemand etwas wissen.

Auf Distanz zu ihrem Vorgänger ging die neue Parteichefin beim letzten Plan B von Kern - eine parteifreie Allianz für Europa. Man müsse enger zusammenarbeiten, aber außerhalb der Sozialdemokratie sei dies kein Thema, so Rendi-Wagner.

Manche wollten nur schnell weg und zu Rapid
Manche hatten es nach der Sitzung eilig, vom Kahlenberg wegzukommen. Gewerkschaftspräsident Wolfgang Katzian huschte als Erster davon, Ex-Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil und die ehemalige Wiener Stadträtin Renate Brauner wollten so schnell wie möglich zum Rapid-Match.

Kommentar von Claus Pándi: Die besten Wünsche
Christian Kern ist gescheitert, der Spuk hat ein Ende gefunden. Der SPÖ geht es nun wie jemandem, der aus einem Alptraum erwacht. Verwirrt und erschöpft muss man sich wieder in der Wirklichkeit zurechtfinden. Die schaut für die Sozialdemokratie nicht gut aus. Und das ist das eigentlich Verwunderliche daran.

Selten zuvor wäre der Bedarf an den Zielen der SPÖ so groß gewesen wie heute. Nur: Von diesen alten Idealen sind bloß Erinnerungen und hohle Phrasen übriggeblieben. Beispielhaft für die Gesamtsituation der 130 Jahre alten Bewegung steht der aktuelle Zustand der Wiener SPÖ. Nach Jahren dauernder Bösartigkeiten unter den Spitzenfunktionären ist der Kampf um Machtpositionen in der Partei zum Selbstzweck geworden. Da bleibt kaum Energie für die politisch wirklich notwendigen Fragen. Etwa dem runtergekommenen Schulsystem und der für immer mehr Menschen unleistbaren Lage auf dem Wohnungsmarkt.

Von dieser Stelle aus daher die besten Genesungswünsche an die SPÖ. Sie wird nach allem, was war, viel Kraft und Geduld brauchen, um durch schwere Zeiten zu kommen. Aber das Land hätte noch Bedarf an der Partei, wenn sie wieder mehr so wird, wie sie früher einmal war. Wünsche, denen sich Sebastian Kurz anschließen sollte. Nach den jüngsten Vorkommnissen in den Reihen seines Koalitionspartners könnte der Bundeskanzler die SPÖ eher früher als später noch brauchen.

Kronen Zeitung

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