Schauspielhaus Graz:

Lulu als Spielball der Männer

Steiermark
06.10.2018 15:00

Den Reigen von Macht, Gier, Sex und Mord, den schon Frank Wedekind in seiner „Lulu“ ausgereizt hat, treibt die britische Band The Tiger Lillies mit ihrer musikalischen Version auf die Spitze. Regisseur Markus Bothe, Musiker Sandy Lopičić und die Darsteller sorgen im Schauspielhaus für Gänsehaut-Momente.

Die schöne Lulu ist schon als Kind ein Spielball der Männer. Das ändert sich ihr ganzes Leben nicht. In ihrer Glanzzeit wird sie angebetet, in Wahrheit aber ausgenutzt, missbraucht, weggeworfen. Sie hat keine Chance, der ihr zugedachten Rolle zu entkommen - landet als körperliches wie seelisches Wrack auf dem Strich und bei ihrem letzten Freier, Jack the Ripper.

Die für ihre exzentrischen Auftritte bekannten Tiger Lillies haben die Wedekind-Geschichte zu einer Mörderballade verdichtet, die keinen Platz für das Gute, Wahre und Schöne bietet. In mitreißenden Songs werden Abgründe aufgerissen, die Schwärze eines Systems, in der Frauen nur Spielzeug sind, ausgeleuchtet.

Abgründige Atmosphäre
Regisseur Markus Bothe lässt sich nicht zweimal bitten und zeigt diesen makabren, grausamen Totentanz in seiner ganzen Drastik und Brutalität. Vieles ist lächerlich überzeichnet, und doch bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Alexandre Corazzolas aus den Fugen geratener Puppenhaus-Bühnenraum und die schrillen, eindeutigen Kostüme von Justina Klimczyk unterstreichen die abgründige Atmosphäre.

Der musikalische Part ist bei Sandy Lopičić und seinen auch schauspielenden Mannen (Michael Duknych, Raphael Meinhart, Sašenko Prolić) in besten Händen. Und dass im Grazer Ensemble viele stimmgewaltige Schauspieler zu finden sind, wurde auch diesmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Mathias Lodd als großkotziger Shunning, Clemens Maria Riegler als sein frühreifer Sohn Alwa, Rudi Widerhofer als sabbernder Dr. Goll und allen voran Andri Schenardi als playboyhafter Schwarz arbeiten sich an Lulu ab. Der fast stummen Rolle verleiht Julia Franz Richter große Bühnenpräsenz, zum Schluss auch eine in mehrfacher Hinsicht Wahnsinns-Stimme. Als dämonischer Shig glänzt zudem stimmlich wie darstellerisch Jörg Thieme.

Diese knackig kurze „Lulu“ ist nichts für schwache Nerven, aber unbedingt sehenswert

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