„Aus Habgier getötet“

Winkt nun Strafmilderung nach Estis Buch-Beichte?

Österreich
23.09.2018 06:02

In einem Buch behauptet Estibaliz Carranza nun, aus Habgier getötet zu haben: „Und nicht, weil ich psychisch krank bin.“ Durch ihr neues Geständnis erhofft sich die Doppelmörderin eine Aufrollung ihres Falls.

Das neue Buch über Estibaliz Carranzas Seelenleben überrascht, irritiert und es sorgt auch bei der Justiz für Aufregung. In „Zelle 14“ - benannt nach der Nummer ihres Haftraums im Forensischen Zentrum Asten (Oberösterreich) - spricht die Doppelmörderin von ihrer Liebe zu einem Häftling, von ihrem Wunsch, ihn zu heiraten. Und sie macht ein spätes Geständnis. Die 40-Jährige behauptet nun, ihre Opfer aus Habgier getötet zu haben: „Dass sie starben, war für mich die beste Lösung.“

Bei beiden Männern hatte sie hohe Schulden: „Die Bezahlung hätte mich meinen Eissalon gekostet.“ Ein Faktum, das den Ermittlern immer bekannt gewesen ist. Doch Esti hatte stets ein finanzielles Tatmotiv bestritten. Sie bezeichnete Holger H. und Manfred H. als „Despoten“, sie sprach von einem „bösen Teil“ in ihr, „der mit jeder Demütigung, die ich durch die zwei erfuhr, stärker wurde und letztlich die absolute Kontrolle über mich übernahm. Wodurch ich zum Töten fähig wurde.“

„Ich wollte nicht eine eiskalte Killerin sein“
Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner attestierte ihr einst eine schwere Persönlichkeitsstörung, bei ihrem Prozess 2012 bekam Carranza lebenslang - plus Auflage. Was bedeutet: In der Haft muss sie umfangreich therapiert werden. Erst wenn Experten sie als „geheilt“ einstufen, könnte sie - irgendwann - freikommen.

Damit wurde über sie die in Österreich härtestmögliche Strafe verhängt. Aber jetzt will die Spanierin nicht mehr seelisch krank sein: „Ich erzählte lange Zeit hindurch Unsinn über mich. Weil ich nicht als eiskalte Killerin dastehen wollte, verschwieg ich, dass ich bloß wegen Geld - und ein bisschen auch aus Rachlust - gemordet habe.“ Ein Bekenntnis, das sie - so ihre Hoffnung - „bald aus dem Psycho-Knast bringen wird“. Kürzlich hat Esti Anwältin Astrid Wagner bevollmächtig, bei der Justiz einen Antrag auf Aufhebung des Maßnahmevollzugs zu stellen - also ihr Mord-Verfahren aufzurollen: „Frau Carranza wirkt auf mich geordnet und klar denkend.“

Restriktionen wegen Liebe zu Häftling
Ein bislang nicht mit dem Fall betrauter Sachverständiger soll die 40-Jährige demnächst abermals durchleuchten. Wagner: „Kommt er zu dem Schluss, dass sie an keiner tiefergehenden Störung leidet, könnte eine Verlegung in ein Gefängnis in ihrer Heimat erfolgen. Und wie eine ,ganz normale Lebenslange’ dürfte sie nach 15 Jahren Haft ein Ansuchen auf Entlassung stellen.“

Pläne, deren Verwirklichung ungewiss scheint. Mehrere Psychiater erklären: „Ein Habsucht-Motiv schließt eine seelische Abartigkeit nicht aus.“ Ob Carranza ihre Buch-Beichte nützen wird, ist demnach zu bezweifeln. Vorerst brachte sie ihr bloß Probleme. Seit Auffliegen ihrer Liebschaft sind Langzeitvisiten mit ihrem kleinen Sohn untersagt, sie hat keine Einzelzelle mehr, wird rund um die Uhr überwacht. Und ihre Eltern und ihr Bruder zeigen sich über ihre Beziehung zu einem Häftling wenig erfreut, die Familie droht ihr deswegen sogar mit Kontaktabbruch. „Von ihrem Buben vollends getrennt zu werden“, sagt Wagner, „würde für meine Klientin eine Katastrophe bedeuten.“ Die bereits angekündigte Hochzeit wurde jedenfalls mittlerweile verschoben. Auf unbestimmte Zeit.

Das sagen die Ex-Partner und ihr neuer Verlobter
Großhandelskaufmann Roland R. und die Eissalonbesitzerin waren erst seit einem halben Jahr ein Paar, sie im dritten Monat von ihm schwanger - als 2011 die Taten der Spanierin aufflogen und sie verhaftet wurde. R. stand dennoch zu ihr, heiratete sie im Gefängnis, verteidigte sie, bezeichnete sie als „Traumfrau“. Seine Meinung hat sich mittlerweile geändert. „Esti ist eiskalt und berechnend“, sagt er jetzt. Und: „Ich ließ mich von ihr täuschen, glaubte ihren Beteuerungen, ihre zwei Ex-Partner hätten sie extrem schlecht behandelt und dass ihre Verbrechen im Affekt geschehen wären.“ Nachsatz: „Doch ich wusste immer: Sie ist nicht psychisch krank.“ Seit Sommer 2015 habe er „ihre Härte zu spüren bekommen. Sie hatte das Interesse an mir verloren, weil ich ihr nicht mehr nützlich war, und verhielt sich plötzlich kühl und abweisend zu mir.“

Ebenso erging es einem 49-jährigen Wiener, der die Doppelmörderin - nach Beendigung der Beziehung mit Roland R. - beinahe zwei Jahre hindurch im Gefängnis besuchte, mit dem sie verlobt war. Anfang 2018 berichtete er in einem „Krone“-Interview über ihre „besondere Warmherzigkeit“. Obwohl sie da bereits mit ihm Schluss gemacht hatte. Wie er damals noch nicht ahnen konnte - wegen eines neuen Mannes an ihrer Seite.

„Sie ist der beste Mensch“
Martin L. ist Mithäftling in Asten. Der wegen Gewalt- und Branddelikten Verurteilte träumt jetzt von einer Hochzeit mit Esti: „Sie ist der beste Mensch, den ich in meinem ganzen Leben kennengelernt habe.“

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