Wegen jüdischem Namen

Von AfD bloßgestellt: Morddrohung gegen Satiriker

Ausland
18.09.2018 12:48

Die Unruhen im deutschen Chemnitz schlagen weiter hohe Wellen. Ein deutscher Satiriker mit jüdischem Namen bekam nun Morddrohungen, nachdem ein AfD-Politiker vor seiner Wohnung auftauchte und einen Clip mit dem Adressschild ins Netz stellte. Auslöser dafür war ein satirisches Video über die Vorkommnisse in Chemnitz.

„Ein Hauch von 33 - und plötzlich stehen sie vor deiner Tür“, schreibt Christian Brandes in seinem Blog. Brandes ist Autor und Darsteller der Online-Comedy-Show „Bohemian Browser Ballett“ und nennt sich selbst und seinen Blog „Schlecky Silberstein“. Der Name geht auf einen Mann im Warschauer Ghetto zurück, von dem ihm seine Großmutter erzählt hat.

„Wir sind wieder so weit, liebe Freunde“
Nachdem der Berliner AfD-Politiker Frank-Christian Hansel vor der Tür seines Kollegen stand und dessen Adressschild abfilmte, fühlt sich Brandes an die Zeit der Nazi-Diktatur zurückerinnert. „Wenn Politiker bei Künstlern auftauchen, um ihnen zu zeigen ,Wir wissen, wo du wohnst‘, dann sind wir wieder so weit, liebe Freunde.“

Auslöser für das Vorgehen von Hansel war ein satirisches Video über die Vorkommnisse in Chemnitz. Das „Bohemian Browser Ballett“ macht sich darin sowohl über die rechten als auch die linken Demonstranten lustig.

„Bemerkenswert vielen Menschen mussten wir die Kunstfreiheit erklären“
Gedreht wurde das Video am 7. September in Berlin, wie Brandes erklärt. Dabei hätten sich schnell Anrainer versammelt, „die den Verdacht schöpften, wir wollten eine gefakte Nazi-Demo in Berlin inszenieren“. Geduldig habe man den Anrainern erklärt, was hier gemacht wird. „Bemerkenswert vielen Menschen mussten wir auch die Kunstfreiheit erklären.“

Dieses Video war der Stein des Anstoßes:

Nur kurze Zeit später erhob die rechtspopulistische Alternative für Deutschland auf Facebook den Vorwurf von „gestellten Jagdszenen“ und einem „Fake-Video“, das die „AfD diskreditieren“ solle. Mit dabei auch ein Video, das einen „gefälschten AfD-Infostand“ zeigen soll. Dieser Infostand war Teil des Sets vom „Bohemian Browser Ballett“. Brandes versichert in seinem Blogeintrag, dass man „das komplette Set mit entsprechenden Hinweisen zugekleistert“ habe.

„Ihr Juden seid ein Geschwür“
Aufgebrachte AfD-Anhänger forderten unter dem Post, dass man die Menschen in dem Video identifizieren müsse. Und genau das machte Frank-Christian Hansel: Er fand Name und Anschrift von Brandes‘ Kollegen heraus und filmte dessen Adressschild vor der Wohnung ab.

Auch dieses Video stammt vom „Bohemian Browser Ballett“:

Weil sein Kollege einen jüdischen Namen habe, griff „bei Teilen der AfD-Klientel der alte Vernichtungs-Reflex“, schreibt der Blogger. Am 16. September ging schließlich eine Morddrohung „aus dem Antisemitismus-Baukasten“ ein. Brandes veröffentlichte einen Screenshot der Drohung. Darin heißt es unter anderem, dass Juden „ein Geschwür“ seien. „Euch muss man ermorden!“ Zwei Zeilen weiter wird angekündigt, dass man das auch „eines Tages“ machen werde.

„Ohne die Initiative von Bundes- und Berlin-AfD“ wäre ihm und seinem Kollegen die Morddrohung erspart geblieben, ist sich Brandes sicher.

„Danke, Maaßen“
Der Blogger übt auch Kritik am umstrittenen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Brandes stellt fest, dass einige schon immer beweisen wollten, „dass Videos wie Hetzjagden in Chemnitz von Linken und Systemmedien inszeniert werden“. Und: „Wenn der Chef des Verfassungsschutzes genau dieses Narrativ in genau dieser Woche stützt, dann geht der Plan perfekt auf. Danke, Maaßen.“

Thomas Zeitelberger
Thomas Zeitelberger
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