Schwere Vorwürfe

Ex-Vatikan-Diplomat fordert Rücktritt des Papstes

Ausland
26.08.2018 15:33

Papst Franziskus muss sich während seines zweitägigen Irland-Besuchs nicht nur mit den schweren Missbrauchsfällen im einst katholischsten Land der Welt beschäftigen, nun ist der Argentinier von einem ehemaligen hochrangigen Vertreter des Vatikan offen zum Rücktritt aufgefordert worden. Der Ex-Nuntius (Botschafter) in Washington, Carlo Maria Vigano, erhebt in einer elfseitigen Stellungnahme zum ehemaligen Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick, dem sexueller Missbrauch Jugendlicher und sexuelle Kontakte zu Priesteranwärtern vorgeworfen werden, schwere Vorwürfe gegen Franziskus. So habe dieser Strafen gegen McCarrick, die von Vorgänger Benedikt XVI. verhängt worden waren, de facto aufgehoben.

Der 77-jährige Vigano erklärt in dem Schreiben, das am Sonntag auf der Nachrichtenseite „LifeSiteNews“ veröffentlicht wurde, dass er die Verfehlungen McCarricks bereits in den Jahren 2006 und auch 2008 aus den USA an seine Vorgesetzten im Vatikan weitergeleitet habe. Reaktionen seien aber ausgeblieben. Erst später habe er von der Bestrafung durch Franziskus‘ Vorgänger erfahren. So habe dieser den damaligen Erzbischof aufgefordert, das Seminar zu verlassen, in dem er lebte. Zudem sei ihm verboten worden, öffentliche Messen zu feiern, Vorträge zu halten oder Reisen zu unternehmen. Stattdessen sei McCarrick ein Leben in Gebet und Buße aufgetragen worden.

Beschuldigter wurde wichtiger Berater des Papstes
Auch Franziskus habe von diesen Sanktionen gewusst - und zwar von Vigano persönlich. Trotzdem habe der Papst McCarrick zu seinem engsten Berater für die Beziehungen zur US-Regierung gemacht. Erst als die Missbrauchsvorwürfe im Juni dieses Jahres öffentlich gemacht wurden, verfügte Franziskus ähnliche Strafen. Zudem sei auch der Kardinalstitel aberkannt worden.

Vigano beendet sein Schreiben mit der Rücktrittsaufforderung an das Kirchenoberhaupt. Er solle „mit gutem Beispiel vorangehen, seine Fehler anerkennen“ und „gemeinsam mit den Kardinälen und Bischöfen, die McCarricks Missbrauch vertuscht haben“, zurücktreten“. Die Echtheit der Stellungnahme sowie deren Wahrheitsgehalt ist bislang nicht bestätigt worden.

Franziskus bittet Gott um Vergebung
Daher ist auch unklar, ob sich Franziskus dazu äußern wird. Sehr viele und klare Worte fand der Pontifex zu den Missbrauchsskandalen in Irland, wo er am Samstag Opfer auch persönlich traf. Franziskus sprach in einer Rede auf Schloss Dublin von einem „schweren Skandal“, der durch Mitglieder der Kirche verursacht worden sei, „die beauftragt waren, Minderjährige zu schützen und zu erziehen“. Am Sonntag bat Franziskus während eines Besuchs im Marienwallfahrtsort Knock im Westen der Grünen Insel Gott um Vergebung. „Ich bitte den Herrn inständig um Vergebung für diese Sünden, für den Skandal und Verrat, den so viele in der Familie Gottes empfinden“, sagte der Papst.

Vertrauen in Kirche durch Missbrauch schwer erschüttert
Irland, das einst als katholischstes Land der Welt galt, wurde in der Vergangenheit von massivem Missbrauch an Kindern und Frauen durch Priester und Ordensschwestern erschüttert. Untersuchungsberichte hatten die jahrzehntelangen Missstände in Irland dokumentiert, demnach gab es tausendfachen Missbrauch ebenso wie die systematische Vertuschung der Straftaten. Seit 2002 haben mehr als 14.500 Menschen Entschädigung beantragt.

Die Missbrauchsaffären haben der einstmals mächtigen katholischen Kirche in Irland einen dramatischen Vertrauensverlust eingetragen. Deshalb fordern viele Gläubige, dass auf die Worte des Papstes auch konkrete Schritte folgen, um weiteren Missbrauch zu verhindern und die Täter und ihre Beschützer zur Verantwortung zu ziehen.

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