IS-Sex-Sklavin:

„Deutschland schützt meinen grausamen Peiniger“

Ausland
21.08.2018 07:09

Jene junge Syrerin, die in Deutschland ihren früheren Peiniger wiedergetroffen haben soll, hat eine mangelnde Zusammenarbeit mit den Ermittlern beklagt. Die deutschen Behörden hätten sie zuletzt nicht kontaktiert, obwohl sie im Nordirak erreichbar sei, klagt die 19-jährige Aschwak. „Warum rufen die mich nicht an? Warum schützt Deutschland meinen grausamen Peiniger?“, fragt sich die Jesidin, die 2014 von der Terrormiliz IS verschleppt wurde und sich aus der Gefangenschaft befreien konnte.

Wie berichtet, kam die Jesidin Aschwak Hadschi Hamid Talo nach Deutschland, um den Mann zu vergessen, der sie einst für 100 Dollar (rund 90 Euro) auf einem Sklavenmarkt im irakischen Mossul gekauft hatte. Doch ausgerechnet im Bundesland Baden-Württemberg will sie ihren Peiniger, der den Namen Abu Humam tragen soll, wiedergetroffen haben. Sie floh zurück in den Irak und fühlt sich nun von den deutschen Behörden nicht ernst genommen. „Niemand hört mich, niemand glaubt mir“, klagt sie im Interview mit der „Bild“-Zeitung, die die 19-Jährige in einem Flüchtlingscamp im Nordirak traf.

„Ich würde ihn an jedem Ort der Welt sofort wiedererkennen“
Sie habe eineinhalb Monate gewartet, dass etwas passiert, aber die Polizei habe sich nicht gemeldet. „Ich hatte Angst, dass ich von meinem Peiniger wieder entführt werde“, so die Syrerin. Sie hoffe noch immer, dass er gefasst werde. „Ich würde mir wünschen, dass die deutsche Polizei in den Irak kommt, sie können mich hier so lange vernehmen, wie sie es für nötig halten. Aber nach Deutschland komme ich erst dann zurück, wenn er gefasst ist.“ Sie würde ihren Peiniger „an jedem Ort der Welt sofort wiedererkennen“. Sein Gesicht und seine Stimme könne sie nicht vergessen. Sofort seien die Erinnerungen wiedergekommen, wie er sie geschlagen und missbraucht habe.

„Denkt wirklich jemand, dass ich einfach so Deutschland verlassen hätte?“
Dass ihre Darstellungen für die Behörden nicht glaubhaft genug sein könnten, weist sie entschieden zurück. „Denkt wirklich jemand, dass ich einfach so Deutschland verlassen hätte, wenn ich mir nicht absolut sicher wäre? Glaubt ihr, ich hätte mein Leben aufgegeben, um wieder in einem Zelt zu schlafen?“ Sie wolle den Behörden weiter helfen, nachdem sie in Deutschland bereits ein Phantombild mit der Polizei angefertigt hatte. Schließlich sei ihre Geschichte kein Einzelfall, behauptet Aschwak.

„Er hat mich monatelang missbraucht“
Es war der 3. August 2014, als der Schrecken für sie begann. Die Dschihadisten des Islamischen Staates fielen in ihr Dorf in der Region Sindschar im Nordirak ein. Die Männer der Jesiden, einer ethnisch-religiösen Minderheit, wurden in den Folgetagen zu Tausenden getötet. Die Extremisten nahmen Aschwak - damals 15 Jahre alt - sowie ihre Schwestern und Cousinen mit. Ein IS-Kämpfer, der sich Abu Humam nannte, kaufte sie. „Für ihn war ich seine Frau. Er hat mich geschlagen, jeden Tag. Ich musste putzen und aufräumen“, erzählt Aschwak. Monatelang habe sie der Mann, der sie als sein Eigentum betrachtete, missbraucht.

Eines Nachts schaffte es Aschwak zu fliehen. 2015 kam die erlösende Nachricht aus Deutschland: Aschwak durfte als Flüchtling nach Baden-Württemberg. Sie lebte fortan mit ihrer Mutter und ihren Brüdern in Schwäbisch Gmünd. „Zuerst war alles gut“, sagt sie. Bis sie sich eines Tages verfolgt fühlte. „Er war hinter mir, ist hinter mir gegangen, hat aber nichts gesagt. Und ich habe auch nichts gesagt.“ Aschwak hatte einen schrecklichen Verdacht, aber ihre Mutter beruhigte: „Mach dir keine Sorgen, es gibt in Deutschland keine solchen Menschen.“

„Ich will nicht mehr nach Deutschland gehen, ich habe zu viel Angst“
Im Februar dann sah sie den Mann eigenen Angaben zufolge in Schwäbisch Gmünd wieder - und erkannte ihn als ihren Peiniger Abu Humam. „Er hat vor mir gestanden und gesagt: ,Du bist Aschwak!‘“ Sie habe erwidert, sie kenne niemanden, der so heiße. Daraufhin habe er seine Brille von der Nase genommen, sie gemustert und nur gesagt: „Du musst nicht lügen.“ Er wisse alles über sie und ihr Leben in Deutschland. Aschwak lief weg.

Die Diskussion um den Fall wird in Deutschland auch ohne die 19-Jährige weitergehen. Sie sei den Deutschen unglaublich dankbar für alles, werde aber in den Kurdengebieten im Nordirak weiterleben, um Abu Humam nicht mehr begegnen zu müssen, sagt sie. „Ich will nicht mehr nach Deutschland gehen, ich habe zu viel Angst.“

Behörde: „Unsere Hoheitsbefugnisse enden an der deutschen Grenze“
Seit Juni ist die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit dem Fall befasst. Sie betonte, sie nehme die Schilderungen „sehr ernst“. Doch eine Befragung scheiterte bisher, weil die 19-Jährige nicht in Deutschland sei. „Unsere Hoheitsbefugnisse enden an der deutschen Grenze“, sagte Sprecherin Frauke Köhler der Deutschen Presse-Agentur. „Wir können nicht ins Ausland fliegen und da Zeugenbefragungen machen.“ Auch das Landeskriminalamt in Baden-Württemberg hatte mitgeteilt, die Ermittlungen könnten nicht fortgeführt werden, da die Zeugin „aktuell nicht erreichbar ist“.

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