Album „Double Purpose“

Me+Marie: Magische Momente beim Staubsaugen

Musik
13.08.2018 12:56

Wenn in München der Proberaum abgerissen wird, muss man sich als Band umorientieren. So ist es dem Duo Me+Marie gegangen, als es sich an die Arbeit für das zweite Album machte. „Wir standen obdachlos in der Weltgeschichte rum“, kann Gitarrist Roland Scandella mittlerweile über die Situation lachen. Ein Häuschen in Südtirol war die Rettung für das, was nun als „Double Purpose“ erscheint.

(Bild: kmm)

Dort feilten Scandella und Schlagzeugerin Maria de Val, die sich den Gesang erneut teilen, vergangenen Herbst an jenen elf Stücken, die die hohe Latte des Vorgängers „One Eyed Love“ mit Lockerheit nehmen. Mal geht es bluesig zur Sache, dann packen die Musiker ihr feines Gespür für Melodien aus oder verstehen es im nächsten Moment, straight nach vorne zu rocken. Das Selbstverständnis sei durch die vielen Konzerte natürlich ein anderes gewesen, „wir hatten ein anderes Standing“, betont Scandella im APA-Interview. „Aber grundsätzlich ist jedes Album immer ein Neuanfang.“

Mit Gelassenheit
So auch „Double Purpose“: Statt Münchner Hektik gab also Südtiroler Gelassenheit den Ton an. Da können Ideen auch mal „am Frühstückstisch“ entstehen, lacht der Gitarrist. „Sie kommen oft schnell und in ganz komischen Situationen, man hat wenig Zeit.“ Ein Beispiel dafür sei etwa „Still Water“ mit seiner einnehmenden Struktur und dem melancholischen Charakter. „Maria war am Staubsaugen, und ich habe mit ein paar Effektgeräten gespielt. Plötzlich höre ich, dass sie nicht mehr staubsaugt, und dann steht sie vor mir. ‘Spiel das noch mal‘ - und schon ging es los. Das sind die magischen Momente, die man einfangen muss.“

„Die Rollen sind sonst aber nicht so verteilt“, versucht Scandella im Anschluss das Staubsaug-Klischee zu entkräften. „Er putzt besser“, unterstützt ihn dabei seine herzhaft lachende Kollegin. Ohnehin sind Me+Marie alles andere als berechenbar wenn es darum geht, wer hier wofür zuständig ist. Der Kreativprozess sei mittlerweile jedenfalls schneller als früher. „Ob man einen Song gut findet oder nicht, dieser Schalter wird früher umgelegt als beim ersten Album“, sinniert de Val. „Wenn mal dieser Druck vorbei ist, man die ersten Krisen durchgemacht hat und sich wieder entspannt, dann geht es schnell. Nimmt man alles zu ernst, ist es oft schwierig, kreativ zu sein. Aber das gehört auch dazu. Oft bist du genau nach solchen Momenten am kreativsten.“

Zweideutigkeit der Dinge
Auch dazu können die beiden etwas erzählen. „‘The Only Ones‘ war wohl der Tiefpunkt der Produktion“, erinnert sich Scandella. „Da wollten wir uns auflösen und die ganze Welt anzünden. Man muss da durch, wie im Leben, obwohl es in diesem Moment keinen Sinn macht. Aber du kannst dem Ganzen nicht ausweichen.“ De Val, die auch als Teil des Südtiroler Trios Ganes bekannt ist, ergänzt: „Man muss es sogar betonen und dem Raum geben.“ In diese Richtung könne auch der Albumtitel, der doppelte Zweck, gedeutet werden. „Alles ist zu etwas gut“, so Scandella. „Die Zweideutigkeit der Dinge war definitiv ein Thema für uns.“

Und so bastelt, arbeitet und werkt man, bis der große Moment ansteht: „Dann kommt die Wahrheit, und du drückst auf Play“, erklärt Scandella die Situation, wenn mit ein bisschen Abstand das Geschaffene einer neuerlichen Prüfung unterzogen wird. „Da merkst du schnell, ob etwas passt oder nicht.“ Nur das eben zwei Köpfe zu entscheiden haben. „Wir spielen ja nicht Tennis gegeneinander, sondern ein Doppel“, bemüht der Gitarrist einen sportlichen Vergleich. „Diese Zusammenarbeit und das Verknüpfen von guten Ideen, darum geht es.“

Zusammengerauft
Deshalb müsse man aber nicht immer sofort auf derselben Wellenlänge sein. „Etwa bei ‘Another Place To Go‘: Eines morgens kommt Maria mit dieser Gitarrenidee daher, völlig begeistert. Und ich dachte nur: Ey, lass‘ mich in Ruhe. Ich will nur Kaffee trinken“, amüsiert sich Scandella über die Entstehung der ersten Single. „Ich hab den Scheißsong einfach nicht verstanden, sondern mich nur aufgeregt. Ich bin ein launischer Vogel. Aber dann hat sie es aufgenommen, wie sie es gehört hat, und wir haben begonnen, daran zu arbeiten. Jetzt lieb‘ ich den Song!“

Den letzten Schliff hat schließlich Produzent Kurt Ebelhäuser dem Album verpasst. „Es ist oft schwierig, die richtigen Leute zu finden“, so de Val. „Man kann nicht immer alles erklären, oft ist es eher ein Gefühl. Wir hören ja immer, dass wir uns nichts sagen lassen und nichts zulassen. Aber das stimmt eigentlich überhaupt nicht.“ Input von außen sei vielmehr „total willkommen - wenn es funktioniert. Mit Kurt war das definitiv der Fall.“ Eine kleine Keyboardfigur hier, ein Streichersatz dort: Es sind schöne Details, die Ebelhäuser den Songs angedeihen ließ, die den Sound letztlich noch eine Spur größer und vielseitiger gestalten.

Auf Österreichtour
Und so lebt „Double Purpose“ von einer Zweideutigkeit auf vielen Ebenen, die sich in unterschiedlichsten Facetten einer äußerst gelungen Platte ausdrückt - und sich sogar im Bandnamen spiegelt. „Jetzt wissen wir, warum wir das Plus ausgewählt haben“, lacht de Val. „Nach drei Jahren macht es plötzlich Sinn. Ursprünglich war es ja nur eine optische Entscheidung, aber jetzt gibt es auch eine inhaltliche Entsprechung.“ Im Herbst gibt es auch ein kräftiges Plus für die Tourstatistik von Me+Marie: Die Konzertreise führt Scandella und de Val u.a. am 22. Oktober nach Wien, am 2. November nach Linz und am 6. sowie 8. Dezember nach Hard bzw. Salzburg.

APA/Christoph Griessner

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