Frau brach zusammen

Drei Tage allein neben verstorbenem Gatten

Salzburg
09.08.2018 07:00

Unvorstellbar, was eine betagte Salzburgerin (83) durchmachen musste: Nach dem Herzinfarkt-Tod ihres Gatten harrte sie drei Tage neben seinem Leichnam aus. Allein, ohne Hilfe. Sie brach zusammen, wollte sich das Leben nehmen. Wie es dazu kam? Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände und fataler Entscheidungen.

54 Jahre lang war das Salzburger Paar verheiratet. Bis zu jener Nacht des 7. Februar, als das Herz des Mannes (88) aufhörte zu schlagen. Seine Frau rief die Rettung, Sanitäter und Notarzt eilten zum Einfamilienhaus, trugen den Mann ins Rettungsauto und begannen, ihn wiederzubeleben. Vergeblich. Der Pensionist starb. Den leblosen Körper brachten die Rettungskräfte wieder ins Haus und legten ihn dort auf die Couch.

Der Sprengelarzt wurde für die Totenbeschau verständigt, die Einsatzkräfte fuhren wieder weg. Zurück blieb die trauernde Gattin. Doch der Arzt kam nicht.

Mehrmalige Kontaktversuche
Wie aus den Ermittlungen hervorgeht, versuchte der Mediziner es allerdings, rief mehrmals die Frau auf ihrem Festnetztelefon und ihrem Handy an, klingelte an der Tür. Doch sie reagierte nicht, sie konnte nicht. Weil die Pensionistin zusammengebrochen war: Sie lag am Boden, konnte weder gehen noch stehen und aß tagelang nichts, schilderte Anwalt Stefan Rieder (Weißer Ring) das Horror-Erlebnis seiner Mandantin. Hilferufe blieben unerhört.

Am zweiten Tag war die Seniorin psychisch derart am Ende, dass sie zu einer Schublade kroch und mit Rasierklingen ihr Leben beenden wollte. Sie überlebte, weil die alten Klingen stumpf waren. Etliche Stunden später kam die Polizei. Die hatte der Sprengelarzt alarmiert, nachdem ihm gegenüber Sorgen über den Verbleib der Frau geäußert wurden. Die Beamten schlugen die Fensterscheibe ein und brachten die Frau ins Spital. Diagnose: akute Belastungsreaktion mit suizidaler Krise. Im Krankenhaus blieb sie bis Anfang April. In ihr Haus kehrte sie aber bis heute nicht mehr zurück, lebt nun in einem Seniorenheim, so Rieder: „Sie ist nach wie vor körperlich und seelisch geschwächt.“

Ermittlungen eingestellt
Gegen die drei Sanitäter, den Notarzt und den Sprengelarzt wurden Ermittlungen wegen unterlassener Hilfeleistung eingeleitet - gegen Letztgenannten auch wegen Amtsmissbrauchs. Wie der Anwalt informiert, wurden diese bereits eingestellt.

Doch wieso war niemand für die Trauernde da?

Notarzt: „Angehörige können sich kümmern“
So haben die Sanitäter, wie Rieder erzählt, durchaus beim Notarzt nach einem Einsatz des Kriseninterventionsteams angefragt. Der lehnte ab, mit Verweis auf Angehörige, die sich um die 83-Jährige kümmern könnten. Gegenüber Beamten meinte der Mediziner auch, dass sie auf den Todesfall „situationsadäquat“ reagiert habe. Dabei hatte sie eigentlich niemanden, so Rieder: „Zu ihren Angehörigen hat sie einerseits keinen Kontakt, andererseits wohnen die auch viel zu weit weg.“ Der Sprengelarzt dagegen glaubte, dass der Tote bereits von einem Bestatter abgeholt wurde.

Möglicherweise kann dieser Einzelfall noch nicht ad acta gelegt werden: „Ich erwäge einen Fortführungsantrag“, kündigt der Jurist an.

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