Forscher warnen:

Klimasystem könnte in eine „Heißzeit“ kippen

Wissenschaft
06.08.2018 22:07

Geht es nach Klimaforschern, dann kann die Gefahr einer „Heißzeit“ selbst beim Einhalten des Pariser-Klimaabkommens nicht ausgeschlossen werden. Dabei würde sich die Erde langfristig um etwa vier bis fünf Grad Celsius erwärmen und der Meeresspiegel um zehn bis 60 Meter ansteigen, schreibt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Ein internationales Team von Wissenschaftlern blickt dabei insbesondere auf Kippelemente im Klimasystem. Dazu gehören laut Studie etwa die auftauenden Permafrostböden in Russland, die sich erwärmenden Methanhydrate auf dem Meeresboden und die großen Ökosysteme wie der Amazonas-Regenwald. Sie könnten sich wie eine Reihe von Dominosteinen verhalten.

Mensch hat bereits empfindliche Spuren hinterlassen
„Der Mensch hat als geologische Kraft bereits seine Spuren im Erdsystem hinterlassen“, sagte Mitautor und PIK-Gründungsdirektor Hans Joachim Schellnhuber. „Werden dadurch empfindliche Elemente des Erdsystems gekippt, könnte sich die Erwärmung durch Rückkoppelungseffekte selbst weiter verstärken. Das Ergebnis wäre eine Welt, die anders ist, als alles, was wir kennen“, ergänzte er. „Die Forschung muss sich daranmachen, dieses Risiko schnellstmöglich besser abzuschätzen.“

Nach Angaben der Autoren könnte es schwieriger werden als bisher angenommen, die globale Erwärmung wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart zwischen 1,5 und unter zwei Grad Celsius zu stoppen. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass das Erdsystem bei zwei Grad langfristig sicher „geparkt“ werden könne, sagte Schellnhuber.

Derzeit ist die Erde im Durchschnitt bereits gut ein Grad wärmer als noch vor Beginn der Industrialisierung. Selbst bei vorläufiger Begrenzung der menschengemachten Erderwärmung auf maximal zwei Grad könnten kritische Prozesse im Klimasystem angestoßen werden, die eine noch stärkere Erwärmung - auch ohne weiteres menschliches Zutun - bewirken, erläuterte Erstautor Will Steffen von der Australian National University (ANU) und dem Stockholm Resilience Centre (SRC). Nach PIK-Angaben könnte das bedeuten, dass sich der Klimawandel dann selbst verstärkt - „auf lange Sicht, über Jahrhunderte und vielleicht Jahrtausende“.

Kippelemente im Erdsystem seien mit schweren Felsbrocken am Strand vergleichbar, erläuterte Schellnhuber. Würden diese langsam, aber unaufhörlich unterspült, könnte irgendwann schon die Landung einer Fliege an einer neuralgischen Stelle ausreichen, um die Brocken kippen zu lassen. „Wir weisen in unserem Artikel darauf hin, dass es im planetarischen System bereits derart unterspülte Felsbrocken gibt, die wir als Kippelemente bezeichnen. Ist die Erderwärmung weit genug fortgeschritten, reicht vielleicht schon eine kleine Veränderung aus, um diese Elemente in einen ganz anderen Zustand zu stoßen.“

Kipppunkte in Westantarktis schon überschritten
In Teilen der Westantarktis seien bereits einige Kipppunkte überschritten worden. „Der Verlust des Eises in einigen Regionen könnte dort schon ein weiteres, noch umfangreicheres Abschmelzen über lange Zeiträume vorprogrammiert haben“, sagte Schellnhuber. Und der Kollaps des grönländischen Eisschildes könnte bereits bei einer Temperaturerhöhung um zwei Grad einsetzen. „Die roten Linien für einige der Kippelemente liegen wohl genau im Pariser Korridor zwischen 1,5 und zwei Grad Erwärmung.“

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