Einfach nachrechnen

Nagl über Österreicher: „Wir reduzieren uns“

Steiermark
07.08.2018 06:30

Der Grazer VP-Bürgermeister Siegfried Nagl über zu wenig österreichische Kinder, Moscheen, die er nicht einfach schließen könne, Probleme bei der Integration, die Opposition, die mit Falschinformationen Projekte immer nur verhindern wolle und seinen Wunsch nach mehr Zuversicht.  Der zweite Teil des großen Interviews von Gerald Richter und Oliver Pokorny.

Krone“: Herr Bürgermeister, Kritiker sagen, sie seien ein Visionär, es hapere aber allzu oft an der Umsetzung.
Bürgermeister Siegfried Nagl: Der Titel Visionär ist doch schön. Sehr viele Politiker sind total visionslos. Dass manches in der Politik nicht gelingt, wie bei Olympia, ist klar, denn es braucht immer Mehrheiten. Die Projekte, die ich angekündigt habe, werden umgesetzt. Das wird dann auch kritisiert, dann heißt es, der Nagl sei ein Drüberfahrer.

Schon sind wir bei der Neugestaltung des Murufers. Grüne und Kommunisten meinen, sie seien ein Drüberfahrer und Zubetonierer, weil sie die Grazer nicht im Vorfeld eingebunden hätten.
Wir haben dazu aufgerufen, Ideen zu liefern. Wir haben die besten Landschaftsplaner eingesetzt, die haben im Vorfeld  Interviews im Augarten gemacht, um zu erfahren, was die Menschen wollen. 70 Prozent der Grazer sind begeistert, dass wir den Lebensraum Mur angehen. Der Augarten wird erweitert, aber die Gegner behaupten das genaue Gegenteil, verbreiten bewusst Falschinformationen.

Grüne und Kommunisten machen immer wieder Unterschriftenaktionen, wollen die Grazer mehr einbinden. Warum stört Sie das so?
Was die Opposition in Graz macht, ist, auf Vorschläge von Schwarz-Blau aufzuspringen, zu schauen, dass sie durch Fehlinformation zu Unterschriften kommen, um Projekte zu verzögern oder zu verhindern.

Zurück zu den Visionen: Wann fährt in Graz die erste U-Bahn, wann die Seilbahn?
Die erste Seilbahn wird über den Plabutsch nach Thal führen.  Wir sind da schon sehr weit. Als dynamisch wachsender Ballungsraum, mit so viel Jugend, müssen wir uns um den Freizeitbereich kümmern.

Wir meinten die Stadtseilbahn und die U-Bahn.
Das sind Projekte, die andere gerne absagen würden, ich nicht. Es macht Sinn, eine Nord-Süd-Achse per Seilbahn und eine Ost-West-Achse im Untergrund zustande zu bringen. Wir werden das professionell weiterverfolgen. Verkehrsminister Norbert Hofer freut sich über innovative Ideen.

Gibt es einen Zeitplan?
Die Straßenbahnprojekte sind klar, werden jetzt Schritt für Schritt gebaut. Gondel und U-Bahn können wir in der aktuellen Periode bis 2022 nicht umsetzen, aber wir können die Grundlagen dafür schaffen. Wenn alles gut läuft, reden wir von einem Umsetzungshorizont von fünf bis sieben Jahren.

Ein Thema, das nicht nur die Grazer beschäftigt: Die Hälfte der Grazer Moscheen steht unter Radikalismus-Verdacht. Was tun Sie?
Das ist eine reine Angelegenheit des Innenministeriums und der Polizei. Ich höre immer wieder, auch aus Polizeikreisen, dass es in Graz so schlimm sei. Wir haben in Graz mehrere Terrorismus- und Islamistenprozesse durchgeführt. Danke der Justiz dafür. Wenn etwas vorliegt, bin ich der Erste, der dabei ist, eine Moschee zu schließen. Aber im Gegensatz zu Wien ist vom Bund bei uns keine Moschee zugesperrt worden.

Sie meinen, dass die Grazer Polizei übertreibt, wenn sie vor Radikalen warnt?
Ich als Bürgermeister kann keine Moschee zusperren, das muss die Republik tun. Wenn etwas vorliegt, dann ist zu handeln, aber wenn es nur Gerüchte gibt, kann niemand etwas tun.

Der Ausländeranteil in Graz beträgt 23 Prozent, 2005 lag er bei 10,8. Ist da Integration überhaupt noch möglich?Graz ist Gott sei Dank dynamisch und wächst. Das Wesensmerkmal einer offenen, wachsenden Stadt ist, dass sie Bürger aus der ganzen Welt anzieht. Es gibt mit allen Nationalitäten Probleme, aber die Menschen bringen auch ihre Talente mit. Wir reden zu viel über das Trennende, zu wenig über das Einende.

Aber mit manchen Bevölkerungsgruppen gibt es mehr Probleme als mit anderen.
Kein Bürgermeister kann sich die Zuwanderung aussuchen. Ich weiß natürlich, dass es große Unterschiede bei der Integrationswilligkeit und -fähigkeit gibt, wenn Menschen aus  Ländern kommen, die religiös und kulturell eine ganz andere Welt sind.

Sie sind ein ernsthafter, engagierter Katholik. Der Anteil muslimischer Kinder in Grazer Volksschulen beträgt 25,5 Prozent, in den Neuen Mittelschulen 34,3 Prozent. Besorgt Sie das als Katholik?
Wenn wir keine Kinder bekommen, unseren Glauben nicht mehr leben und aus der Kirche austreten, dann verschiebt es sich.

Die Österreicher sollen also mehr Kinder bekommen?
Die Geburtenrate der Österreicher liegt bei 1,2. Jeder kann einfach nachrechnen, was das bedeutet. Fakt ist, wir reduzieren uns! Gerade deswegen braucht es Zuwanderung. Ich wünsche mir, dass wir geeinter in die Zukunft blicken. Wir brauchen realistische Zuversicht. Ich möchte kein griesgrämiger 90-Jähriger werden.

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