Lauda im Tiefschlaf

Nikis Arzt: „Die Situation war lebensbedrohlich“

Österreich
04.08.2018 06:00

Niki Lauda kämpft auf der Intensivstation des Wiener AKH um sein Leben. Er liegt strengstens abgeschirmt im künstlichen Tiefschlaf - und das mindestens noch einige Tage. Die „Krone“ sprach mit Laudas Thoraxchirurg Walter Klepetko.

Hinter einer orangenen Türe mit der Aufschrift „Klinische Abteilung für Thoraxchirurgie“ sitzt Dr. Walter Klepetko. Im November 1989 transplantierte er die erste Lunge in Österreich. Seither schenkte er rund 600 Menschen einen „neuen Atem“, wie er gerne in Interviews erzählt. Donnerstagnacht hielt er das Leben des wohl bekanntesten Österreichers in seinen Händen: Niki Lauda.

Der Tag nach dem Eingriff ist für Klepetko in Interview-Einheiten getaktet. Fragen beantworten, Telefonate führen, vor der Kamera stehen. Sogar Anfragen aus Brasilien und den USA gibt es. Mit wie vielen Medien er heute schon gesprochen hat? „15, oder vielleicht 20? Ich weiß es nicht mehr“, sagt er und wischt die Anzahl mit einer Handbewegung weg. Ob es störe, wenn er etwas von seinem Müsli esse, fragt er höflich. Zwischen all den Terminen war ihm wenig Zeit für eine Jause geblieben.

„Krone“: Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie gehört haben, dass Sie Niki Lauda operieren sollen?
Walter Klepetko: Mir ist eingefallen, was ich vor 42 Jahren getan habe, als er seinen Unfall hatte. Da war ich nämlich im 2CV (Ente, Anm. der Redaktion) in Südfrankreich unterwegs und traute meinen Ohren nicht, dass in Wien die Reichsbrücke eingestürzt und Herr Lauda verunglückt ist. Und vielleicht ist es Ihnen ja aufgefallen - das Organholen fand genau am Jahrestag des Unfalls statt.

Wie laufen Eingriffe wie jener bei Herrn Lauda ab?
Zunächst einmal muss der Organempfänger beatmet werden. In dem Fall war der Patient an eine Pumpe angeschlossen, die bereits die gesamte Sauerstoffleistung übernommen hatte. Dann wird der Brustkorb quer geöffnet und damit begonnen, eine Lunge herauszunehmen. Der Patient hängt zu diesem Zeitpunkt auch an einer weiteren Pumpe, zur besseren Stabilität. Anschließend wird die Lungenhälfte transplantiert, dasselbe passiert dann für die andere Seite. Danach werden die Pumpen entfernt. Funktioniert das Organ gut, kann man alle Pumpen herausnehmen und beginnen, den Brustkorb zu verschließen.

Wie lange dauerte die OP?
Etwa sechs Stunden.

Wie viel Zeit vergeht in dringenden Fällen, bis eine Lunge transplantiert wird?
Das hängt von der Logistik ab. Manchmal geht das in ein paar Stunden, manchmal dauert es einen halben Tag.

Wie lange muss ein Patient durchschnittlich auf eine neue Lunge warten?
Die mittlere Wartezeit auf eine Lunge beträgt etwa sechs Monate. Aber Wartezeit ist nicht das Kriterium. Das Kriterium ist die Bedrohung des Patienten. Und die Situation bei Herrn Lauda ist ja nicht eine gewesen, wo er daheim im Lehnsessel mit der Sauerstoffflasche sitzt, fernsieht und wartet. Sondern er war in einer absolut lebensbedrohlichen Situation, die sehr plötzlich gekommen ist und die in den letzten Tagen überhaupt nur mit einer Herz-Lungenmaschine überbrückbar war.

Was passiert mit der alten Lunge von Niki Lauda?
Die wird auf der Pathologie untersucht.

Sein neues Organ wurde aus Deutschland eingeflogen. Kennt man den Spender - oder bleibt er anonym?
Die Spenderdaten sind anonym, ausnahmslos.

Wie sehr ist die Lebensqualität von Organempfängern beeinträchtigt?
Wenn Sie einen jungen Patienten transplantieren, bei dem alles andere in Ordnung ist, dann hat der eine extrem gute Lebensqualität. Wenn Sie ältere Patienten transplantieren, die schon Vorbehandlungen hatten, dann ist das von der Situation abhängig und die Lebensqualität natürlich eingeschränkter.

Wird Niki Lauda bei einer Genesung Einschränkungen in Kauf nehmen müssen?
Naja, das ist ganz klar. Er ist nicht mehr 25, das müssen wir alle zur Kenntnis nehmen, dass die Zeit mit uns voranschreitet.

Wie können diese Einschränkungen aussehen?
Medikamente muss man lebenslang nehmen. Aber die nimmt der Herr Lauda, wie Sie ja wissen, schon wegen der Nierentransplantationen. Das wird halt nur angepasst. Sport ist sehr gesund, das wollen wir sogar. Vor einem Jahr haben wir dazu das Beispiel erbracht. Wir sind mit zehn Lungentransplantierten auf den Kilimandscharo gegangen. Das ist jetzt nicht das Ziel mit Niki Lauda, aber es soll zeigen, was möglich ist, wenn die Bedingungen gut sind.

Was sind die großen Risiken in den ersten Wochen?
Die akute Abstoßung ist nicht so sehr das Problem, das haben wir gut im Griff. Bei einer komplexen Situation, bei der Nieren bereits transplantiert wurden, können diese Organe natürlich ein Risiko sein. Oder Infektionen.

Wie lange dauert die Regeneration? Niki Lauda ist 69.
In dieser Situation wird es sicher länger dauern. Genaueres werden wir auf uns zukommen lassen.

Gibt es auch etwas, das Sie Herrn Lauda persönlich ausrichten?
Ich sehe ihn eh, ich sage ihm das dann.

Kannten Sie Niki Lauda schon vor der Operation persönlich?
Nur lose. Wir sind schon einmal zusammen in einer TV-Diskussion gesessen - es ging um Organspenden.

Alexandra Halouska, Kronen Zeitung

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