Live in der Arena

Incubus: Liebe zur Kunst statt Geld und Ruhm

Musik
06.08.2018 07:00

Drei Jahre nach ihrem letzten Österreich-Gastspiel kommen die Alternative-Rock-Legenden Incubus Ende August für eine Show auf das Open-Air-Gelände bereits jetzt ausverkauften Wiener Arena. Gitarrist Mike Einziger und Keyboarder Chris Kilmore erinnern sich an eine nicht immer einfach verlaufene Karriere.

(Bild: kmm)

Der Knackpunkt für die Weltkarriere war vor knapp 20 Jahren. Als die kalifornischen Funk-Rocker Incubus im Oktober 1999 ihr drittes Album „Make Yourself“ veröffentlichten und die bislang bekannten Red Hot Chili Peppers-Referenzen zugunsten einer stärkeren Alternative-Rock-Seite zurückstellten, fuhren sie geradewegs in den kommerziellen Himmel. Die drei Erfolgssingles „Pardon Me“, „Stellar“ und vor allem „Drive“ setzten sich in den Billboard-Charts fest, in den USA gab es gleich zweimal Platin und die fragil-verletzliche Performance samt androgyner Ausstrahlung machte Frontmann Brandon Boyd innerhalb kürzester Zeit zum Sexsymbol einer ganzen Surfer-Generation, zudem nahmen sie mit ersten Einflüssen den große Nu-Metal-Trend vorweg.

Fein ziseliert
Knapp zehn weitere Jahre füllten Incubus Arenen, präsentierten sich in den angesagten US-Talkshows, holten sich namhafte Produzenten an Bord und schreckten auch nicht vor profunder Politikritik zurück. Der 2003 erschienene Song „Megalomaniac“ war eine mehr oder wenige direkte Attacke auf die Bush-Administration - das 15 Jahre später ein noch viel unberechenbarer und größerer Exzentriker die Geschickte der Vereinigten Staaten von Amerika lenken würde, hätten sich Boyd und Co. damals nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen ausgemalt. Subtilität war Incubus aber stets ein wichtiges Gut. Statt Holzhammermethodik war die Kritik stets fein ziseliert vorgetragen, musikalisch ging es mit den Alben „Morning View“ (2001), „A Crow Left Of The Murder…“ (2004) und „Light Grenades“ (2006) ohnehin in immer höhere Sphären. Dass letzteres Werk innerhalb einer Woche von 1 auf die 37 fiel und noch immer den Rekord für den tiefsten Fall eines Nummer-eins-Albums hält, war vielleicht ein Vorzeichen für das persönliche Auseinanderdriften der Band.

Ausgebrannt von der Geschwindigkeit ihrer Karriere, entschieden sich die Musiker 2008 für ein vorläufiges Ende. Boyd und Gitarrist Mike Einziger gingen auf die Universität, um ihre Liebe zur Kunst und der Gitarre zu stärken, Drummer José Pasillas wurde Vater, die anderen kümmerten sich um „ganz normale Dinge außerhalb der Musik“ - nicht einmal ein Jahr später war der Drang auf eine Wiederkehr aber so groß, dass Incubus ihre Best-Of „Monuments And Melodies“ ankündigten und neben diversen Soloaktivitäten auch wieder die Gemeinschaftsarbeit aufgenommen wurde. Das Comebackwerk „If Not Now, When?“ (2011) begeisterte die Fans eher mäßig und fiel bei den Kritikern großteils durch. Feedback wie „nichts besser als Fahrstuhlmusik“ schien auch die Musiker zu nerven und die Aussicht auf weiteres Studiomaterial lag in weiter Ferne.

Völlige Freiheit
Das Incubus nicht als Headliner die größten Festivalbühnen Europas bespielen, liegt vor allem an ihnen selbst. Denn während sich andere, weitaus weniger talentierte Combos mit Feuereifer in die Arbeit stürzen, waren den Incubus-Mitgliedern Privatleben, Nebenprojekte und die Kunstwelt in Form von Malerei, Fotografie oder Dichtkunst immer gleichberechtigt wichtig. Dass es nach dem zuvor angesprochenen Album überhaupt zu weiterer Musik kam, lag übrigens am legendären Filmkomponisten Hans Zimmer. Der ist eng mit Einziger befreundet, nahm ihn mit auf seine Europatour und stellte der Band sein Studio in Santa Monica zur Verfügung. „Wir haben lose über neue Songs geredet und er sagte, wir können mit seinem Equipment aufnehmen“, erzählt Einziger im „Krone“-Interview, „der Zeitpunkt war fantastisch. Wir hatten keinen Plattendeal, keine Pläne, kein Management, sondern völlige Freiheit. Bis dorthin wusste ich nicht, dass Planlosigkeit so befreiend sein kann.“

Die 2015 veröffentlichte EP „Trust Fall (Side A)“ war - wie es der Titel bereits suggeriert - anfangs nur als Appetizer für mehr geplant. Die Songwritingsessions klappten innerhalb der Band aber so gut, dass man auf eine Fortsetzung pfiff und sich lieber ausreichend Zeit ließ, um schließlich das aktuelle Studioalbum „8“ zu veröffentlichen. So unkreativ der Albumname auch sein mag, so vielseitig und bissig zeigten sich die Kalifornier auf dem Werk. Nicht nur, dass der bekannt gesellschaftskritische Boyd einige seiner offensivsten Texte schrieb („Nimble Bastard“), wagte die Band auch eine Zusammenarbeit mit Freund und Dubstep-Ikone Skrillex. Gitarrist Einziger hatte schon davor mit EDM-Größen wie David Guetta oder Avicii kooperiert - er spielte u.a. Akustikgitarre bei seinem Megahit „Wake Me Up“.

Keinen Zwang mehr
„Natürlich ist der Song im Mainstream angekommen, aber auch die Incubus-Fans wissen, dass ich dahingehend keine Berührungsängste habe. Wir lieben es einfach Musik zu machen - ob das Elektronisch ist, rockt oder akustisch daherkommt ist zweierlei. Noch mit jedem Album gab es Leute, die uns zum Teufel gewünscht haben, weil wir uns stets weiterentwickelten. Vielleicht sollten wir manche Menschen einfach täuschen und sagen, wir würden ihnen Songs vorwerfen, die wir 2001 geschrieben hätten, obwohl sie eigentlich brandneu sind“, lacht der Gitarrist. Dass sich die Mechanismen im Musikgeschäft so gewaltig verändert haben, kommt Einziger zugute. „Man muss heute nicht auf Zwang etwas Bestimmtes, Vorgegebenes veröffentlichen, sondern hat vielmehr freie Hand. Wenn wir uns gut fühlen, dann gibt es neues Material. Wenn wir meinen, es reicht noch nicht, dann dauert es länger.“

Nach einer umjubelten Festivalshow beim Rock In Vienna 2015 kommen Incubus am 29. August endlich wieder für ein Solokonzert auf das wundervolle Open-Air-Gelände der Wiener Arena. Bei den Erinnerungen an frühere Österreich-Auftritte kommt Einziger zum Lachen. „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber das erste Mal waren wir wohl mit Korn bei euch. Ich kann mich noch daran erinnern, dass auf der Straße überall Betrunkene herumlagen. Als wir dann später beim Nova Rock spielten, waren Brandon und ich in Wien, um uns eine Klimt-Ausstellung anzusehen.“ Keyboarder Chris Kilmore war sogar schon als Kind hier. „Als ich in der achten Klasse war, waren wir in Österreich Skifahren - der absolute Wahnsinn. Und beim Forestglade 2012 in Wiesen gab es diese Umkleideräume, die wie Zugwaggons aussahen. Alle waren verrückt gekleidet und Billy Idol war auch da.“ In der Arena wird’s vielleicht etwas weniger verspielt, dafür randvoll. Das Konzert ist bereits restlos ausverkauft.

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