Föderalismus-Streit

Burgenlands LH Niessl: „Kein Bund ohne Länder!“

Österreich
03.08.2018 06:00

Mit dem Selbstverständnis eines Landeschefs, der seit 18 Jahren im Amt ist, prescht Hans Niessl aus dem Burgenland immer öfter bis in die Bundespolitik vor. Im aktuellen Föderalismus-Streit stellt Niessl klar, dass mehr Zentralismus für ihn nicht infrage kommt. Teil drei der „Krone“-Interview-Serie mit den Landeshauptleuten.

„Krone“: Herr Landeshauptmann, Sie sind derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz. Was erwarten Sie sich vom Bund?
Hans Niessl: Die Länder sind als gleichwertige Partner zu sehen. Ich erwarte mir daher Gespräche auf Augenhöhe. Wenn der Bund Länderinteressen ignoriert, dann geht das vor allem zulasten des ländlichen Raums.

Demnach kommt mehr Zentralismus für Sie nicht infrage?
Österreich darf keinesfalls zentralistischer werden. Der Föderalismus und das Miteinander von Bund und Ländern haben in der Vergangenheit viel zur erfolgreichen Entwicklung Österreichs beigetragen. Es kann nicht sein, dass über die Länder drübergefahren wird, wie dies derzeit im Umgang mit der Sozialpartnerschaft der Fall ist.

Sie fordern von der türkis-blauen Bundesregierung auch mehr Beweglichkeit. Um welche Themen geht es konkret?
Es ist geradezu fatal, wenn etwa bei der Kinderbetreuung auf dem Rücken der Familien gespart werden soll. Stattdessen braucht es mehr Mittel unter anderem für sprachliche Frühförderung und den Ausbau von ganztägigen Schulformen.

Und was ist mit der Mindestsicherung?
Bei der geplanten Reform sehe ich die Bundesländer noch zu wenig eingebunden. Persönlich trete ich für eine österreichweite Lösung ein, die den Ländern Spielraum lässt - vor allem bei den Wohn- und Lebenshaltungskosten, die in den Ländern ja unterschiedlich hoch sind.

Wie sehen Sie das neue Arbeitszeitgesetz?
Die Gewinne der Unternehmer steigen, die Einkommen stagnieren, und die Arbeitnehmer sollen flexibler arbeiten. Das ist eine Umverteilung von unten nach oben. Der Protest ist berechtigt.

Stichwort Grenzsicherung. Im Burgenland verfolgen Sie einen klaren Kurs.
Für mich gibt es vorerst keine Alternative zu Grenzkontrollen. Derzeit kommen 300 bis 400 Flüchtlinge pro Woche nach Österreich. Ganz wenige sind es im Burgenland. Wären Polizei und Bundesheer nicht mehr an der Grenze zu Ungarn, würden sich die Schlepperrouten sofort ändern. Über ein weiteres Problem wird erst gar nicht geredet - die sich illegal aufhaltenden Migranten in Österreich. Im Migrationsbericht des Innenministeriums 2015 geht man von 90.000 bis 260.000 aus. Das könnte eine Stadt wie Graz sein. Kein guter Zustand.

Der Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex soll nun bis 2020 und nicht erst bis 2026 erfolgen. Kann Sie das beruhigen?
Jetzt haben wir 2018. Heißt das, dass bis 2020 die Außengrenzen nicht geschützt werden? Auch den Vorschlag nach Erstaufnahmestellen außerhalb der EU höre ich seit drei Jahren. Es werden sich keine Staaten freiwillig dafür finden.

In diesem Zusammenhang üben Sie Kritik auch an Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Kurz ist seit dem Jahr 2011 in der Bundesregierung. Er hatte viel Zeit, um schon als Außenminister in der EU Lösungen für den Außengrenzschutz zu finden. Noch dazu ist der erste Monat unter Österreichs EU-Ratsvorsitz ein kompletter Reinfall.

Karl Grammer, Kronen Zeitung

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