Atemberaubend

Steirer bezwingt die große Welle von Nazaré

Sport-Mix
20.07.2018 10:21

Adrenalinkick auf dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod: Ein erlesener Kreis von „Big-Wave“-Surfern reitet die größten Ungetüme der Welt - mittendrin ein österreichischer Familienvater.

Dunkel, eiskalt und irgendwie zornig kommt sie daher. Ist 500.000 Tonnen schwer. Bis zu 30 Meter hoch. Und 80 km/h schnell.

 Die Fakten sind beeindruckend - das Schauspiel vor Ort aber noch viel mehr!  Denn wenn die Wellen vor der Küste des portugiesischen Fischerdorfs Nazaré brechen, knapp 20 Auserwählte aus aller Welt den Mut und das Können aufbringen, darauf scheinbar spielerisch mit ihren Boards zu tänzeln, bleibt dem Zuschauer der Mund offen. Manchmal allerdings gar nicht so lange - weil man so nahe am Spektakel dran ist, dass einen das Wasser erwischt. 

Auch auf Hawaii, in Kalifornien, auf Tahiti oder in Mexiko gibt es das „Big Wave Surfen“, von dem man bei Wellen ab 20 Fuß bzw. 6,2 Metern spricht. Doch hier in Portugal sind die Wellen von Oktober bis Ostern größer, gefährlicher und spektakulärer als überall sonst. Der kilometerlange Canyon, der vom offenen Atlantik aus bis kurz vor die Küste Portugals läuft, wo er sich plötzlich verengt und aufsteigt, macht Ungetüme epischen Ausmaßes möglich. Und mittendrin der Steirer Alex Wippel: „Es mag selbstmörderisch wirken, doch es geht nicht um den Tod. Sondern um das Leben, um das Natur-Erleben, das Verschieben von Maßstäben“, sprudelt es aus dem 43-jährigen Familienvater heraus.

Der wie seine Kollegen früher mit einem Schlauchboot in Richtung der Riesenwellen raste, später das sogenannte „Tow-in-Surfen“, bei dem die Sportler mithilfe von Jetskis zu den Wellen gebracht werden, mitgestaltete. Doch Welle ist nicht gleich Welle: Während auf Hawaii 150 PS reichen, um sich den Adrenalinkick zu holen, müssen in Nazaré gleich 300 PS her, da das Wasser hier von viel mehr Sand durchsetzt ist - da kostet ein entsprechendes Gerät, das bei den extremen Verhältnissen in Portugal in der Früh auch schon mal mit einer Eisschicht bedeckt sein kann, an die 20.000 Euro. Einige Big-Wave-Surfer lassen sich - vor allem für einen guten Showeffekt - sogar gleich vom Helikopter absetzen.

Auch Wippel ging als Teenager in die Luft, er übersiedelte bereits 1993 als Windsurfprofi nach Maui. Für die Eltern, selbst beide Surfer, wenig überraschend, viel zu groß war die Lust nach der Freiheit auf dem Wasser bei ihrem Sohn von Beginn weg gewesen. Ehe bald die Sehnsucht nach den riesigen Wellen zu stark wurde, er Big-Wave-Profi wurde. Und im Vorjahr als erster Österreicher in Nazaré an einem der spektakulären „XXL“-Tage surfte.

Akribische Vorbereitung wie bei einer Achttausender-Besteigung 
Der Name ist Programm, die Sicherheit dabei oberstes Gebot. Einstudierte Rettungsketten im Vorfeld gehören neben dem Prallschutz ebenso dazu wie intensive Apnoe-Übungen: „Wobei das kritische Limit hier bei 15 Sekunden liegt. Wenn du länger unter Wasser bist, wird es durch die zirkulierenden Massen haarig“, weiß Wippel. Außerdem beträgt der zeitliche Abstand bis zur nächsten Welle meist 18 bis 20 Sekunden. Weshalb nichts dem Zufall überlassen wird. „Mit der Akribie wie bei einer Achttausender-Besteigung und einem eingespielten Weltklasse-Team haben wir hier aber beste Voraussetzungen“, sagt der Steirer.

Der mit seinen 43 Jahren erst in das beste Alter kommt - „ein Ausnahme-Surfer ist sogar fast 70, viele vom Rest rund 50 Jahre alt.“ Weil Erfahrung Trumpf ist. Und - auch wenn in Nazaré bisher noch kein Opfer zu beklagen war - Fehler tödlich sein können.

„Ich habe in diesem Sport leider schon etliche Wegbegleiter verloren, aber jeder kennt die Risiken“, sagt Wippel, der nach seinen Trips nach Portugal mit beeindruckenden Bildern und Videoaufnahmen in die Heimat zurückkehrt. Seine elfjährige Tochter Jana hat ebenfalls längst mit dem Surfen begonnen, ist vom Spektakel in Portugal aber noch ganz weit weg. Im Gegensatz zu möglichen Sponsoren und Förderern des Österreichers, die vom Jetski aus nahe genug dabei sein können, um einen Eindruck des einzigartigen Naturphänomens zu bekommen.

 Der garantierte Adrenalinkick, ohne selbst Risiko nehmen zu müssen. Ein angenehmer Weg. Aber nicht der von Alex Wippel.

Florian Gröger, Kronenzeitung

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(Bild: KMM)



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