Vorbeugen & behandeln

Ohne Chemie: Pflanzenschutz im Biogarten

Leben
10.08.2018 10:00

Eine Oase mit blühenden Blumenbeeten, ergiebigen Hochbeeten oder einfach schädlingsfreie Balkonkisterln - jeder Gärtner träumt davon, sein grünes Reich im Gleichgewicht zu halten und somit die perfekte Grundlage für gesunde Zier- und Gemüsepflanzen zu schaffen. Doch wie geht‘s, wenn man ohne Chemiekeule auskommen will und alles auch noch bio sein - und bleiben - soll?

Ein ökologisch und giftfrei bewirtschafteter Garten ist der beste Schutz gegen Pflanzenschädlinge. Darüber hinaus gibt es Tricks und Rezepte, wie man Garten und Balkonkisterln langfristig gesund halten kann, ohne Gift zu verwenden. Natürlich gilt auch hier: Vorbeugen ist besser als heilen!

Daher sollte die Immunpower der Pflanzen von Anfang an erhalten werden. Am besten geht das, so Fiona Kiss und Andreas Steinert, Autoren von „Handbuch Pflanzenschutz im Biogarten“, indem alle Gewächse den ihnen von uns zugewiesenen Platz so angenehm wie möglich vorfinden. Das bedeutet nicht nur, offensichtliche Fehler zu vermeiden (wie etwa Sonnenanbeter im Schatten dahinvegetieren zu lassen), sondern auch, Krankheiten und Schädlinge im Auge - und im Zaum - zu halten. Riskieren Sie also immer wieder einen genauen Blick und nehmen Sie Blüten, Stängel und Blätter wie ein Detektiv sorgsam unter die Lupe. Zeigen sich Fäule, trockene Stellen oder gar Schädlingsbefall, ist durchdachtes Handeln gefragt.

„Guter Boden, gesunde Pflanze“
Guter Pflanzenschutz braucht zunächst nicht viel, so Kiss und Steinert. Eine gute Basis schafft man mit einem guten Boden, hilfreichen Freunden (z. B. Mikroorganismen), netten Nachbarn, Licht, Wasser und Vollwertkost in Form natürlicher Dünger.

Pflanzenschutz beginnt bei der Pflanzenstärkung
Sind keine essentiellen Bedingungen für das Wachstum und Gedeihen der Pflanzen gegeben, lässt die Immunpower der Pflanzen allmählich nach - und das gestresste Gewächs alsbald sprichwörtlich den Kopf hängen. Zeigen sich folgende Symptome, sollten Sie aufmerksam werden, so Kiss und Steinert:

  • geringes Wachstum (oder etwa Flechten bei Jungbäumen)
  • Abwerfen, Vergilben oder Verbleichen der Blätter
  • Notblüte zu ungewöhnlicher Zeit
  • Glanzverlust, Absterben
  • Kristallbildung an Blattstielen
  • Krankheiten, Schädlingsbefall

Muss sich Ihre Pflanze auch noch gegen den Befall kleiner Plagegeistern wehren, gehen auch die letzten Reserven zur Neige. Ob Sie nun am Balkon mit Trauermücken kämpfen oder im Gemüsebeet mit Schnecken, Mehltau, Weißen Fliegen oder Spinnmilben: Handlungsbedarf ist gefragt! Je früher, desto besser.

wohnkrone.at verrät wirksame Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Schädlingen im Garten:

Schnecken
Sägemehl, Gesteinsmehl, Eierschalen, scharfer Sand, eine Mulchschicht aus Farn- oder Tomatenblättern (dünn ausgelegt) oder ein Schneckenzaun bzw. Kupferband wirken als natürliche Barriere gegen Schnecken.
Hier geht‘s zum Schneckenzaun. 

Blattläuse 
In Mitteleuropa sind etwa 850 verschiedene Blattlausarten beheimatet. Eine Brennnessel-Jauche schlägt die Plagegeister in die Flucht: Ein Kilogramm Brennnesseln ernten, klein schneiden und in etwa zehn Liter Wasser in einem Plastikgefäß (!) ein bis zwei Wochen zugedeckt gären lassen. Ein Liter dieser Jauche wird anschließend wiederum in zehn Litern Wasser verdünnt und alle 14 Tage auf die befallenen Pflanzen gesprüht bzw. auf die Erde gegossen. Tipp: Eine Handvoll Gesteinsmehl in der Brühe vermindert den Gestank.

Weiße Fliegen, weichhäutige Insekten und Spinnmilben
Hier hilft Kern- und Schmierseife: Einfach 50 Gramm Seife in einem Liter warmen Wasser auflösen, die betroffenen Pflanzen besprühen. Tipp: Ein kleiner Schuss Alkohol (maximal zwei Teelöffel) verstärkt die Wirkung!
Hier finden Sie die richtige Kernseife. 

Mehltau
Eine lästige Pilzkrankheit, die gerne Rosen, Phlox, Rittersporn, Astern und Stachelbeeren befällt, und die man gut am grauen Belag der Blätter erkennt. Dazu zehn Gramm Backpulver, zehn Milliliter Rapsöl und einen Liter lauwarmes (Regen-)Wasser vermischen und etwa alle zehn bis zwölf Tage abends auf die Pflanze sprühen. Bei anfälligen Pflanzen und in heißen, trockenen Sommern bereits vor einem Befall anwenden!

Kraut- und Knollenfäule
Zwiebel und Knoblauch sind wahre Alleskönner: 40 Gramm gehackte Zwiebeln oder Knoblauchzehen in fünf Liter kochendem Wasser mindestens drei Stunden ziehen lassen, absieben. Pflanzen alle zehn Tage mit der unverdünnten Brühe besprühen. Hilft auch gegen diverse Pilzkrankheiten!

Tipp: Konzentrate und Brühen kann man natürlich auch im Geschäft kaufen, beispielsweise Ackerschachtelhalm. Durch die Verwendung von selbstgemachten Brühen und Jauchen erspart man sich in vielen Fällen sogar biologische Pflanzenschutzmittel, so Andreas Steinert.

Wie lagere ich Pflanzenschutzmittel?
Fiona Kiss und Andreas Steinert: „Es sollten keine Kinder und andere Unbeteiligte an die Mittel herankommen. Sperren Sie die Mittel am besten frost- und lichtgeschützt weg. Auch zu viel Hitze, z. B. in der Gartenhütte, ist nicht gut. Frost oder Hitze können die Mittel unbrauchbar machen.“ Selbstgebraute Jauche etc. sollten in einen Kanister gefüllt, aber möglichst zeitnah aufgebraucht werden.

Tipp: Wer Nützlinge in seinem Garten optimale Bedingungen bietet, erspart sich Ärger, so manches Pflanzenschutzmittel und mitunter viel Arbeit! Doch welche Nützlinge gibt es überhaupt?

Hilfreiche Nützlinge
„Ein Nützling ist ein Organismus, der für den Menschen besonders dadurch nützlich ist, dass er schädliche Tiere vernichtet (...) Nützlinge können also Spinnentiere, Insekten, Säugetiere, aber auch Pilze und Bakterien sein“, so Kiss und Steinert: „Die Förderung von Nützlingen ist an und für sich schon eine Pflanzenschutzmaßnahme, und zwar eine der wichtigsten, effektivsten und langfristigsten.“

Welche Arbeit leisten Nützlinge für uns?
Maulwürfe etwa fressen Rasenschädlinge und lockern verdichtete Bodenschichten auf, Meisen verfuttern pro Brut 25 Kilo Insekten; Lurche, Blindschleichen, Igel, Maulwürfe und Eidechsen fressen u.a. Schnecken und Florfliegenlarven; Ohrwürmer, Larven und Marienkäfer verzehren pro Nacht circa 120 bis 150 Blattläuse. An Rosen allein finden sich bis zu 30 blattlausvernichtende Nützlinge.

So locken Sie Nützlinge an:
Schaffen Sie Unterschlupf- und Überwinterungsmöglichkeiten und bieten Sie Verstecke und Futter an. Chemische Pestizide sind Tabu, strukturreiche Gärten, so Kiss und Steinert, sorgen für vielfältige Lebensräume. Blütenreiche Beete, Hecken und Bäume werden Ihren Nützlingen gefallen! Wer will, baut ein Nützlings- oder Wildbienenhotel, Vogelnistkästen, Fledermauskästen, Igelhäuser, etc. Wichtig, so die Autoren: „Duldenden Pflanzenschutz“ betreiben. Das heißt: Ein gewisser Schädlingsbefall ist für die Nützlinge als Nahrung nötig.

Alles, was Sie sonst noch brauchen? Geduld und etwas Gelassenheit. „Die Umstellung eines Gartens braucht seine Zeit“, so Kiss und Steinert. Die Natur aber wird es Ihnen danken!

Buchtipp
Fiona Kiss, Andreas Steinert, Handbuch Pflanzenschutz im Biogarten, ISBN 978-3-7066-2593-7, löwenzahn Verlag

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(Bild: kmm)



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