Betrunken am Steuer

Wer auf Alkohol besonders auffällig reagiert

Motor
17.07.2018 19:36

Darüber, dass Alkohol am Steuer nichts verloren hat, dass jede Alkofahrt verhindert und jeder Alkolenker aus dem Verkehr gezogen werden sollte, besteht wohl Einigkeit. Doch nicht jeder Autofahrer wird von den Promille im Blut gleich beeinträchtigt, wie deutsche Forscher nun herausgefunden haben.

(Bild: kmm)

Ein Team unter Beteiligung von Forschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Forschungszentrum Jülich konnte nun zeigen, dass Alkohol besonders Menschen die leicht müde werden, beeinträchtigt, bzw. solche, die auch empfindlich auf Schlafentzug reagieren. Langfristig könnten diese Erkenntnisse dabei helfen, Unfälle zu vermeiden, die durch Übermüdung entstehen, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin PNAS.

Bei einem Versuch im Schlaflabor des DLR wurden knapp fünfzig Probanden achtunddreißig Stunden lang am Einschlafen gehindert. Danach führten sie einen zehnminütigen Reaktionstest durch. An einem anderen Tag nahmen sie eine individuell berechnete Menge Wodka zu sich. Und wieder wurde ihre Reaktionszeit ermittelt. „Wer unter Alkoholeinfluss beim Reaktionstest gut abgeschnitten hatte, dem konnte auch der Schlafentzug nichts anhaben. Umgekehrt machte denjenigen Probanden der Schlafmangel zu schaffen, die mit langen Reaktionszeiten auf den Wodka reagiert hatten“, berichtet Eva-Maria Elmenhorst vom DLR. Ein Versuch, bei dem die Probanden über fünf Tage hinweg einer verkürzten Nachtruhe ausgesetzt wurden, konnte diese Ergebnisse bestätigen.

„Das spricht dafür, dass sowohl die Anfälligkeit für Alkohol als auch für Schlafentzug über einen gemeinsamen biochemischen Mechanismus gesteuert werden“, sagt David Elmenhorst vom Forschungszentrum Jülich. Wie der im Detail aussieht, sei im Moment noch nicht eindeutig zu beantworten. Eine Schlüsselfunktion dürfte aber wohl dem körpereigenen Botenstoff Adenosin zukommen, vermutet der Neurowissenschaftler.

Die Substanz spielt eine zentrale Rolle für den Energiehaushalt des Organismus. Je länger ein Mensch wach bleibt, umso mehr Adenosin sammelt sich in seinem Gehirn an. Der Stoff dockt an der Oberfläche von Nervenzellen an und betätigt dort eine bestimmte Art von molekularen Schaltern, die Adenosin-Rezeptoren. Diese wirken ähnlich wie ein elektrischer Dimmer und schalten die Neuronen von „wach“ auf „müde“ um. Dadurch steigt der Drang zum Einschlafen über den Tag hinweg kontinuierlich an.

Wie das Adenosin-System unter Einfluss von Alkohol reagiert, untersuchten die Forscher am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Dieses Verfahren der molekularen Bildgebung kann frei verfügbare Adenosin-Rezeptoren sichtbar machen. An sieben Probanden konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sich die Menge der nicht belegten Rezeptoren im Gehirn schon kurze Zeit nach Alkoholgenuss deutlich erhöht. Die Nervenzellen stellen offenbar mehr Rezeptoren auf ihrer Oberfläche zur Verfügung und damit auch mehr molekulare Schalter, um auf „müde“ zu dimmen. Der Alkohol verstärkt auf diesem Weg die ermüdende Wirkung des Adenosins.„ Das bestätigt unsere Annahme, dass die Anfälligkeit für Schlafmangel und Alkohol von Unterschieden im Adenosin-System abhängen“, erläutert der Jülicher Schlafexperte. Die individuellen Unterschiede seien im Erbgut jedes einzelnen Menschen angelegt.

(ampnet)

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(Bild: kmm)



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