Kurz-Brief an Italien:

„Österreich nimmt keinen der 450 Flüchtlinge auf“

Österreich
17.07.2018 13:13

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat seinem italienischen Amtskollegen Giuseppe Conte in einem Brief am Dienstag eine Absage erteilt, einen Teil der 450 jüngst in Italien gelandeten Bootsflüchtlinge aufzunehmen. Nach Rettung der Migranten am Samstag hatte Conte alle EU-Staats- und Regierungschefs aufgerufen, „ein klares Zeichen“ für eine Lastenteilung in der EU zu setzen.

Der italienische Ministerpräsident forderte von den Mitgliedsländern die Bereitschaft, einige der aus dem Mittelmeer geretteten Personen aufzunehmen. Kurz wies in seinem Antwortschreiben darauf hin, dass Österreich bereits „seit 2015 über 150.000 Asylanträge angenommen hat und damit gemessen an der Bevölkerungszahl einen der höchsten Solidarbeiträge zur Migrationspolitik in der EU leistet, während viele andere EU-Mitgliedsstaaten bisher sehr wenige Asylwerber aufgenommen haben“, so der Kanzler. „An einer zusätzlichen Umverteilung wird sich Österreich daher nicht beteiligen.“

Deutschland, Spanien, Portugal, Malta und Frankreich haben Italien die Aufnahme von jeweils 50 der Bootsflüchtlinge zugesagt. Weitere 20 Migranten sollen von Irland aufgenommen werden. Pro Kopf gerechnet haben Deutschland, Österreich und Schweden im vergangenen Jahr laut Eurostat EU-weit die meisten Asylwerber anerkannt.

Kurz verweist auf Dringlichkeit von Außengrenzschutz
Kurz verwies in seiner Antwort erneut auf die Dringlichkeit des Aufbaus eines effektiven Außengrenzschutzes und der Unterstützung der Erstaufnahmeländer wie Italien durch die EU. Neben einer personellen Aufstockung forderte Kurz, das Mandat der EU-Grenzschutzbehörde Frontex dahin gehend auszubauen, dass „eine Ausschiffung von Migranten auch außerhalb der EU möglich“ sei und nicht nur in Italien. „Des Weiteren muss es Frontex ermöglicht werden, verstärkt mit Drittländern zusammenzuarbeiten, wie etwa bei der Rückführung von Migranten“, hieß es in dem Schreiben.

Kurz stimmte Contes Forderung nach Fortschritten bei der Umsetzung der „Anlandeplattformen“ genannten umstrittenen Migrationszentren außerhalb der EU zu und nannte die Überarbeitung der Dublin-Verordnung sowie „effektive Maßnahmen zur Bekämpfung von Sekundärmigration“ als weitere dringende Aufgaben. Zudem stellte er ein Treffen mit dem italienischen Regierungschef in Aussicht.

Ermittlungen wegen Schlepperei
Am Montag waren die letzten der rund 450 Migranten, die auf einem Fischerboot in Libyen abgefahren und von Frontex am Samstag aus prekärer Lage gerettet worden waren, in der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo eingetroffen. Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Ragusa nahm Ermittlungen gegen den bereits 2004 wegen Schlepperei festgenommenen Kapitän des Fischerbootes und zehn Crewmitglieder auf. Ihnen wird unter anderem der Tod von vier der 30 Migranten vorgeworfen, die am Freitag angesichts der Frontex-Schiffe, die sie an Bord nehmen wollten, ins Meer gesprungen und dabei ertrunken waren. Für die Überfahrt hatten die Migranten bis zu 10.000 Euro bezahlt.

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