Nach Abschiebung

„Rassismus“: Bin Ladens Ex-Leibwächter packt aus

Ausland
17.07.2018 07:10

Die umstrittene Abschiebung des Ex-Leibwächters von Osama bin Laden, Sami A.. nach Tunesien schlägt weiter hohe Wellen. Nun meldete sich Sami A. erstmals selbst zu Wort: „Ich bin aus Deutschland entführt worden. Es ist purer Rassismus, dass ich abgeschoben wurde, weil der Innenminister mich nicht mehr länger im Land haben wollte. Dann wird einfach behauptet, dass jemand Extremist sei“, ließ der 42-Jährige über seinen Anwalt ausrichten. Zudem bestritt er, jemals Leibwächter Bin Ladens gewesen zu sein.

Über seinen Anwalt, Seif Eddine Makhlouf, schilderte Sami A. den genauen Hergang seiner Abschiebung am vergangenen Freitag. „Um 3 Uhr früh haben sie mich einfach mitgenommen. Ich habe der Polizei gesagt: Das geht so nicht, ein Gericht hat meine Abschiebung untersagt. Aber sie haben gesagt, dass das von ganz oben kommt und ich nichts dagegen tun könne. Ich durfte nicht mal mehr meinen Anwalt sehen. Und sie haben auch verhindert, dass ich meine Frau und Kinder kontaktieren kann“, zitierte die „Bild“-Zeitung den 42-Jährigen, der momentan in Tunesien verhört wird.

„Nackt ausziehen“: Sami A. wirft Polizei Demütigung von Mandanten vor
Zudem habe er sich bei der Abschiebung nackt vor den Beamten ausziehen müssen, obwohl er darauf hingewiesen habe, dass er als Muslim nicht nackt vor ihnen stehen wolle. „Dann wurde ich in ein Privatflugzeug gepackt und einfach weggeflogen. Ich hätte nie gedacht, dass das in einem Rechtsstaat wie Deutschland möglich ist.“ Er gehe davon aus, dass er noch mindestens 15 Tage lang in Tunesien bleiben müsse. Gefoltert sei er bislang von den dortigen Beamten noch nicht geworden, aber er habe große Angst davor.

Die erhobenen Vorwürfe gegen ihn seien völlig aus der Luft gegriffen. „Ich war nie Leibwächter von Osama bin Laden, das ist völlig frei erfunden. Ich war in Saudi-Arabien, Pakistan und Iran in meinem Leben, aber nie in Afghanistan. Auch hier in Tunesien wissen alle, dass diese Vorwürfe einfach nicht stimmen.“

Anwalt: „Sami A. will nach Deutschland zurückkehren“
Auch sein Anwalt erhob am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bezüglich der Abschiebung schwere Vorwürfe gegen die deutschen Beamten. Diese hätten sich „mit Absicht“ so verhalten, „um Sami A. zu demütigen, indem sie ihn aufforderten, sich zu entkleiden“. Makhlouf bekräftigte überdies, dass A. nach Deutschland zurückkehren wolle, wo seine Frau und seine vier Kinder leben. „Es ist skandalös, was meinem Mandanten widerfährt“, sagte der Verteidiger.

Gericht: Sami A. muss zurückgeholt werden
Der als islamistischer Gefährder eingestufte Tunesier Sami A. war Freitagfrüh in sein Heimatland abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte am Vortag ein Abschiebeverbot bestätigt. Der Beschluss lag den zuständigen Behörden aber erst nach dem Abflug der Maschine mit Sami A. vor. Nach der Abschiebung entschied das Gericht deshalb, dass A. nach Deutschland zurückgeholt werden muss. Dagegen will wiederum das nordrhein-westfälische Ministerium für Flüchtlinge vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes in Münster vorgehen. Die tunesische Justiz reklamiert die Zuständigkeit für A. für sich. Der Tunesier war in seinem Heimatland seit Jänner wegen Terrorverdachts zur Fahndung ausgeschrieben gewesen.

Seehofer war über Pläne für Abschiebung informiert
Unterdessen räumte das deutsche Innenministerium am Montag ein, dass Ressortchef Horst Seehofer (CSU) persönlich über die Abschiebepläne informiert war. Eine Ministeriumssprecherin betonte aber, es habe keinerlei politische „Einflussnahme“ gegeben.  „Seehofer war es politisch wichtig, dass eine Rückführung von Sami A. zeitnah erfolgt“, sagte die Sprecherin. Zudem bekräftigte sie erneut, dass die Verantwortung für die Abschiebung beim Bundesland Nordrhein-Westfalen liege.

Beschwerde gegen Rückholbeschluss in Arbeit
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) betonte dagegen, dass der Bescheid für eine Nicht-Abschiebung „zu spät“ eingegangen sei. „Im Ergebnis können wir froh sein, dass der Gefährder nicht mehr in Deutschland ist“, sagte Laschet. „Aber was rechtlich jetzt zu prüfen ist, entscheidet das Oberverwaltungsgericht.“ Die Landesregierung will gegen die Anordnung zur Rückholung von Sami A. Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes in Münster einlegen.

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