Migranten umverteilen

Tschechien: „Italiens Aufruf ist Weg in die Hölle“

Ausland
15.07.2018 15:39

Italiens Blockadehaltung in der Migrationsfrage hat die EU-Partner zu Zugeständnissen bewegt. Am Sonntag erklärte sich Deutschland wie zuvor Malta und Frankreich bereit, jeweils 50 der insgesamt 450 Migranten aufzunehmen, die am Samstag im Mittelmeer gerettet worden waren. Tschechien kündigte dagegen an, keine der geretteten Migranten aufnehmen zu wollen. Ministerpräsident Andrej Babis bezeichnete den italienischen Aufruf sogar als „Weg in die Hölle“. 

Eine solche Herangehensweise wie die Italiens motiviere Schlepper und erhöhe deren Einnahmen, erklärte Babis am Sonntag auf Twitter. „Unser Land wird keine Migranten aufnehmen“, bekräftigte er die harte Haltung seines Landes in der Flüchtlingspolitik. Babis rief dazu auf, den Menschen in ihren Heimatländern zu helfen, um sie von einer Flucht abzuhalten.

Weitere Schiffe warten auf Zuweisung eines Hafens
Zwei Schiffe der EU-Grenzschutzbehörde Frontex hatten am Samstag rund 450 Flüchtlinge aus prekärer Lage von einem Holzboot im Mittelmeer gerettet und in italienische Gewässer gebracht. Italiens Innenminister Matteo Salvini weigerte sich aber, sie ins Land zu lassen. In den vergangenen Wochen hatte die italienische Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega mehrfach Schiffe mit geretteten Migranten auf dem Meer blockiert. Hilfsorganisationen wurde die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt. Trotz der nun zugesagten Unterstützung von Frankreich, Deutschland und Malta, gerettete Migranten aufzunehmen, ist noch unklar, wann und wo die Geretteten an Land gehen können. Ein italienisches und ein Frontex-Schiff warten laut Nachrichtenagentur Ansa weiter auf Zuweisung eines Hafens.

Flüchtlingshilfswerk kritisiert Italiens Blockaden
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) kritisierte die Blockaden Italiens. Eine „gemeinsame, vorhersehbare und wirksame Einigung“, wie mit aus Seenot Geretteten verfahren werden soll, „würde Zeit sparen, das Leiden verringern und Politiker davon abhalten, in einen Wettstreit zu treten, wer am wenigsten Verantwortung übernimmt“, hieß es auf dem Twitter-Account des UNHCR.

Italienische Regierung bleibt hart
Während Salvini den Rücktransfer der Migranten nach Libyen ins Spiel brachte, wählte Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte mit Außenminister Enzo Moavero Milanesi den Weg der Diplomatie. Conte schrieb Briefe an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk sowie an die EU-Staats- und Regierungschefs. Letztgenannte forderte er zu einem „unmissverständlichen Zeichen“ geteilter Verantwortung im Geist des EU-Gipfels Ende Juni auf. Dort hatte Conte darauf gedrängt, dass die übrigen Mitgliedsländer Italien mehr Flüchtlinge abnehmen und sich an der Aufnahme von aus Seenot geretteter Menschen beteiligen.

Salvini: „Willen ist Macht“
In der Migrationskrise fühlt sich Italien seit Langem alleingelassen. Obwohl seit Monaten signifikant weniger Flüchtlinge das Land erreichen - die Vorgängerregierung hatte die umstrittene Zusammenarbeit mit Libyen im vergangenen Jahr verstärkt -, feierte die Regierung die Unterstützung der EU-Partner wie einen Durchbruch. Transportminister Danilo Toninelli von den Fünf Sternen twitterte, die Regierung habe in 45 Tagen mehr Ergebnisse erzielt als ihre Vorgänger in vielen Jahren zuvor. Salvini twitterte: „Willen ist Macht.“ 

330 Migranten vor spanischer Küste gerettet
Unterdessen machte sich trotz einer drohenden Blockade im Fall einer Rettung das Schiff Open Arms der spanischen Hilfsorganisation Proactiva auf den Weg vor die libysche Küste. „Wir fahren dorthin, wo es weder Kriminelle noch Übeltäter gibt, nur Menschenleben in Gefahr. Und zu viele Tote auf dem Grund“, twitterte die Organisation. Die spanische Seenotrettung und die Küstenwache retteten am Samstag Medienberichten zufolge rund 330 Migranten, die auf Booten in der Meerenge von Gibraltar und im Alboran-Meer zwischen der Iberischen Halbinsel und Nordafrika unterwegs waren. Sie wurden zu verschiedenen Häfen in Andalusien gebracht.

Heuer schon fast 1500 Migranten im Mittelmeer gestorben
Der Internationalen Organisation für Migration zufolge starben heuer bereits fast 1500 Menschen im Mittelmeer. Viele Flüchtlinge, die die gefährliche Flucht wagen, brechen in Libyen auf, wo seit dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi 2011 chaotische Zustände herrschen. Nach EU-Angaben kehrten in den vergangenen Monaten rund 20.000 libysche Migranten mit internationaler Unterstützung freiwillig in ihre Heimat zurück. Die EU, die Afrikanische Union sowie die Vereinten Nationen hatten im November eine Taskforce gegründet, um die Menschen von der Flucht nach Europa abzubringen und zur Umkehr zu bewegen.

UNO-Mitgliedsländer: Einigung auf Migrationspakt
Ungeachtet eines Boykotts durch die USA haben die übrigen UNO-Mitgliedsstaaten sich am Freitag in New York auf einen weltweiten Migrations-Pakt geeinigt. Das Vertragswerk umfasst 23 Zielvorgaben, um die globalen Migrationsströme besser in geordnete Bahnen führen zu können. 250 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Suche nach einem neuen Ort zum Leben - das entspricht etwa drei Prozent der Weltbevölkerung.

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