Riesen-Tunnelbohrer

Im Semmering sind die Maschinen an der Macht

Steiermark
13.07.2018 20:44

In monatelanger Arbeit wurde sie in Lyon gebaut und über 1000 Kilometer weit angeliefert. Seit Freitagmittag frisst sich die erste von zwei monströsen Tunnelbohrmaschinen durch den Gneis des Semmering unter dem Fröschnitzgraben. Zusammen mit 500 Festgästen gab sich die hohe Politik die Ehre bei der „Andrehfeier“.

„Tunnelbohrmaschine los!“ Es war ein bewegender Moment, als Tunnel-Patin Elisabeth Schöggl das Kommando gab. Sie ist die Witwe von Josef Schöggl, der vor fast 20 Jahren bei der Grubentragödie von Lassing ums Leben kam. Er war damals als Fachmann zu Hilfe geeilt, um die verunglückten Kumpel zu retten - und wurde selbst eingeschlossen. Bis zu dem Unglück hatte der Krieglacher beim Sondierungsstollen im Semmering gearbeitet. Seine Witwe sagte nun: „Der Tunnel ist ein Zeichen, dass sein Engagement nicht umsonst war. Das ist ein Trost für uns.“

Dann dröhnte die 2500 Tonnen schwere Maschine namens „Carl“ tief im Berg los - im Festzelt 400 Meter darüber begleitet von bombastischen Lautsprecherklängen. Es war eine hollywoodreife Inszenierung der ÖBB, die in den Tunnel 3,3 Milliarden Euro steckt. 500 Menschen - Mitarbeiter samt Familien - kamen zur „Andrehfeier“.

„Wir arbeiten pünktlich wie die Eisenbahn“
Das Monsterprojekt läuft bisher nach Plan. „Wir arbeiten pünktlich wie die Eisenbahn“, verkündete der ÖBB-Vorstandschef Andreas Matthä stolz, während Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) sich zu den Milliardeninvestitionen in die Südbahn bekannte: „Seit dem Ausbau der Westbahn 2009 haben wir dort 80 Prozent mehr Fahrgäste, das zeigt, dass es sich lohnt.“

Gleichzeitig, so Hofer, sei es auch ein Signal in Richtung EU: „Wenn wir zusammenhalten wollen, brauchen wir ein starkes Verkehrsnetz.“ Laut Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) handle es sich beim Semmering-Basistunnel um das meistgewollte, aber auch um das meistgeprüfte Projekt der Gegenwart. Es werde den steirischen Wirtschaftsstandort attraktiver machen.

Im Herbst folgt zweiter Mega-Bohrer
Dem von zwei Priestern ausgesprochenen ökumenischen Segen ließ Tunnel-Patin Elisabeth Schöggl eine Botschaft an die Mineure folgen: „Arbeitet achtsam. Der Herrgott möge seine schützende Hand über euch halten.“ Im Herbst folgt mit „Ghega“ der zweite Riesen-Bohrer.

Hinweis: Ein Interview mit dem Chef-Geologen Robert Vanek lesen Sie am Samstag in der „Steirerkrone“-Printausgabe!

Fakten zu den Mega-Bohrern „Carl“ und „Ghega“
>Von den 27,3 Kilometern Gesamtstrecke führen knapp neun Kilometer durch gleichmäßigen, harten Gneis (gelbe Zone in der Grafik unten). Diesen Teil sollen die beiden Bohrer bis zum Jahr 2020 aus dem Berg gefräst haben.
>Der Maschinenvortrieb ist deutlich effizienter als der klassische Bagger- und Sprengvortrieb, der in schwierigerem Gestein zur Anwendung kommt.
>Die Namen „Carl“ und „Ghega“ erinnern an Semmeringbahn-Erbauer Carl Ritter von Ghega. „Carl“ arbeitet seit Freitag, „Ghega“ steht ab Herbst im Einsatz.
>Die technischen Daten der baugleichen Bohrer: 2500 Tonnen Gewicht, 120 Meter Länge, Bohrkopfdurchmesser 10 Meter, 14 Elektromotoren mit insgesamt 6000 PS, 90.000 Kilonewton Vorschubkraft - dreimal so viel wie ein Spaceshuttle.

Matthias Wagner
Matthias Wagner
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