1,137 Milliarden

Olympia-Budget für Graz: Das große Nullsummenspiel

Steiermark
28.06.2018 20:08

Für Graz 2026 wurden drei Szenarien erstellt, je nachdem, ob sich die Wirtschaft bis 2026 gut, stabil oder schlecht entwickelt: „Best Case, Realistic Case, Worst Case“. Im mittleren, dem realistischen Fall, kommt die Studie bei Einnahmen und Ausgaben genau auf eine schwarze Null. Kosten: 1,137 Milliarden Euro.

Horrorszenarien geistern in den Köpfen vieler Kritiker herum, die an finanzielle Katastrophen bei vergangenen Spielen erinnern: So ließ sich der allmächtige Wladimir Putin Sotschi 2014 größenwahnsinnige 50,8 Milliarden Dollar kosten. Auch in Pyongyang 2018 explodierten die Ausgaben auf das Doppelte der veranschlagten Summe, kolportierte 10,1 Milliarden.

Glaubt man offiziellen Zahlen, geht es aber weitaus billiger. So kam Vancouver 2010 angeblich mit 1,9 Milliarden Euro aus - Ausgaben und Einnahmen hielten sich damals genau die Waage.

Für Graz ergibt sich - in einem Szenario, das von einer stabilen Wirtschaft ausgeht - ebenfalls ein Nullsummenspiel mit Gesamtausgaben und -einnahmen von 1,137 Milliarden Euro (siehe Grafik oben).

Zur Hochrechnung der Kosten zogen die Studienautoren vergangene Großereignisse heran - etwa die nordische Ski-WM in Ramsau 1999, die alpine Ski-WM in Schladming 2013 oder die Freestyle-WM am Kreischberg 2015.

Wirtschaft: 1,67 Milliarden Wertschöpfung
Während Lohn- und Staatseinkommen direkt um 145 Millionen Euro steigen, sollen weitere 1,5 Milliarden indirekt in anderen Wirtschaftsbereichen anfallen. Deren Berechnung ist kompliziert. So sind neben den Ausgaben der Gäste auch jene zusätzlichen Ausgaben berücksichtigt, die von heimischen Beschäftigten aufgrund ihres höheren Einkommens zu erwarten sind. Für Produktionssektor und Landwirtschaft sollen etwa 315 Millionen mehr anfallen; im Dienstleistungssektor gewaltige 1,2 Milliarden.

Aus der Wertschöpfungs-Gesamtsumme von 1,67 Milliarden leiten die Experten rund 665 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen ab. Dem gegenüber stehen etwa 675 Millionen Euro an Importen, die notwendig werden - Kapital, das ins Ausland fließt.

Verkehr: Lange Distanzen als Fluch und Segen
Das neue, so genannte „polyzentrische“ Konzept mit mehreren Austragungsorten bezeichnen die Studienautoren als Fluch und Segen. Zum einen entstehen lange Reisewege für die Sportler und Funktionäre, andererseits haben die großen Distanzen auch den Vorteil, dass an den einzelnen Standorten weniger Verkehr entsteht.

Dank A 2 und A 9 gilt Graz als sehr gut angebunden. Alle Tunnel entlang dieser Autobahnen sind ab 2019 zweiröhrig befahrbar, die Asfinag investiert hier 570 Millionen Euro. In den Ausbau der S 36 steckt sie bis 2026 rund 280 „Mille“. So ist auch der Kreischberg besser erreichbar, wobei die zwölf Kilometer von Judenburg bis St. Georgen als Nadelöhr bestehen bleiben.

Weitere Sorgenkinder: Die Ennstalstraße B 320 bleibt auch 2026 die B 320; immerhin wird der Knoten Trautenfels um elf Millionen entschärft. In Graz droht zur Eröffnungs- und Schlussfeier mit je 35.000 Fans der Verkehrsinfarkt; Kombi-Tickets sollen den Gästen die Anfahrt per Öffentlichen Verkehrsmitteln schmackhaft machen.

Dank der zentralen Lage in Europa soll auf die Anreise über die Schiene gesetzt werden. Österreich gilt als Bahnfahrerland: Nach den Schweizern legen wir die zweitmeisten Bahnkilometer im Jahr zurück: 1427.

Beim Flugverkehr soll es keine Probleme geben. Graz-Thalerhof verzeichnet derzeit 50 Flüge und 3600 Gäste täglich, die Kapazität kann ohne Baumaßnahmen auf 200 Flüge und 21.000 Gäste erhöht werden.

Nachhaltigkeit: Musterschüler Steiermark
Die Steiermark wird in der Studie als Umwelt-Musterland beschrieben. Durch die Forcierung von Öffentlichem Verkehr während der Winterspiele, durch die Verpflegung mit möglichst regionalen Produkten und Fokus auf striktem Recycling bei den Veranstaltungen soll diese Rolle noch unterstrichen werden. Dadurch, dass das olympische Dorf als Zwischenmieter in Wohnungen auf den Grazer Reininghausgründen unterkommt, werden auch hierfür keine Ressourcen verschwendet, so der ehrgeizige Plan.

Beschäftigung: 2500 Jobs dank Olympia
Auch die Beschäftigungseffekte einer Olympia-Austragung wurden von den Studienautoren simuliert. 2500 Jobs (so genannte Jahresvollzeitäquivalente) entstehen direkt durch die Spiele. Weitere 24.300 Arbeitnehmer (ebenfalls Jahresvollzeitäquivalente) werden im Rahmen des Ereignisses Winterspiele 2026 „mitausgelastet“: 20 Prozent dieser Arbeitsplätze, die am Olympia-Kuchen „mitnaschen“, liegen in Produktion und Landwirtschaft, 80 Prozent davon in Tourismus, Gastronomie und Handel.

Tourismus: 910.000 Nächtigungen mehr
In Österreich werden 910.000 zusätzliche Nächtigungen und 710.000 Tagesgäste erwartet. Graz benötigt geschätzt 7200 Zimmer, am Kreischberg sind es 4560 Zimmer, Schladming, Ramsau und Haus benötigen 5520 Zimmer. Knapp werden dürften nur die Zimmer der besseren Kategorien in der Region Schladming-Dachstein. Ein Verdrängungs-Effekt - Olympia-Gäste verdrängen normale Touristen - ist zu erwarten. Dies kann aber durch den langfristigen Image-Gewinn der Region ausgeglichen werden.

Matthias Wagner
Matthias Wagner
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