Urteil in Straßburg

Sedlmayr-Mörder haben kein Recht auf Vergessen

Web
28.06.2018 11:56

Die Mörder des bayrischen Schauspielers Walter Sedlmayr haben kein Recht darauf, dass ihre Namen aus online archivierten Pressetexten getilgt werden. Das entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Konkret richtete sich die Beschwerde der Männer gegen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte ihre Unterlassungsklagen gegen drei deutsche Medienhäuser abgewiesen: den „Spiegel“, das Deutschlandradio und den „Mannheimer Morgen“. Über deren Websites konnten Internetnutzer archivierte Artikel oder Beiträge einsehen, in denen die Namen der Mörder genannt oder Bilder von ihnen gezeigt wurden. Die beiden Beschwerdeführer sahen dadurch ihr Menschenrecht auf Achtung des Privatlebens verletzt.

Dieser Argumentation folgten die Straßburger Richter nicht. Die Pressefreiheit erlaube es Journalisten, selbst zu entscheiden, welche Details sie veröffentlichen - zumal dann, wenn wie beim Mord an Sedlmayr ein großes öffentliches Interesse bestehe, urteilten sie. Bedingung dafür sei, dass die Medien nicht gegen ethische Normen verstoßen. Zweifel an der Wahrhaftigkeit der betreffenden Texte gebe es nicht. Auch seien die Beiträge nur beschränkt für Leser zugänglich gewesen - ein Teil verbarg sich hinter einer Paywall, ein anderer war Abonnenten vorbehalten. Die Männer hätten außerdem einst selbst Medien um Berichterstattung in eigener Sache gebeten.

Das Urteil wurde von den sieben Richtern einer kleinen Kammer einstimmig gefällt. Die Beschwerdeführer können binnen drei Monaten Rechtsmittel dagegen einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter seiner großen Kammer verweisen - er muss dies aber nicht tun.

Spektakulärer Mordfall
Walter
Sedlmayr war einer der bekanntesten Volksschauspieler in Bayern. Mit vielen Filmrollen hatte er sich auch über die weiß-blauen Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Umso größer war der Schock, als der damals 64-jährige TV-Star und Multimillionär am 14. Juli 1990 brutal ermordet in seiner Münchner Wohnung aufgefunden wurde. Die Täter hatten den homosexuellen 64-Jährigen gefesselt, gefoltert und dann mit Stichen in den Hals und Hammerschlägen auf den Kopf getötet.

Die Tat wurde so als Mord aus dem Strichermilieu dargestellt. Dennoch richtete sich der Verdacht rasch auf den Ziehsohn des Schauspielers und dessen Halbbruder. Die beiden Männer, die bis heute ihre Unschuld beteuern, wurden 1993 nach einem aufsehenerregenden Indizienprozess schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Einer der Täter wurde im August 2007 aus der Haft entlassen, der zweite im Jänner 2008.

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