01.07.2018 11:30

krone.at-Interview

Kneissl: „Sehe Trump nicht als großes Dilemma“

Karin Kneissl ist seit einem halben Jahr als Außenministerin im Amt und erlebt seither hautnah mit, wie sehr die transatlantische Partnerschaft zwischen den USA unter Präsident Donald Trump und der EU zerrüttet ist. Der Grund sei unter anderem ein „erratisch agierender“ Präsident, wie es Kneissl vor einigen Wochen in einem Interview formuliert hat. Doch trotz der teilweise sehr unberechenbaren Position des mächtigen Mannes im Weißen Haus sieht die österreichische Außenministerin Trump nicht als „großes Dilemma“, wie sie im krone.at-Interview verrät. Das gesamte Interview können Sie sich oben im Video ansehen.

Kneissl sieht Trump als „Kind seiner Zeit“. Die Sprunghaftigkeit des US-Staatschefs erkläre sich dadurch, dass sich dieser wie viele Prominente in den sozialen Medien „hier und jetzt präsentieren“ müsse, wie Kneissl im krone.at-Talk mit Moderator Gerhard Koller ausführt. Diese „Echtzeitpolitik“ müsse sehr stark mit dem Rest der Welt interagieren und entspreche auch gewissermaßen unserem Zeitgeist.

Bei manchen sprunghaften Entscheidungen, die zumeist über Trumps Twitter-Seite verkündet werden, könne auch eine Strategie dahinterstecken, um „eine gewisse Atmosphäre zu erzeugen“. Bei all dem Wirbel bleibt die Außenministerin aber offenbar gelassen und setzt eher auf diplomatische Gespräche im Hintergrund. Die parteilose, von der FPÖ nominierte Politikerin stellt in diesem Zusammenhang auch klar: „Ich gehöre nicht zu den Dauerempörten, die Trump als großes Dilemma sehen.“

Geografie als „Konstante der Geschichte“
Ganz nüchtern betrachtet die Chefdiplomatin auch die Beziehungen Österreichs zu Russland. Sie hält sich dabei an folgenden Spruch des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck: „Die Geografie ist die Konstante der Geschichte.“ Umgelegt auf Russland bedeutet das für Kneissl, dass schon allein aufgrund der geografischen Lage Österreichs und der europäischen Geschichte Russland als eindeutiger Partner zu sehen sei.

Auf die Frage, welche Beziehungen derzeit besser seien, meint die Außenministerin: „Es geht in der Diplomatie und auch in der Politik nicht um Gut oder Schlecht, sondern um ein Zusammenführen von Interessen. Und diese ändern sich.“ Um einander die Interessen deutlich vor Augen führen zu können, müsse man aber auch im Gespräch bleiben. Aus diesem Grund hofft Kneissl auf das Treffen Trumps mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am 16. Juli in Helsinki. Ein solches Treffen könnte Bewegung in „viele festgefahrene Pattsituationen“ bringen.

„2015 war kein Strohfeuer“
Wenige Tage vor der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes äußerte sich Kneissl natürlich auch zur Causa prima - dem Asylstreit in Deutschland und auf EU-Ebene. Sie vergleicht die derzeitige Situation mit jener im Jahr 2015, als bereits mehrere Regierungschefs und auch die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor einer immer dramatischer werdenden Flüchtlingskrise gewarnt hatten. „2015 war kein Strohfeuer. Die demografischen, wirtschaftlichen und politischen Ursachen sind die gleichen geblieben. Die Tatsache, dass 60 Millionen Menschen in Afrika mit Ausbildung dasitzen und keine Arbeit finden, wird weiterhin bestehen“, warnt die Außenministerin.

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