Streit um Asyl-Schiff

Italiens Minister fordert: „NGO-Crew festnehmen“

Ausland
22.06.2018 16:57

Vor dem EU-Sondergipfel führt Italien seine harte Linie in der Flüchtlingspolitik fort. Innenminister Matteo Salvini will keine Flüchtlinge aus anderen Ländern unterbringen und erteilt somit deutschen Forderungen eine Absage, bereits in Italien registrierte Asylbewerber zurückzunehmen. „Wir können keinen Einzigen mehr aufnehmen“, betonte der Chef der fremdenfeindlichen Lega. Salvini rief am Freitag Malta zudem dazu auf, dem Rettungsschiff Lifeline mit 239 Migranten an Bord die Einfahrt in La Valletta zu gewähren und anschließend zu konfiszieren. Die Crew solle festgenommen werden, forderte Salvini. Aus maltesischen Regierungskreisen hieß es dagegen, es liege keine offizielle Aufforderung betreffend der Lifeline vor.

Die neue italienische Regierung aus der rechten Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung fährt einen harten Kurs in der Migrationspolitik, obwohl die Ankunftszahlen dieses Jahr im Vergleich zu 2017 um rund 80 Prozent gesunken sind. Die neue Einwanderungspolitik der Regierung in Rom kommt bei der Bevölkerung laut Umfragen gut an.

Salvinis Lega segelt laut jüngsten Umfragen auf Rekordhoch und übertrifft sogar die Fünf-Sterne-Bewegung, die im Parlament doppelt so viele Stimmen hat. Sollte es zu Neuwahlen kommen, würde die Lega laut einer von der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ veröffentlichten Umfrage 30,1 Prozent der Stimmen erreichen. Bei den Parlamentswahlen am 4. März hatte es die Salvini-Partei auf 17 Prozent der Stimmen geschafft, die Partei von Luigi Di Maio hatte 32 Prozent der Stimmen erhalten.

„Zukunft der EU steht auf dem Spiel“
Für Salvini steht die Zukunft der EU derzeit auf dem Spiel: „Innerhalb eines Jahres wird sich entscheiden, ob es das vereinte Europa noch gibt oder nicht“, so Salvini im „Spiegel“-Interview. „Ob das Ganze sinnlos geworden ist“, werde sich vor allem bei den Haushaltsverhandlungen und im Vorfeld der Wahlen zum EU-Parlament im kommenden Jahr zeigen.

Neuer Streit um Flüchtlingsschiff
Nach der Aufregung um die Aquarius ist die Lifeline das nächste Boot, um das ein Streit entbrannt ist. Das Schiff hatte am Donnerstag nach Angaben der NGO Mission Lifeline Migranten vor der libyschen Küste gerettet. Die NGO berichtete auf Twitter, die italienische Küstenwache und Frachtschiffe in der Gegend um Unterstützung gebeten zu haben. Italiens Justiz ermittle zurzeit gegen die deutschen Hilfsorganisationen, die die Schiffe Lifeline und Seefuchs betreiben, hatte der für die Häfen zuständige Verkehrsminister Danilo Toninelli am Donnerstag bekannt gegeben. „Es ist verantwortungslos, die Abfahrt der Todesschiffe in Richtung Europa zu fördern“, kritisierte Toninelli.

Die Schiffe seien nach Angaben der Regierung in Den Haag „illegitim und illegal“ unter niederländischer Flagge gefahren, warf der Verkehrsminister den NGOs Lifeline und Sea-Eye vor. Die Vertretung Den Haags bei der Europäischen Union erklärte auf Twitter, die beiden Schiffe seien nicht in den niederländischen Registern verzeichnet. Ein Sprecher des deutschen Außenamtes erklärte mit Blick auf die beiden Schiffe, Deutschland stehe mit allen Beteiligten in Kontakt und setze sich für rasche Lösungen ein.

NGO: „Waren in internationalen Gewässern“
Die NGO Mission Lifeline verteidigt sich am Freitag gegen die Attacken der italienischen Regierung. Die Rettung Hunderter Migranten am Donnerstag sei in internationalen und nicht in libyschen Gewässern erfolgt, wie Italien behaupte, schrieb die NGO auf Twitter. „Wir respektieren die internationalen Gesetze“, so der Sprecher der deutschen Organisation, Alex Steier. Das Schiff sei auf halber Strecke zwischen Libyen und Malta unterwegs. Die Lage an Bord sei ruhig. „Die Migranten sind versorgt worden und wir haben keine Verletzten an Bord“, sagte Steier.

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani forderte unterdessen eine Erhebung der bei der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer engagierten NGOs. „Nur Organisationen mit europäischer Genehmigung zur Seerettung sollen im Mittelmeer zum Einsatz kommen können. Sie werden an Bord Personal der italienischen Marine, der Küstenwache oder der EU-Grenzschutzbehörde Frontex an Bord haben müssen“, so Tajani am Freitag in Rom.

„NGOs betreiben Menschenhandel“
„Man kann nicht mehr dulden, dass die NGOs Migrantenhandel betreiben“, sagte Tajani, der in Rom an einer Debatte zum Thema Flüchtlinge teilnahm. Die Hilfsorganisationen müssten qualifiziertes Personal an Bord haben. „Wir können nicht mehr NGOs zulassen, die für Migranten als Fähren zwischen Afrika und Europa dienen“, so der EU-Parlamentspräsident.

Tajani begrüßte auch den von Österreich unterstützten Vorschlag, sogenannte Hotspots in Afrika und am Balkan einzurichten. Europa könne nur wahre Flüchtlinge und keine Wirtschaftsmigranten aufnehmen, so der Parlamentspräsident, der die EU-Regierungs- und Staatschefs aufrief, weniger zu streiten und Lösungen zum Schutz der EU-Außengrenzen zu finden. Dabei sei die Stabilisierung Libyens von entscheidender Bedeutung, sagte Tajani. Er plane noch vor der Sommerpause eine Reise nach Libyen und Niger, kündigte der Italiener an.

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