Neue Frist für Merkel

Deutscher Asylstreit geht in die Verlängerung

Ausland
18.06.2018 14:32

Der Asylstreit zwischen CDU und CSU geht in die Verlängerung: Der mit Spannung erwartete Showdown zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) wurde am Montag auf Ende Juni vertagt. Merkel hat jetzt eine letzte Frist von zwei Wochen eingeräumt bekommen - um die von ihr bevorzugte europäische Lösung für die Zurückweisung von Migranten zu finden, die bereits in anderen EU-Ländern registriert sind. Fazit: Die Kanzlerin hat mit der Frist bis zum nächsten EU-Gipfel genau das bekommen, was sie sich von ihrem innerparteilichen Kontrahenten Seehofer erbeten hatte. Trotz des Asylstreits sieht Merkel aber weiter eine Grundlage für eine Zusammenarbeit mit Seehofer. Eine Kanzlerin und ein Innenminister müssten gesprächsfähig sein - dies sei nicht einfach, aber gegeben.

CDU und CSU streiten seit Wochen erbittert über die Frage, ob Flüchtlinge bereits an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden dürfen, wenn sie schon in einem anderen EU-Staat registriert sind. Während Seehofer dies befürwortet, lehnt Merkel dies ab. Sie setzt auf europäische Absprachen. Die Veröffentlichung seines „Masterplans“ hatte Seehofer wegen des Konflikts mit Merkel in der vergangenen Woche vorerst abgesagt.

Die Parteigremien von CDU und CSU kamen am Montag zu getrennten Sitzungen zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Seehofer ist demnach einverstanden damit, dass Merkel bis Ende des Monats versucht, im Streit über die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze eine europäische Lösung zu erarbeiten. Damit kann Merkel noch versuchen, auf dem EU-Gipfel Ende Juni eine europäische Asylreform durchzusetzen und das von Seehofer geplante einseitige deutsche Vorgehen verhindern. Merkel zufolge herrsche aber bei 62,5 der 63 Punkte im Masterplan Migration von Seehofer Übereinstimmung.

Die Kanzlerin beharrt jedoch darauf, dass es am Monatsende keinen „Automatismus“ gebe. Im „Lichte des Erreichten“ solle dann über das weitere Vorgehen entschieden werden, betonte sie. Sie sprach sich damit eindeutig gegen die Möglichkeit aus, dann bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Merkel warnte Seehofer vor einem Alleingang und zog damit in dem Konflikt eine klare rote Linie. 

Merkel droht Seehofer mit „Richtlinienkompetenz“
Wenn dies - also die automatische Zurückweisung an der Grenze - dennoch „in Kraft gesetzt“ würde, „dann würde ich sagen, ist das eine Frage der Richtlinienkompetenz“, drohte Merkel. Die „große Philosophie“ laute, „dass nicht unilateral, nicht unabgestimmt und nicht zulasten Dritter“ gehandelt werde. Am 1. Juli werde über Verhandlungsergebnisse beraten und man werde „im Lichte des Erreichten entscheiden“, so die Kanzlerin bei einer Pressekonferenz.

Zu dem Streit in der Union sagte sie: „Ich glaube, dass es sich lohnt, CSU und CDU beieinander zu halten.“ Die Frage eines Journalisten bei der Pressekonferenz, ob es für sie vorstellbar sei, „dass diese Regierung wirklich drei Jahre durchhält - haben Sie noch volle Richtlinienkompetenz?", beantwortete die Kanzlerin mit einem deutlichen JA.

Seehofer: „Thematik Migration noch nicht wirklich im Griff“
„Wir unterstützen jede europäische Lösung, jedes Bemühen um eine europäische Lösung“, erklärte indes Seehofer bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz in München. Der Innenminister freute sich jedenfalls darüber, „dass seit heute 62,5 Punkte von 63 Punkten des Masterplans Migration von der CDU akzeptiert werden“. Demnach gab es „nicht den Hauch eines Widerspruchs“. Allerdings bemängelte er zugleich: „Wir haben die ganze Thematik Migration noch nicht wirklich im Griff.“

Die Aussagen der beiden Kontrahenten machen eines deutlich: CDU und CSU sind beim Streitthema Zurückweisungen weiter uneins, der Asylstreit wurde somit lediglich vertagt. „Es gibt einen grundlegenden Dissens: Wir wollen einen nationalen Alleingang - und die CDU - zumindest die CDU-Spitze - will das nicht“, fasste es Seehofer treffend zusammen. Der Innenminister abschließend: „Wir wünschen der Bundeskanzlerin viel Erfolg, bleiben aber bei unserer Position.“

Kurz: „Haben in Seehofer einen starken Partner“
Merkel und Seehofer hatten vergangene Woche Bundeskanzler Sebastian Kurz in Berlin empfangen. Der ÖVP-Chef sagte, dass sich Österreich in deren Streit nicht einmische. Auf die Frage, wie Österreich auf eine Zurückweisung von Flüchtlingen durch Deutschland reagieren werde, sagte er in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Seehofer: „Wir pflegen einen so guten Austausch, dass unabhängig davon, wie die Entscheidungen in Deutschland fallen, wir da eine weitere gute Zusammenarbeit gewährleisten werden können.“

Österreich habe einige der Maßnahmen, die in Deutschland diskutiert werden, „bereits umgesetzt“, fügte der Kanzler hinzu. Und er sprach von einer „Achse der Willigen“ im Kampf gegen illegale Migration, bei dem man in Seehofer „einen starken Partner“ habe.

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