Kurregion Ostmähren

Tschechien: Schuhe, Schnaps und Solebäder

Reisen & Urlaub
07.07.2018 08:00

Auf den Spuren einer höchst abenteuerlichen Unternehmergeschichte durch die frühere k. u. k. Kurregion Ostmähren. Eine Entdeckungsreise für Genießer zu einem absoluten Geheimtipp in unser Nachbarland Tschechien.

Es ist die Zeit der Zwetschkenblüte in Zlin. Wie mit einem Pinsel mit Deckweiß gemalt, übersäen Wattebäusche aus Knospen die grünen Wiesen Ostmährens. Eifrig zwitschern Vögel um die Wette. Auch in der Stadt herrscht Betriebsamkeit. Bis heute, so scheint es, atmet man an den Ausläufern der Weißen Karpaten den Unternehmergeist des längst verstorbenen Unternehmers Tomáš Bata. 1894 hatte er hier eine Schuhfabrik gegründet - und die Geschichte der Region damit nachhaltig geprägt.

Aus dem verschlafenen Nest wurde die erste funktionalistische Metropole der Welt, aus Bata der weltgrößte Hersteller von Schuhen. Auch wenn der Konzern heute nicht mehr im Familienbesitz ist: Die geometrischen Straßenzüge, gebaut nach amerikanischem Vorbild, die hübschen Wohnsiedlungen für Arbeiter und der erste Wolkenkratzer Europas sind geblieben und machen die Stadt zu einem architektonischen Unikat.

Das abenteuerliche Leben von Tomáš Bata - im örtlichen Museum wird es eindrucksvoll nacherzählt. Der Unternehmer, der übrigens mit einer Wienerin verheiratet war und wegen seiner sozialen Errungenschaften für seine Mitarbeiter berühmt war, wollte schon als junger Mann hoch hinaus. Weil er von Flugzeugen fasziniert war, begann er, selbst welche zu bauen. Auch Fahrräder und Autoreifen ließ er erzeugen. In einem Studio auf dem Firmengelände trat er als Produzent von Zeichentrickfilmen in Erscheinung. Ausgerechnet bei einem Flugzeugabsturz kam der Tausendsassa 1932 ums Leben.

Um den Warentransport zu verbessern, ließ Bata einen Kanal graben. Die Wasserstraße wurde als Verbindung von der Donau zur Oder angelegt und ist heute mit dem Hausboot befahrbar. Entzückend eingerichtet ist das Ausflugsschiff von Oberkapitän Jan. Begleitet von seiner Ehefrau, Sohn Jan und dem familieneigenen Ziegenbock, steuert er die „Arche Noah“ sicher durch die 13 Schleusen, während sich die Gäste an Bord mit einem Seidel tschechischem Bier erfrischen.

Zurück an Land, dreht sich weiter alles ums Wasser
Auf die heilenden Vinzenz-Quellen von Bad Luhačovice haben einst schon die Habsburger gesetzt. Für Trinkkuren wurde das kostbare Nass bis ins Schloss Schönbrunn gebracht. Auch heute noch lockt die beschauliche Kurgemeinde mit den vielen Jugendstil-Villen und dem Jurkovič-Haus (ein einzigartiges Beispiel für die Architektur der volkstümlichen Sezession) die Gäste an. „Gelöste Mineralstoffe wie Natrium oder Magnesium verschaffen Linderung bei Erkrankungen des Bewegungsapparats oder der Atemwege“, verspricht die Reiseführerin. Zahlreiche Angebote zum Thema Wellness lassen keine Urlaubswünsche offen.

Nach so viel Gesundheit darf man sich abends noch mit einem Festmahl stärken. In der urigen Waldschenke von Vizovice werden die Schätze der mährischen Küche serviert: Wie wäre es zum Beispiel mit einer Walachischen Krautsuppe als Vorspeise? Auch der Rinderbraten mit Wurzelsauce und Knödeln ist ein Gedicht. Palatschinken mit Powidlfüllung und Mohn verlocken als Nachtisch. Zur Verdauung sei dann noch ein Sliwowitz aus der berühmten Schnapsmanufaktur von Rudolf Jelínek empfohlen. Die ersten Früchte für den Zwetschkenbrand reifen bald in Zlin heran und ringsum auf den Hügeln. Ostmähren bleibt somit in aller Munde - und wartet darauf, entdeckt zu werden.

Gregor Brandl, Kronen Zeitung

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