Gesetzesprüfung:

Gericht zweifelt am Deckel für Mindestsicherung

Oberösterreich
14.06.2018 16:45

Oberösterreichs Landesverwaltungsgericht hat Zweifel, dass der oberösterreichische 1500 Euro-Deckel auf die Mindestsicherung verfassungskonform ist, weil er ungleich große Familien gleich behandelt. Er stellt daher einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof, der vor kurzem einen ähnlich starren Deckel in Niederösterreich gekippt hat. Die schwarzblaue Regierungsmehrheit, die den Deckel eingeführt hat, reagiert besonnen:  „Wir respektieren den Gesetzesprüfungsantrag des Oö. Landesverwaltungsgerichts, bekennen uns aber weiterhin klar zu unserem Modell der Mindestsicherung“, so OÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer und FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr.

Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sind in Verfahren betreffend die Zuerkennung Bedarfsorientierter Mindestsicherung mehrere Beschwerden anhängig, die sich insbesondere gegen die Deckelung von Leistungen für Haushaltsgemeinschaften richten und die Verfassungsgemäßheit dieser Bestimmungen in Zweifel ziehen. Auch seitens der erstinstanzlichen Behörden wurden im Rahmen dieser Verfahren Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der betroffenen Regelungen des Oö. BMSG geäußert.

Fall Niederösterreich gibt Gericht zu denken
„Im Lichte der genannten niederösterreichischen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes sind daher auch die Details der oberösterreichischen Regelungen, soweit sie sich auf eine Deckelung der Leistungen für Haushaltsgemeinschaften beziehen, einer näheren Betrachtung zu unterziehen“, hat das OÖ Landesverwaltungsgericht erwogen.

Vier oder neun Familienmitglieder - egal
Denn: „Die im Oö. BMSG festgelegt Form der Deckelung der Leistungen führt dazu, dass die Bedarfssituation von Haushaltsgemeinschaften unterschiedlicher Größe zu einer gleich hohen Leistungsbemessung führt“. Das bedeute, dass beispielsweise eine Haushaltsgemeinschaft bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei minderjährigen Kindern den gleichen Betrag an Bedarfsorientierter Mindestsicherung erhält - nämlich 1512 Euro - wie eine Haushaltsgemeinschaft bestehend aus zwei Erwachsenen und (bis zu) sieben minderjährigen Kindern.

Es geht um den individuellen Bedarf
Das Fazit des OÖ Gerichtes klingt so: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des VfGH, dass der Fokus in einem System der sozialen Sicherheit am individuellen Bedarf liegt, stellt sich in diesem Zusammenhang - unabhängig von der konkreten Höhe der Beträge - daher die Frage, ob die gesetzlichen Regelungen des Oö. BMSG im Sinne der individuellen Bedarfsorientierung bei Haushaltgemeinschaften in speziellen Sachverhaltskonstellationen noch ausreichend sachlich gerechtfertigt sind, oder Leistungsempfänger bereits in unsachlicher Weise differenziert werden.“

Wie ÖVP und FPÖ reagieren
„Wir respektieren den Gesetzesprüfungsantrag des Oö. Landesverwaltungsgerichts, bekennen uns aber weiterhin klar zu unserem Modell der Mindestsicherung“,sagen OÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer und FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr dazu. Sie bekräftigen ihre gute Absicht:„Mit der Kürzung der Mindestsicherung für befristete Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte im Jahr 2016 haben wir einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, unser Sozialsystem vor Überforderung zu schützen und die Attraktivität von Oberösterreich als Zielland für Flüchtlinge zu senken. Der Mindestsicherungs-Deckel bei 1500 Euro schafft zusätzlich mehr Leistungsgerechtigkeit und Arbeitsanreize“, sagen Mahr und Hattmannsdorfer.

„Kein starrer Deckel in Oberösterreich“
Wie auch in der Begründung des Oö. Landesverwaltungsgerichts klar festgehalten, ist die Mindestsicherung in Oberösterreich und Niederösterreich unterschiedlich geregelt, da es in Oberösterreich keinen starren Deckel gibt, meinen Hattmannsdorfer und Mahr abschließend.

Werner Pöchinger, Kronen Zeitung

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