„Keine Chance“

EU-Asylreform komplett festgefahren

Ausland
05.06.2018 15:59

Die Reform der EU-Asylpolitik ist wegen des Streits um eine Flüchtlingsverteilung komplett festgefahren. Bei einem EU-Innenministerrat am Dienstag in Luxemburg kündigten mehrere EU-Staaten an, dem Kompromissentwurf der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft nicht zuzustimmen. „Ich glaube nicht, dass wir hier eine realistische Chance auf einen Kompromiss haben“, sagte Österreichs Ressortchef Herbert Kickl (FPÖ).

Den schärfsten Widerstand gegen eine verpflichtende Flüchtlingsverteilung hatten bereits im Vorfeld die Visegrad-Staaten Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen erkennen lassen. Aber auch Deutschland will dem Paket nach aktuellem Verhandlungsstand nicht zustimmen. Es müsse eine stabile Asyl-Zuständigkeit des Ersteinreiselandes in der EU geben, mindestens für zehn Jahre, sagte der deutsche Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU). Der aktuelle Entwurf sieht acht Jahre vor. „Darüber hinaus ist für uns auch nicht akzeptabel, dass nach dem jetzigen Verhandlungsstand der Asylverordnung eine Rückführung von besonders schutzberechtigten Personen nicht möglich sein soll“, sagte Mayer.

Auch die neue rechtsgerichtete Regierung in Italien lehnt den vorliegenden Vorschlag ab, allerdings weil er ihr nicht weit genug geht. „Dieses Dossier würde Italien und die anderen EU-Mittelmeerländer noch mehr benachteiligen. Italien darf nicht in ein Flüchtlingslager umgewandelt werden“, so Innenminister Matteo Salvini auf Twitter. Salvini nahm wegen einer Vertrauensabstimmung in Rom nicht an dem EU-Innenministerrat teil, auch Deutschlands Ressortchef Horst Seehofer (CSU) blieb dem Treffen fern.

Dreistufiges System der Verteilung umstritten
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich eine Frist bis Juni gesetzt, um in der strittigen Asyl- und Dublin-Refom im Konsens zu einer Einigung zu gelangen. Heikelster Punkt ist die seit Jahren umstrittene Flüchtlingsverteilung. Der bulgarische Entwurf sieht ein dreistufiges System vor, das im Fall von Migrationskrisen zunächst eine freiwillige Unterstützung der EU-Partner vorsieht. Liegt ein Land aber 40 bis 60 Prozent über seinem „fairen Anteil“, würden Asylwerber nach einem Algorithmus umverteilt.

Da es bislang keine Einigung gab, müssen sich die EU-Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel Ende Juni mit dem weiteren Vorgehen befassen. Als EU-Ratspräsident will Kickl im nächsten Halbjahr einen „Paradigmenwechsel“ in der EU-Asylpolitik. Zunächst müsse man aber abwarten, was beim EU-Gipfel herauskomme.

Italien als „starker Verbündeter“
Kickl sieht die neue italienische Regierung als „starken Verbündeten“ in der EU-Migrationspolitik. „Ich freue mich über jeden Verbündeten, der das Interesse der europäischen Mitgliedsstaaten ins Zentrum der Überlegungen stellt.“ Salvinis Lega und die FPÖ arbeiten im EU-Parlament in der EU-skeptischen Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ zusammen.

Asselborn reagiert mit Sarkasmus
„Wir kommen nur aus diesem Loch heraus, wenn wir alle verstehen, dass wir einen Kompromiss brauchen“, sagte der luxemburgische Außen- und Migrationsminister Jean Asselborn. Die Erfolgsaussichten beurteilte Asselborn mit Sarkasmus: „Ich würde sagen, für Ostern haben wir einen Kompromiss. Ich weiß nur nicht in welchem Jahr.“

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