Schulden im Budget

Der Gitzentunnel birgt sehr viele Geheimnisse

Salzburg
04.06.2018 08:27

Es scheint das Lieblingsprojekt des Landes zu sein: Der Gitzentunnel bei Bergheim. Mindestens zweihundert Millionen Euro soll er kosten und demnach neue Schulden im Budget verursachen. Der Landesbaudirektor kennt sich mit privaten Finanzierungsmodellen aus - Beispiel war die Nordautobahn im Weinviertel.

PPP - hinter diesen drei phonetisch gut klingenden Buchstaben verbirgt sich ein kompliziertes Finanzierungsmodell für öffentliche Bauvorhaben: Public-Private-Partnership.
Im Leitfaden für Städte und Gemeinden wird diese Verbindung zwischen öffentlichen Stellen und privaten Firmen mit dem Bild eines Handschlags dargestellt. Im Endeffekt laufen alle diese Modelle natürlich auf neue Schulden hinaus, denn am Ende begleicht immer der Steuerzahler die Rechnung.

Christian Nagl, 1967 in Gmunden geboren, kennt sich mit PPP sehr gut aus.
Bis zu seiner Bestellung zum Landesbaudirektor am 1. Dezember 2007 war er für diese Modelle bei der Asfinag zuständig.
Der erste Konzessionsvertrag für die Nordautobahn im Weinviertel (NÖ) wurde umgesetzt. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2006 die „Bonaventura“ („Gute Zukunft“) - Straßen-Errichtungs-GmbH., an der maßgebend die Baufirma Alpine beteiligt war.
Der Hauptsitz der Alpine befand sich in Salzburg. Nachdem der frühere Geschäftsführer sich von einer Anklage wegen Schmiergeldzahlungen beim Bau des Stadions in München freigekauft hatte, wanderte die Alpine in spanische Hände.

Dennoch kam es zur Mega-Pleite: Die Schulden wurden mit 2,6 Milliarden Euro beziffert.  Verfahren wegen Betrugsverdacht beim Verkauf von Alpine-Aktien laufen noch immer.

Die Alpine verfügte über beste Beziehungen zur Politik: So wurde in Guggenthal eine groß dimensionierte Unterführung vom Land errichtet. Offiziell diente sie der besseren Erschließung der Gruberfeldsiedlung in Koppl. Zufällig errichtete der frühere Alpine-Geschäftsführer am Hang des Gaisbergs mit Partnern eine große Wohnanlage für genehmigte Zweitwohnsitze.

Die Bauwirtschaft ist in Salzburg überdimensioniert und benötigt daher immer wieder neue Aufträge. Unter Tauern und Katschberg sind die zweiten Tunnelröhren schon seit einigen Jahren fertiggestellt.

Zuviel Geld für die mögliche Entlastung
Daher geistert der rätselhafte Gitzentunnel immer wieder durch die Regierungsprogramme. Ein Straßentunnel unter der hügeligen Erhebung im Norden von Bergheim, der die Lamprechtshausener Bundesstraße und den Kreisverkehr bei Lengfelden verbinden soll.
Ob Bergheim  entlastet wird, ist fraglich.

Der wahre Grund ist eine neue Nordspange
Das Projekt hat einen Hintergrund: Mit einer neuen Brücke über die Salzach nach Bayern quer durch die Au entsteht eine Nord-Tangente der Stadt Salzburg, dazu ein neues großes Gewerbegebiet, denn Wohnsiedlungen sind in der Umgebung der Tunnelaus- und -eingänge undenkbar.

Mit 200 Millionen Euro wäre der längst notwendige Ausbau der gut frequentierten Lokalbahn zwischen Bürmoos-Oberndorf und der Stadt möglich: Ein zweites Gleis und die unterirdische Verbindung bis zum Mirabellplatz mit der Möglichkeit, in Richtung Linzergasse durch den Kapuzinerberg und dann unter dem Rehrlplatz in Richtung Süden zu gelangen.

Finanzabteilung warnt vor den PPP-Modellen
Die Finanzabteilung des Landes Salzburg warnt vor der Umsetzung von privaten Finanzierungsmodellen, in Gespräch waren zunächst Unterflurtrassen in Bergheim und Anif.
Landesbaudirektor Nagl sagte dazu: „Ich bin kein Fetischist, der PPP-Modelle überall umsetzen will. Wenn die Politiker mich aber ersuchen, mit PPP-Modelle für Salzburg anzuschauen, werde ich das natürlich tun.“

Beim Modell PPP werden die Planung, der Bau und die Finanzierung sowie auch der Betrieb vom privaten Partner allein geleistet.
Die Projekte sind wie im Weinviertel auf eine Dauer von 30 Jahre angelegt.
Vor allem die Industriellenvereinigung (Chef ist Peter Unterkofler, Ehemann der Salzburger Baustadträtin Barbara Unterkofler) fordert in regelmäßigen Abständen den Gitzentunnel. Landesbaudirektor Nagl hat beste Verbindungen zur Vereinigung der Industriellen.

Knoten Hagenau und ein klarer Gegner
Vor der Realisierung steht der Ausbau des A 1-Knotens Hagenau, der Bergheim entlasten wird. Landesbaudirektor Nagl hat da eine andere Meinung: „Ich halte es nicht für richtig, unsere Autobahnen mit immer neuen Anschlussstellen zuzupflastern.“

Hans Peter Hasenöhrl

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