Drei Jahre danach

Todesfahrer Alen R.: „Werde noch immer verfolgt“

Österreich
03.06.2018 06:00

Er spricht von gefährlichen Feinden - und verlässt fast nie seine Zelle. Er glaubt an eine baldige Haftentlassung. Er träumt von einer Hochzeit. Drei Jahre nach seiner blutigen Todesfahrt durch Graz bezeichnet sich Alen R. noch immer als „Opfer einer Verschwörung“.

Drei Menschen - darunter einen vierjährigen Buben - hat er umgebracht und Dutzende weitere schwer verletzt. Damals, am 20. Juni 2015, bei seiner Amokfahrt durch Graz. Viele der Opfer werden vermutlich ihr Leben lang an den Folgen der Tat leiden, körperlich und seelisch. Und unfassbar grauenhaft das Schicksal der Angehörigen der Ermordeten.

Lebenslange Haft
Bei seinem Prozess im Herbst 2016 bekam Alen R. lebenslang. Mit der Bedingung, dass eine eventuelle Haftentlassung irgendwann, in vielen Jahren, nur erfolgen dürfe, wenn er von mehreren Psychiatern für ungefährlich erklärt würde. In der Verhandlung war es davor zu einem Gutachter-Streit gekommen. Zwei Sachverständige hatten den Täter als schizophren - und damit unzurechnungsfähig - eingestuft, zwei andere erachteten ihn zwar für hochgradig gestört - jedoch fähig, sich der Folgen seines entsetzlichen Handelns bewusst gewesen zu sein.

Ja, Alen R. tötete mit Vorsatz - urteilten letztlich acht Geschworene und verhinderten so seine von der Justiz bereits angedachte Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Er gilt als „auffällig unauffälliger“ Häftling
Seit 20 Monaten sitzt Alen R. mittlerweile in Krems-Stein ein - und gilt dort als „auffällig unauffälliger“ Insasse. Brav hält er sich an die Gefängnisregeln, sagt höflich mit leiser Stimme „Danke“, wenn ihm die Wachebeamten Essen in seine Zelle bringen. Wo er ein völlig isoliertes Dasein führt, beinahe rund um die Uhr auf seinem Bett liegt, schläft - oder sich im Fernsehen Talk-Shows und Seifenopern ansieht.

Den Kontakt zu anderen Häftlingen vermeidet er; selten ist er dazu bereit, Hofspaziergänge zu machen. Ihm in einer Gefängniswerkstätte eine Arbeitsstelle zuzuweisen, scheint aufgrund seiner massiven Angstzustände unmöglich. Noch immer redet er nämlich von „Verfolgern“, die ihn am Tag des Dramas erschießen wollten.

„In Panik vor ihnen bin ich mit meinem Auto durch die Stadt gerast“, behauptet er - angeblich ohne von dem Blutbad, das er anrichtete, etwas zu bemerken. „Meine Feinde tragen die Verantwortung an dem Geschehenen“, sagt er, und: „Ich hoffe, dass es der Polizei gelingt, sie zu fassen.“ Nicht nur „weil ich dann selbstverständlich freigelassen werden müsste - sondern auch zu meiner Sicherheit. Denn ich weiß es: Meine Verfolger sind weiterhin hinter mir her.“

Haftverlegung in die Steiermark beantragt
Zweimal pro Woche wird der 29-Jährige von seinen - gesundheitlich angeschlagenen - Eltern besucht. „Um ihnen die langen Anfahrtswege zu ersparen“, so Alen R.s Anwältin Liane Hirschbrich, „hat mich mein Mandant ersucht, seine Verlegung in die Justizanstalt Graz-Karlau zu beantragen.“ Der Wunsch nach einer Überstellung in seine Heimat dürfte aber auch noch einen anderen Grund haben. Beim Pflegschaftsgericht kämpft der Täter nämlich gerade darum, seine beiden kleinen Söhne hinter Gittern sehen zu dürfen.

Kurz vor der Amokfahrt war ihre Mutter mit ihnen vor dem - auch ihr gegenüber gewalttätigen - Mann aus dem Familienanwesen der R.s in Kalsdorf geflohen, längst wurde die Ehe geschieden. Die Frau lebt jetzt unter neuem Namen an einem geheimen Ort in der Steiermark - Treffen der Buben mit ihrem Vater will die 25-Jährige verhindern.

„Eine von ihnen wird die Richtige sein“
Alen R. - er selbst hält sich für harmlos. Bis heute bestreitet er, ein Mörder zu sein; bis heute leugnet er, seine Ex misshandelt zu haben: „Ich war stets gut zu ihr.“ Seine Zukunftspläne? Im Falle einer Entlassung - „Ich glaube fest daran, dass meine Unschuld bald bewiesen wird.“ - möchte er „wieder bei Papa und Mama einziehen und für sie sorgen“.

Und der Amokfahrer träumt von einer Heirat. Tatsache ist: Er bekommt regelmäßig Post von Verehrerinnen, darunter eine Adelige. Alle diese Damen schreiben in ihren Briefen, dass sie ihm während seiner Zeit im Gefängnis gerne beistehen würden und an einer näheren Beziehung mit ihm interessiert wären. „Eine von ihnen“, sagt Alen R., „wird schon die Richtige für mich sein ...“

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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