Alle gegen Rajoy

Spaniens Regierungschef vor dem Sturz

Ausland
31.05.2018 18:31

In Spanien steht Ministerpräsident Mariano Rajoy vor dem Verlust seines Amtes. Die Partei der baskischen Nationalisten, PNV, kündigte am Donnerstag im Parlament in Madrid an, sie werde das Misstrauensvotum der sozialdemokratischen PSOE gegen den konservativen Regierungschef unterstützen. Nach Medienberichten ist damit die notwendige absolute Mehrheit für die Abwahl Rajoys am Freitag erreicht.

„Wir glauben, wir erfüllen das, was die meisten Basken wünschen“, sagte der Sprecher der PNV, Aitor Esteban, in der Debatte. In Europa zeichnet sich damit neben Italien ein weiterer Krisenherd ab. 180 Abgeordnete mehrerer Parteien würden voraussichtlich gegen Rajoy stimmen, berichteten übereinstimmend die Sender Cadena Ser und La Sexta. Die absolute Mehrheit, die PSOE-Chef Pedro Sanchez für die Ablösung von Rajoy in einem konstruktiven Misstrauensvotum braucht, liegt bei 176 Stimmen. Die Abstimmung über das Misstrauensvotum wird am Freitag erwartet.

Außer den 84 Abgeordneten der PSOE wollen auch das linke Bündnis Unidos Podemos, das über 67 Sitze verfügt, und mehrere Regionalparteien - unter anderem auch aus der Krisenregion Katalonien - sowie die baskische PNV gegen den Regierungschef votieren. Die liberale Partei Ciudadanos hatte angekündigt, die PSOE nicht stützen zu wollen. Sie warnte die Sozialisten davor, mit Unterstützung von „Populisten und Separatisten“ an die Macht kommen zu wollen. Sie fordern zwar auch den Abtritt Rajoys, allerdings pochen sie im Gegensatz zu den Sozialisten auf rasche Neuwahlen. Die PSOE lehnt dies angesichts schlechter Umfragewerte ab.

Katalonien entscheidet über Rajoys Schicksal
Im Rahmen dieser Konstellation spielt somit Katalonien wieder eine wichtige Rolle und entscheidet - Ironie des Schicksals - mit über das politische Ende des ewigen Widersachers Rajoy. Die separatistischen Regionalparteien ERC und PDeCAT sind schon lange mit Rajoys konservativer Volkspartei (PP) auf Konfrontationskurs - und hoffen, mit einer anderen Zentralregierung einen Dialog zu beginnen. Schon bald soll in Barcelona das neue Kabinett vereidigt werden, nachdem Regionalchef Quim Torra am Dienstag seine umstrittene Ministerliste umgebaut und somit im Streit mit Madrid eingelenkt hatte. Torra hofft, dass nun die Zwangsverwaltung beendet wird, unter die Rajoy die Krisenregion gestellt hatte.

Sanchez hatte den konstruktiven Misstrauensantrag, bei dem er als Kandidat für eine Nachfolge Rajoys antritt, als Reaktion auf die Gerichtsurteile in der Korruptionsaffäre um Rajoys PP gestellt. Diese war in der Vorwoche wegen Verwicklung in den Fall zu einer Geldstrafe von 245.000 Euro verurteilt worden. Mehrere Ex-Parteimitglieder erhielten langjährige Haftstrafen. Der Skandal ist unter dem Namen „Operation Gürtel“ bekannt geworden.

Tritt Rajoy selbst zurück?
Rajoy könnte angesichts der sich abzeichnenden Niederlage einem Misstrauensvotum zuvorkommen und seinen Rücktritt erklären. König Felipe VI. müsste dann ausloten, ob das Parlament einen Nachfolger wählen könnte oder Neuwahlen ausgerufen werden müssten. Es ist erst der vierte Misstrauensantrag in Spanien seit dem Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975. Die drei vorangegangen waren gescheitert.

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