„Ständiges Zündeln“

Wirbel um Strache-Aussagen zu EU-Arbeitsmarkt

Österreich
30.05.2018 15:35

Die Aussage von Vizekanzler Heinz-Christian Strache zur Personenfreizügigkeit innerhalb des EU-Arbeitsmarktes hat für einen gewissen Unmut gesorgt. So wies etwa der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im deutschen Bundestag, Norbert Röttgen, Straches Forderung vehement zurück. Der Vorschlag sei eine „Mischung aus Fantasielosigkeit und Stimmungsmache“, so der CDU-Politiker am Mittwoch. Othmar Karas, Abgeordneter der Volkspartei im EU-Parlament, warf Strache „ständiges Zündeln“ in Sachen EU vor.

Strache hatte am Dienstagabend bei einer Veranstaltung im Haus der Europäischen Union in Wien die EU-Personenfreizügigkeit in ihrer derzeitigen Form infrage gestellt - und als Grund unter anderem billige Arbeitskärfte aus Osteuropa angeführt. Röttgen verwies dabei auf die kürzlich beschlossene Neufassung der Entsenderichtlinie, die ein solches Lohndumping unterbinden soll. „Und in Deutschland haben wir schon heute und immer mehr das gegenteilige Problem: fehlende Arbeitskräfte“, sagte der CDU-Politiker im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Karas: „Strache zündelt bei jeder EU-Wortmeldung“
ÖVP-Delegationsleiter Karas kommentierte Straches Aussagen, die auch in mehreren internationalen Medien für Schlagzeilen sorgten, ebenfalls kritisch. „Es ist bedauerlich, dass Heinz-Christian Strache bei jeder Wortmeldung zur Europäischen Union zündelt und damit Irritationen in und außerhalb Österreichs auslöst“, so Karas im EU-Parlament in Straßburg. „Wenn Strache die Bewegungsfreiheit in der EU infrage stellt, dann rüttelt er an den Grundrechten der Bürger, an den Grundfesten der EU und am Binnenmarktkonzept, von dem Österreich überdurchschnittlich profitiert. Ich erinnere daran, dass das auch rund 250.000 Österreicher in anderen EU-Ländern betreffen würde und der Wohlstand Österreichs zu 60 Prozent von der Teilnahme am EU-Binnenmarkt abhängt.“

NEOS-Europasprecherin Claudia Gamon verglich den Vizekanzler mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban. „Die vier Grundfreiheiten sind die größte Errungenschaft der Europäischen Union. Dass Strache diese fundamentale Freiheit infrage stellt, zeigt, wie sehr er schon auf den Kurs Orbans abgeglitten ist“, schrieb sie in einer Aussendung vom Mittwoch. „Wir helfen unseren Nachbarn sicher nicht, indem wir unsere Grenzen wieder dicht machen und uns von ihnen abschotten.“

„Nationalistische Sackgasse mit Abgrund"
Auch die Paneuropa-Bewegung äußerte sich kritisch zu Straches Aussagen. Generalsekretär Rainhard Kloucek nannte die Überlegungen in einer Mitteilung vom Mittwoch „eine nationalistische Sackgasse mit Abgrund“. Notwendig sei nicht eine Einschränkung der Grundfreiheiten, „sondern deren volle Umsetzung in einem echten, vollständigen Binnenmarkt“.

Die österreichische EU-Abgeordnete Monika Vana, Vizepräsidentin der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, warf dem FPÖ-Chef in einer Aussendung vor, die „Grundrechte der Europäer infrage zu stellen“. Es sei „unfassbar“, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) „bei diesen Entgleisungen der FPÖ tatenlos zusieht“. Während der am 1. Juli beginnenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft dürfe es „keinen Kniefall vor den Antieuropäern geben“, forderte Vana.

Grundpfeiler der EU und des Binnenmarkts
Die Personenfreizügigkeit ist einer der Grundpfeiler der EU und des Europäischen Binnenmarkts - zusammen mit dem freien Waren- und Kapitalverkehr sowie der Dienstleistungsfreiheit. Sie gibt jedem EU-Bürger das Recht, sich seinen Wohnort und Arbeitsplatz auch außerhalb des Heimatlands innerhalb der EU auszusuchen.

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele