"SP-Privatarmee"

Aufregung um Assistenz-Soldaten für Eisenstadt

Österreich
13.11.2009 14:03
Der Anblick patrouillierender Bundesheer-Soldaten soll auch in der burgenländischen Landeshauptstadt Eisenstadt alltäglich werden. Der dortige Sicherheitsdirektor Erhard Aminger hat am Freitag bekannt gegeben, dass der Assistenzeinsatz auf das Stadtgebiet ausgeweitet wird. Die ÖVP ortet eine parteipolitische Entscheidung der im Burgenland mit absoluter Mehrheit regierenden SPÖ und spottete über eine "SP-Privatarmee".

Hinter vorgehaltener Hand heißt es im Burgenland, die Patrouillen seien als Reaktion auf einen kürzlich erfolgten Einbruch in die rote Parteizentrale "angeordnet" worden. Für eine Einsatz-Ausweitung muss formal die Sicherheitsdirektion beim Verteidigungsministerium ansuchen. Die Streifen der Soldaten erfolgen dann in Abstimmung mit den örtlichen Polizeidienststellen. Das Militär wird dabei zum "Werkzeug" der Exekutive.

Aminger sagte am Freitag, er rechne mit einer "Kräfteverlagerung" schon in der kommenden Woche. Er wolle dem Militärkommandanten nicht vorgreifen, gehe aber von ein bis zwei Zügen aus, also 100 bis 200 Soldaten, die Streifendienst im Großraum Eisenstadt versehen sollen. Wo die Züge stationiert werden, ist noch nicht bekannt. Der Kommandostab des Assistenzeinsatzes ist in der Martin-Kaserne in der Landeshauptstadt stationiert.

Aminger gibt zu: "Optik ist nicht gut"
Gegen einen Zusammenhang mit dem Einbruch in die SPÖ-Parteizentrale Eisenstadt am Wochenende verwehrte sich Aminger, gestand aber: "Die Optik ist nicht gut, das gebe ich zu. Aber es ist sicher nicht so, dass ich auf Zuruf irgendeiner Partei Maßnahmen veranlasse." Aminger ist SP-Vizebürgermeister der Gemeinde Loipersbach im Bezirk Mattersburg, wo derzeit ein Zug einer Assistenzkompanie stationiert ist. Erst im Sommer hatte Bundeskanzler Werbner Faymann den dortigen Soldaten einen PR-Besuch (Foto) abgestattet.

Die Ausweitung sei schon länger angedacht, und auch mit den Bezirkshauptleuten habe er schon vor eineinhalb Wochen gesprochen, erklärte Aminger. Er wolle die Bundesheer-Kräfte nun verstärkt in jenen Bezirken einsetzen, die in den vergangenen Monaten von einem starken Anstieg der Einbruchskriminalität betroffen waren. Und das sind laut Statistik eben die Landeshauptstadt und der Bezirk Eisenstadt-Umgebung, wo von Jänner bis Oktober eine Steigerung der angezeigten strafbaren Handlungen um 15 Prozent verzeichnet wurde.

"Privatarmee für die SP-Parteizentrale"
"Eine politische Entscheidung" sieht die Bürgermeisterin von Eisenstadt, Andrea Fraunschiel von der ÖVP, im Beschluss der Sicherheitsdirektion. Nach dem Einbruch ins sogenannte Rote Haus "soll es nun eine Privatarmee für die SP-Parteizentrale geben", erklärte Fraunschiel am Freitag. "Die Ausdehnung des Assistenzeinsatzes auf die Landeshauptstadt wird kein Mehr an Sicherheit bringen, im Prinzip dürfen die Soldaten nicht mehr als jeder Bürger, nämlich bei Beobachtung einer strafbaren Handlung die Polizei verständigen", meinte Fraunschiel und betonte: "Kriminalitätsbekämpfung ist Sache der Polizei." Die Steigerung der Kriminalitätsrate im Bezirk führt sie vor allem auf Internetkriminalität zurück - "die werden 18-jährige Burschen mit halbgeladenen Waffen in der Eisenstädter Innenstadt kaum verhindern können", sagte die ÖVP-Politikerin.

Der Assistenzeinsatz
Fast 17 Jahre lang überwachten Soldaten des Bundesheeres nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Grenzen im Osten und griffen dabei mehr als 80.000 illegale Grenzgänger auf. Nach dem Beitritt unserer Nachbarländer zum Schengenabkommen wurde der "Assistenzeinsatz zur Grenzraumüberwachung" in einen "sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz nach Schengenerweiterung" umgewandelt. Die Hochstände im Grenzgebiet wurden versteigert, Kontrollposten in der Wildnis abgebaut und mehrere Gefechtsstände aufgelassen.

Waren es früher mehr als 2.000 Soldaten, so stehen seit 2007 meist weniger als 1.000 Kräfte - meist sind es Grundwehrdiener, Miliz- und Kadersoldaten aus dem Westen, die einen sechswöchigen Dienst antreten - im Einsatz. Sie patrouillieren nunmehr in den Ortschaften und haben bis auf das sogenannte Jedermannsrecht (Eingreifen bei Begehung einer Tat) keine Befugnisse. Die Soldaten sind aber bewaffnet. Juristen kritisieren den Einsatz als verfassungswidrig und häufig auch einen Missbrauch auszubildender Soldaten als Wachkräfte. Auch stellen Experten in Frage, was der Einsatz bringt, außer das vielzitierte "subjektive Sicherheitsgefühl" der Bevölkerung. Erfolgsberichte über verhinderte Verbrechen, Lebensrettungen bei Unfällen und Präventiv-Leistungen (z.B. unversperrte Ladentüren) gibt es aber immer wieder. 

Verlängerung steht bevor
Der laufende Assistenzeinsatz würde eigentlich Ende des Jahres auslaufen. SPÖ-Verteidigungsminister Darabos hatte sich aber bereits Ende August zu "100 Prozent" für eine Verlängerung in das Jahr 2010 ausgesprochen. ÖVP-Innenministerin Maria Fekter dürfte sich naturgemäß nicht dagegen stellen. Eine Entscheidung soll bis spätestens Ende November fallen. Die Bestellung von Soldaten nach Eisenstadt lässt das Ergebnis jetzt natürlich noch mehr erhahnen. Zuletzt hieß es, die Maximalkapazität der verfügbaren Soldaten könnte auf bis zu 1.500 Mann aufgestockt werden.

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