Fesselnde Karriere

Seit Jahrzehnten am Ball: Hannes Androsch ist 80

Österreich
18.04.2018 11:28

Kaum ein Österreicher war im vergangenen halben Jahrhundert so omnipräsent und gestalterisch tätig wie Hannes Androsch. Er war als „Kronprinz“ Bruno Kreiskys Finanzminister und Vizekanzler, wechselte an die Spitze der Creditanstalt, fiel tief und stieg zum erfolgreichen Industriellen auf, der über Jahrzehnte mit Initiativen, Büchern und Artikeln das Land prägte. Am Mittwoch feiert Androsch seinen 80. Geburtstag - und auch heute ist der Wiener noch oft gefragter Gesprächspartner und Kommentator des politischen Geschehens.

Androsch wurde am 18. April 1938 im „roten“ Floridsdorf geboren, auch seine Familie war politisch so geprägt. 1953 wurde er Bezirksobmann der Sozialistischen Mittelschüler, neun Jahre später stand er dem Verband Sozialistischer Studenten in Österreich vor. Nach einem Diplomstudium an der Hochschule für Welthandel begann Androsch als Steuerberater in der Kanzlei seines Vaters und übernahm diese 1965 nach dessen Tod.

Mit 32 Jahren Finanzminister
Schon 1963 begann er für den SPÖ-Parlamentsklub zu arbeiten und zog 1967 in den Nationalrat ein. 1970 machte Bruno Kreisky den 32-Jährigen zum bis dahin jüngsten Finanzminister der Zweiten Republik. Als solcher war er Verfechter der Schilling-Hartwährungspolitik, Kritiker sahen ihn aber auch an der Wiege von Kreiskys „Deficit Spending“-Politik stehen.

Schleichendes Zerwürfnis mit Kreisky
1976 wurde Androsch Vizekanzler und galt als solcher lange als „Kronprinz“ des „Sonnenkanzlers“. Doch das persönliche Verhältnis zwischen Kreisky und Androsch verschlechterte sich nach und nach - was Androsch selbst auf krankheitsbedingte Persönlichkeitsveränderungen Kreiskys schob und von „alttestamentarischem Hass“ des Kanzlers ihm gegenüber sprach. 1978 kam erstmals Kritik daran auf, dass Androsch seine Steuerberatungskanzlei Consultatio als Minister weitergeführt hatte.

Schließlich legte Kreisky 1980 ein wohl auch gegen Androsch gerichtetes Programm zur politischen Sauberkeit auf. Als dann die Kritik an ihm auch im Zusammenhang mit dem im gleichen Jahr gestarteten Untersuchungsausschuss zum AKH-Neubau wuchs, erklärte Androsch Ende 1980 seinen Rücktritt, schied wenig später aus dem Nationalrat aus und trat auch als SPÖ-Vizechef zurück.

Als Bankchef tief gefallen
Unmittelbar nach seinem Rücktritt wurde Androsch Stellvertreter von Heinrich Treichl an der Spitze der Creditanstalt, im Juli 1981 übernahm der „Rote“ die „schwarze“ Bank. Doch Androschs Zeit als CA-Chef war von gerichtlichen Auseinandersetzungen überschattet: Nach mehrjährigen Gerichtsverfahren wurde er 1988 schließlich wegen falscher Zeugenaussage vor dem AKH-U-Ausschuss schuldig gesprochen und trat zurück. 1993 folgte dann noch ein letztinstanzliches Urteil wegen Steuerhinterziehung. Androsch selbst bezeichnete die Causa gegen ihn von Anfang an als Beispiel für „politische Justiz“.

Als Industriekapitän auferstanden
Ab Ende der 1980er-Jahre baute er seine Steuerberatungskanzlei zu einem Netz von Beratungs- und Wirtschaftsprüfergesellschaften aus, die er unter dem Dach Androsch International Management Consulting zusammenfasste. 1994 startete er dann seine Karriere als Industrieller, als er mit dem Management die marode staatliche Leiterplattenfirma AT&S kaufte und später an die Börse brachte. Mit dem Handyboom wurde das Unternehmen, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Androsch mittlerweile ist, zu einem technologisch führenden Leiterplattenhersteller.

Als er 1997 mit dem befreundeten oberösterreichischen Raiffeisenlandesbank-Chef Ludwig Scharinger dem Staat die Salinen abkaufte, wurde Androsch zum „Salzbaron“ geadelt, der gerne auch in seiner zweiten Heimat Altaussee Hof hält. Androsch beteiligte sich in der Folge an zahlreichen weiteren Unternehmen, etwa dem Flugzeugzulieferer FACC, der Bawag oder dem Wettanbieter bwin.

Zahlreiche weitere Aktivitäten
Doch ganz im Sinne eines Citoyens hat sich Androsch in den vergangenen Jahren nicht aufs Altenteil zurückgezogen. 2003 wurde er Chef des Uni-Rats der Montanuniversität Leoben. 2007 übernahm er den Aufsichtsratsvorsitz der maroden Austrian Research Centers, die er als Austrian Institute of Technology wieder flottmachte. 2008 wurde er zunächst stellvertretender, ab 2012 Aufsichtsratsvorsitzender der Bankenbeteiligungs-Holding FIMBAG, 2010 Vorsitzender des Rats für Forschung und Technologieentwicklung, danach Regierungskommissär für die österreichische Beteiligung an der Expo in Shanghai und schließlich treibende Kraft des Bildungsvolksbegehrens 2011.

Zudem hat der Vater dreier Kinder, der selbst kaum an einer internationalen Neuerscheinung zu politischen und wirtschaftspolitischen Themen vorbeigehen kann, in den vergangenen Jahren in einem wahren Stakkato Bücher herausgegeben, deren Spektrum vom „Viva-Mayr Kochbuch“ über Thesen zur Zukunft Österreichs („Das Ende der Bequemlichkeit“) bis zu Wendepunkten der Weltgeschichte („1848. 1918. 2018“) reicht.

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