1 Jahr vor EU-Austritt

„Krone“-Lokalaugenschein: (Br)Exit ins Ungewisse

Ausland
29.03.2018 06:00

Am 29. März 2019 wird Großbritanniens Austritt aus der EU Realität. Ein Jahr davor spürt nur ein Teil der Bevölkerung mögliche Auswirkungen. Ein „Krone“-Lokalaugenschein.

Überquert man die London Bridge in den Bezirk Southwark, befindet man sich in einem Ausläufer des noblen London südlich der Themse. Die „Financial Times“ hat hier ihr Büro. Für Fish & Chips löhnt man gut und gerne 14 Pfund. Wer nach Feierabend nicht seinen Anzug in den Rucksack packt und nach Hause joggt – und das tun viele –, geht ins Pub.

Was danach kommt, ist ungewiss
London ein Jahr vor dem Brexit unterscheidet sich nur in Nuancen von dem London von früher. „Viele denken: Das ist noch so weit weg. Was kümmert mich das jetzt?“, sagt Adam Dant. Der preisgekrönte Maler ist eine lokale Berühmtheit. „Was danach kommt, ist ungewiss. Deswegen ändert keiner seine Lebensweise.“ Seine Conclusio: Die finanzstarke City wird den Brexit kompensieren können.

Brexit wird in armen Gegenden „erbarmungslos zuschlagen“
Ganz anders sieht es in Lewisham aus, unmittelbarer Nachbarbezirk von Southwark im Südosten. Vernagelte Fensterläden verraten, dass man das noble London verlassen hat. Die Kriminalitätsrate ist hoch, 80 Prozent der Bevölkerung sind dunkelhäutig oder haben Migrationshintergrund. Jeder Dritte ist arbeitslos. Das Bier im Pub gibt es um zwei Pfund. Wer mehr als zwei trinkt, fällt durch sorglosen Umgang mit dem schnöden Mammon auf. „Der Tag nach dem Brexit-Referendum war ein Schock“, erzählt der Niederösterreicher Gerald Kössl, der in Lewisham lebt und dort am Goldsmith College Soziologie studierte. „In dieser ohnehin nicht reichen Gegend wird der Brexit erbarmungslos zuschlagen. Hier investiert keiner mehr.“

Manche hoffen noch immer auf einen Exit vom Brexit
Dadurch herrscht ein Gefühl des Verrats. Auch durch den Datenskandal rund um Facebook und Cambridge Analytica, deren Einfluss zugunsten des Brexit nun publik wurde. Ähnlich ist es im finanzschwachen ländlichen Raum. „Manche glauben noch an ein Referendum, das den Brexit abwendet“, sagt Schriftsteller Paul Cooper aus dem ostenglischen Norwich. Mehr als eine Übergangsphase bis 2020 gibt es nicht. Dann wird man wissen, ob England nach dem Brexit immer noch „good old England“ ist.

Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung

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