Serie Heilpflanzen

Ohne Natur geht gar nichts

Gesund
01.04.2018 06:00

Für „Krone“-Kräuterpfarrer Benedikt sind Heilpflanzen nicht nur Lebenspartner, sondern oft auch Überlebenskünstler. Er liefert den perfekten Einstieg in unsere neue Serie, die am 21. April im Gesund-Magazin startet

Ringelblume, Löwenzahn und Wegerich kommen wieder in Mode. Zunehmend suchen Menschen Hilfe in der Natur, wenn es irgendwo körperlich oder seelisch „zwickt und drückt“. Wer könnte besser über diesen Trend Bescheid wissen als „Krone“-Kräuterpfarrer Benedikt, der im folgenden Interview über seinen speziellen Zugang zu Heilpflanzen Auskunft gibt:

Wie sind Sie eigentlich Kräuterpfarrer geworden?
Ich habe nach dem Ableben von Kräuterpfarrer Weidinger sukzessive dessen Erbe angetreten. Er war im Stift Geras im Waldviertel tätig und hat mich nach meinem Eintritt in dieses Kloster unter seine Fittiche genommen. 

Ein grundsätzliches Interesse an der Natur war schon in ganz jungen Jahren vorhanden. Mein Vater – ein Hauptschullehrer – hat mir Pflanzen und Tiere nahegebracht. Weiters galt ich bereits mit sechs Jahren als Vogelkundler! Entscheidend ist jedoch ebenso gewesen, dass mich mein Volksschuldirektor, der in der gleichen Gasse wie wir wohnte, zum Fischen mitgenommen hat! Da sitzt man nämlich so lange herum, dass die Aufmerksamkeit für die Umgebung erwacht – für Bäume und auch Pflanzen. Das war eine gute Schule für mein späteres Leben als Kräuterliebhaber. Meine Mutter wiederum suchte immer wieder Rat bei Hermann-Josef Weidinger. Deshalb hat mich der Kräuterpfarrer nach meiner Priesterweihe 1993 als Kaplan und auch sofort in den Vorstand der Freunde der Heilkräuter geholt.

Worauf führen Sie das Bedürfnis so vieler Menschen zurück, gesundheitliche Probleme wieder mehr mit Hilfe von Heilpflanzen zu lösen?
Wir leben in Zeiten des Umbruches mit großartigen neuen Erkenntnissen. Allerdings stoßen wir mit der Machbarkeit an Grenzen: Wer rücksichtslos ohne die Natur vorgeht, erntet leider die negativen Aspekte der modernen Wissenschaft. Die Menschen sehnen sich daher wieder nach Beständigem und Bewährtem. Heilkräuter sind da wie ein roter Faden – wir kehren über sie zur Natur zurück. Und ohne Natur geht gar nichts!

Sehen Sie sich als Konkurrenz zu Ärzten und Apothekern?
Um Gottes Willen, nein! Ich ziehe meinen Hut vor den Vertretern dieser Heilberufe! Ich sehe mich lediglich als ergänzender Lebensbegleiter: in meiner Rolle als Seelsorger, aber auch mit den Pflanzen. Was ich möchte, ist eine Symbiose zwischen Wissenschaft und Naturheilkunde mit dem Ziel einer Erhöhung der Lebensqualität für uns alle. Da besteht also gewiss kein Widerspruch! Ich war schon mehrmals von Ärzten zu Kongressen eingeladen, um in Vorträgen aus meiner Kräuterwelt zu berichten. Meine Bitte an die von mir hundertprozentig anerkannten Fachleute ist nur, Pflanzen auch als Lebewesen zu betrachten. Man kann zu ihnen eine Beziehung aufbauen, wenngleich dafür oft leider die Zeit fehlt. Mein Appell lautet lediglich: Vergesst das Gefühl nicht!

In welchem Zusammenhang nehmen Sie Kräuter als denkende und fühlende Wesen wahr?
Sie sind Lebenskünstler! Am Beispiel meiner Lieblingspflanze, der Wegwarte: Sie gedeiht prinzipiell auf schlechten Böden und entwickelt dennoch ihre Wirkstoffe etwa gegen Beschwerden der Verdauung. Sie gehört zur Familie der Korbblütler. Oder nehmen wir die Wegeriche her, die generell verdichtete Böden lieben – man findet sie sehr häufig auf Wegen, wie der Name schon sagt. Sie sind schleimlösend, aber auch gut für die Nerven. Ich würde sagen, der Wegerich wird unter Druck erst so richtig stark. Daraus könnten wir lernen und in Heilkräutern gleichsam Lebenspartner sehen! Menschen werden ja tatsächlich unter Druck krank. Wir nennen es halt heutzutage Stress.

Welche Pflanzen zählen noch zu ihren „Favoriten“?
Wer viel Stress hat, muss gleichsam auch viel verdauen. In diesem Zusammenhang schätze ich das Gänseblümchen sehr. Es wächst überall, ist also sehr widerstandsfähig. Verwendet wird das Blatt als Tee, um die Gallenblase anzuregen. Ähnliches gilt für den Löwenzahn. Er hilft der Leber und der Bauchspeicheldrüse bei ihren Tätigkeiten. Aus den Blättern wird Tee zubereitet, man setzt aber auch Wurzeln kalt an. Mein Tipp: Kleine Mengen an geschnittenen Wurzeln in Gemüse mitdünsten.

Reinigend und somit entgiftend wirken die Inhaltsstoffe der Blätter und des Saftes der Birke. Tipp für die Saftgewinnung: Den Stamm anbohren und ein Gummiröhrchen einlegen. Einen Behälter so befestigen, dass der Saft hineintropft. Nachher das Loch bitte mit Baumwachs verschließen.

Welches Heilkraut ist Ihrer Meinung nach zwar nützlich, wird aber unterschätzt?
Da fällt mir spontan die Brennnessel ein! Auch die hilft bei der „Entschlackung“, wird aber meistens nur als Unkraut betrachtet und vernichtet. Das ist sehr schade, weil sie auch die Raupen wunderschöner Schmetterlinge wie etwa des Tagpfauenauges ernährt.

Haben Sie noch ein paar Kräutertipps parat?
Grundsätzlich können viele Heilkräuter nicht nur an der Heilung mitwirken, sondern auch gut schmecken. Vergessen wir daher nicht die Nutzung als Gewürze! Wer Hilfe für die Haut braucht, denkt an die Ringelblumensalbe. Bei hohem Blutdruck bewähren sich unterstützend zu den vom Arzt verordneten Medikamenten abends Pfefferminze und Schafgarbe. Ans Herz lege ich durchaus die bitterste Pflanze: das Tausendguldenkraut zur allgemeinen Aktivierung sowie für die Nerven und den Magen.

Letzte Frage: Welche Kräuter stehen gerade heuer besonders im Blickpunkt?
Zur Arzneipflanze des Jahres 2018 wurde der Andorn vom Institut für Klostermedizin in Würzburg (Bayern) gewählt. In Österreich ist es erstmals die Ringelblume – zu Ehren von Pfarrer Weidinger, der heuer 100 Jahre alt geworden wäre.

Unsere Neue Heilkräuterserie in der „Gesund“-Beilage der Kronen Zeitung:
Frauen brauchen in vieler Hinsicht mitunter die Kraft der Pflanzen – unsere neue Serie über Heilkräuter ab 21. April beginnt daher mit der Traubensilberkerze. Vorgestellt mit allen wichtigen Eigenschaften von unserem Experten Mag. pharm. Dr. Alfred Klement.

Dr. med. Wolfgang Exel, Kronen Zeitung

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