Architekt in Offensive

KH-Nord: Politik war informiert – und schwieg

Österreich
26.03.2018 18:01

Das neue Sachverständigengutachten zum KH-Nord-Bauskandal lässt Architekt Albert Wimmer nicht kalt: „Ich kann keinen der darin erwähnten Kritikpunkte akzeptieren.“ Und Wimmer geht in die Offensive: Er hätte schon 2010 gesagt, dass die Kosten nicht bei 825 Millionen Euro bleiben werden. Ebenso hätte er die Politik darüber informiert, dass es bei der Bauaufsicht Probleme geben wird, dass zu langsam gearbeitet werde. Nach dem Bekanntwerden der Details im Expertengutachten (wir berichteten) ist dies nun ein weiterer Beleg dafür, dass Wiens Steuerzahler jahrelang nicht die ganze Wahrheit über den Milliardenskandal erfahren durften. Die kommende Untersuchungskommission hat politische Sprengkraft.

„Natürlich war schon viel früher klar, dass dieses Spital mehr als 825 Millionen Euro kosten wird“, rechnet der Wiener Architekt Albert Wimmer im „Krone“-Gespräch vor: „Allein mit der Valorisierung (der Anpassung an die Teuerungsrate, Anm.) und mit einem üblichen Risikobudget von bis zu 30 Prozent waren wir schon auf 1,2 Milliarden Euro.“

Zur Erinnerung: Sogar noch im Jahr 2015 – also kurz vor der Wien-Wahl – hat die damalige SPÖ-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely scharf dementiert, dass die Kosten für das KH Nord deutlich über eine Milliarde Euro steigen werden (mittlerweile sind Kosten von 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro realistisch). Die Stadtregierung wusste somit seit Langem von den wahren Kosten und von den gewaltigen Problemen auf Österreichs größter Hochbaustelle. Dazu Albert Wimmer: „Ich wurde hier aber immer an die Leitung des Krankenanstaltenverbunds verwiesen.“

„Mit der Ausführung begannen alle Schwierigkeiten“
In Wiens Spitälerverwaltung (KAV) sei aber der Ausgangspunkt aller wirklich großen Probleme beim KH-Nord-Bau zu finden, meint Architekt Wimmer: „Eine Generalplanung ist die richtige Beauftragungsform, da ich das nicht war, begannen mit der Ausführung alle Schwierigkeiten.“ So hätte Wiens politische Führung bereits kurz nach Baustart den KAV-Direktor (Wilhelm Marhold) sowie dessen Stellvertreter und auch die Programmleiterin und deren Stellvertreter ausgewechselt. Wimmer: „Sie müssen sich vorstellen: Die haben 2016 die gesamte Projektsteuerung ausgetauscht. Und sie haben dreimal die Leitung der örtlichen Bauaufsicht gewechselt. Das kann nicht gut gehen.“

Dazu kam noch ein weiteres Problem, erklärt Wimmer: „Auf der Baustelle war nie Hektik. Klar: Die örtliche Bauaufsicht wurde vom KAV an Dritte vergeben – ich als Architekt war da gar nicht eingebunden.“ Auch bei der Vergabe von Aufträgen sei Wimmer nicht involviert gewesen: „Da passierten viele Fehler. Zum Beispiel bei der Vergabe der Statik an eine irische Firma, da musste dann alles wieder korrigiert und umgerechnet werden.“

„Energetiker - ich hab das wirklich nicht glauben können“
Auf konkrete Vorwürfe aus dem neuen Gutachten antwortet der KH-Nord-Architekt, der aktuell auch für „Red Bull“-Boss Dietrich Mateschitz ein neues Stadion in Leipzig baut: „Ich war nicht Generalplaner. Und ich habe mich natürlich auch geärgert, wenn die Planer der Haustechnik Termine nicht eingehalten haben.“

Die Aussagen von Albert Wimmer werden für die kommende KH-Nord-Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderats sicher interessant sein. Ein fehlender „Energie-Schutzschild“ könne ja nicht allein die Ursache für Wiens größten Bauskandal sein. Dazu Wimmer: „Ja, dieser Energetiker – ich hab das wirklich nicht glauben können, dass jemand so was bestellt.“

Richard Schmitt
Richard Schmitt
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